Fortsetzungen sind ein elementarer Bestandteil der Medienlandschaft. Liebgewonnene Charaktere werden in neue Abenteuer geschickt, entwickeln sich weiter und Fans wird ein dauerhafter Abschied erspart. Zwischen Sequels liegt jedoch gelegentlich ein derartig großer Zeitraum, dass der Abstand zwischen grenzenloser Extase und Gleichgültigkeit sehr gering Ausfällt. „Fear Effect Sedna“  ist der dritte Teil einer Reihe, die auf der PlayStation 1 im Jahr 2000 ihre Anfänge erlebte. Kann der Titel eine Serie wiederbeleben und ihre Qualitäten aus der Vergangenheit retten, oder sollte manches besser vergraben bleiben? Wir klären es im Review.


Schnitzeljagd um den Globus

In einer futuristisch angehauchten Zukunft steht das Söldnerpärchen Hanna und Rain, das von einem mysteriösen Auftraggeber kontaktiert wird und eine Statue aus den Händen eines hochrangigen Diplomaten entwenden soll. Dieser Auftrag stellt den Auftakt für eine Hast um den Planeten dar, führt das Duo mit alten und neuen Bekannten zusammen und gipfelt in einem Treffen mit dem Übernatürlichen.

Die Handlung weist jedoch einige gravierende Schwächen auf. Figuren, wie die Söldner Glas und Deke werden als Akteure aus vorherigen Teile vorgestellt und Beziehungen zwischen ihnen und Hanna und Rain werden angesprochen, in der eigentliche Handlung des Spiels gibt es jedoch wenig echte Interaktion zwischen den Figuren. Der dünne Bezug zu den Vorgängerteilen sind der einzige Ankerpunkt, der die Beziehungen überhaupt zusammenhält. Die Geschichte schafft es nicht, glaubhaft darzustellen, weshalb diese spezifische Heldengruppe zusammenfindet, um die aufgeworfenen Probleme aufzulösen.

Neben dieser strukturellen und grundlegenden Schwäche nimmt sich das Spiel keine Zeit, seine Handlung angemessen auszuführen, sondern tritt das Gaspedal durch und arbeitet die Stationen in einem ungesunden Tempo ab. Erschwerend kommt dazu, dass die aufeinanderfolgenden Abschnitte der Handlung stellenweise keiner Logik zu folgen scheinen und Ereignisse, Hintergrundinformationen oder auch Figuren ausgelassen wurden, die für einen gesunden Verlauf der Handlung nötig gewesen wären. Zusammengefasst kann die löchrige Handlung und ihre dünnen Figuren keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Echtzeit oder Rundentaktik?

Aus der isometrischen Perspektive blickt der Spieler auf die Figuren und das Geschehen herunter. Das Gameplay kreist um Kämpfe, Schleichpassagen und Rätseleinlagen, die den Ablauf auflockern sollen. Die Konfrontationen laufen in Echtzeit ab, können jedoch durch einen Pausenmodus unterbrochen werden, in denen den Charakteren Laufwege, Ziele oder Aktionen zugewiesen werden können. Jede der Spielfiguren verfügt über verschiedene Fähigkeiten, die kombiniert werden können. 

Ein Skillsystem oder ähnliches gibt es jedoch nicht. Wer strategischen Anspruch erwartet, wird enttäuscht. Das System hat nicht etwa kleinere Macken, sondern kann als gänzlich gescheitert beschreiben werden. In einer perfekten Vorstellungswelt setzt man Zielmarker für Fokusfeuer, hetzt geschwächte Gruppenmitglieder in Deckung und unterstützt sie mit Spezialfähigkeiten.

In der Realität des Spiels laufen Gegner wie die Fliegen in Richtung der Gruppe und es entsteht ein hektischer Schusswechsel ohne jeglichen Tiefgang. Die abstruse Reaktion der KI macht jede Planung hinfällig und lässt den Spieler diesen gebotene Möglichkeit vergessen. Auch in Echtzeit, als verzerrtes Abbild eines isometrischen Shooters, versagt „Fear Effect Sedna“. Ziele werden automatisch anvisiert und beschossen, der eigentliche Kern einer solchen Mechanik herausgerissen und zu einer lustlosen Witzfigur degradiert. Auch das halbherzige Deckungsfeature erzeugt keine taktischen Schusswechsel, denn die unterbelichtete KI rennt sowieso auf die Position des Spielers zu. Der Gipfel dieses desaströsen Systems sind die Bossgegner, die ohne ein mechanisches Grundgerüst im Hintergrund nahezu unspielbar sind.

Spitze des Eisberges

Die angesprochenen Schleichpassagen wirken wie gut gemeint aber schlecht umgesetzt. Auch wenn man in der isometrischen Passage die Sichtkegel erkennt, gibt es auch in diesem Bereich keinerlei Mechaniken, die eine angedachte Spielweise dieser Art unterstützen würden. Außer der Möglichkeit sich zu Ducken und Gegner hinterrücks gezielt auszuschalten gibt es nichts weiter. Körper besiegter Feinde verstecken, Gegner ablenken, Veränderung des Gameplay aufgrund verschiedener Figuren? All diese Aspekte finden sich nicht in „Fear Effect Sedna“.

Letzte Stütze des Gameplays sind die eingestreuten Rätsel. Der Spieler belauscht Gäste auf einer Party, um Informationen zu erhalten, löst kleinere Schalterrätsel und ähnliche Spielereien. Diese Rätsel funktionieren gelegentlich und sind ein Lichtblick im Ablauf des Spiels, an anderer Stelle sind die Kopfnüsse derartig unlogisch, dass sie jeden Spaß verderben. Hinweise sind zwar in der Umgebung versteckt, dass sich zum Beispiel die Anleitung für die Entschärfung einer Bombe auf den Hinweisschildern eines Parkhaus versteckt ist jedoch absurd.

Schönheit kommt von innen

Optisch setzt „Fear Effect Sedna“ auf einen Cel-Shading-Look. Gewöhnlich ist dieser ein probates Mittel, um technische Einschränkungen des Spiels zu kaschieren und trotzdem einen ansprechenden Look zu erhalten. In diesem Fall wird der Eindruck durch unrealistische Schatten getrübt, die in Zwischensequenzen den Figuren ein seltsames Aussehen verleihen. Trotz hölzerner Animationen und starren Kamerawinkeln kann dieser Stil zumindest in den Zwischensequenzen aber noch als zweckmäßig durchgewunken werden.

Der Rest des Spiels wirkt jedoch altbacken, Texturen sind etwas matschig und Bewegungen der Figuren schließen nicht bündig mit der Umgebung ab. Abgesehen davon läuft der Titel jedoch flüssig, die Steuerung geht im Rahmen der begrenzten Möglichkeiten des Gameplay ordentlich von der Hand.

Der Sound ist eine gänzlich andere Geschichte. Während der unscheinbare Soundtrack, obwohl er keine nennenswerte Akzente setzen kann, durchaus erträglich ist, ist die qualitativ unterirdische Synchronisation der Sargnagel des Spiels. Emotionen sucht der Spieler in einem Großteil der Zeilen vergeblich, der Kontext schien den Sprechern nicht bekannt gewesen zu sein oder sie haben sich schlichtweg nicht darum gekümmert. Anders ist es nicht zu erklären, wie die Dialogzeilen zu keinem Zeitpunkt in einem der Ereignisse auf dem Bildschirm passen wollen.