Mit „Gone Home“ hat The Fullbright Company Spielegeschichte geschrieben und die sogenannten Walking Simulatoren auf eine neue Ebene gehoben. Lange Zeit über war nicht klar, was als nächstes auf die Spieler wartet, bis „Tacoma“ für den PC erschienen ist und eine komplett andere Prämisse bot, den Fokus jedoch ebenfalls auf die Geschichte legte. Nun ist das Spiel für PlayStation 4 erhältlich und wir haben uns in die Zukunft gewagt um euch zu verraten, ob es sich um einen würdigen geistigen Nachfolger handelt.

Schnell zuende?

Die Spieler übernehmen die Rolle von Amy Ferrier, die auf einer verlassenen Raumstation die KI namens ODIN sicherstellen soll. Das hört sich wie der Anfang eines Horror-Spieles an, jedoch trifft der Spieler weder auf Feinde, noch andere Charaktere. Die grundlegende Aufgabe ist es, diverse Access Points zu erreichen, um Teile von ODIN herunterzuladen. Wiederholt man das oft genug, ist das Ende erreicht, also ist die Kernaufgabe sehr simpel gehalten. Das Spiel lebt jedoch gar nicht unbedingt davon, Herausforderungen zu bieten.

Die wahre Geschichte

Kein Spieler wird sich damit zufrieden geben, sondern sich in der Raumstation umschauen. Dabei wird offensichtlich, dass sich eine Tragödie zugetragen haben muss, denn die Sachen der Crew befinden sich noch immer dort. Es wirkt regelrecht, als ob sie sich nicht auf das vorbereiten konnten, das die Raumstation lahmgelegt hat. Glücklicherweise gibt es Aufnahmen der Crew, die anhand von Projektionen abgespielt werden. Der Spieler kann mit diesen Charakteren, deren Körper nur mit Formen dargestellt werden, nicht interagieren, jedoch beliebig oft das Gesehene zurückspulen und pausieren. 

Diese eine Mechanik funktioniert dank fantastischer Schauspieler unglaublich gut. Kein Dialog wird nur vorgelesen, hier stecken Leute mit Talent und Passion dahinter, was in jeder einzelnen Szene deutlich wird. Faszinierend ist es, wenn mehrere Gespräche gleichzeitig stattfinden, denn dann lohnt sich das zurückspulen, um alle Details herauszufinden. Der Spieler lernt immer mehr über die Crew und obwohl alles nur passiv geschieht entsteht eine echte Verbundenheit. Wenn zwei Charaktere nach einem Streit unterschiedliche Wege gehen und der Spieler beide Reaktionen beobachten kann zeigt sich, wie großartig dieses System funktioniert. Das alles wird durch eine fantastische Geschichte hervorgehoben, wobei man nichts von dieser wissen sollte, da sie von den überraschenden Momenten lebt.

Spannende Raumstation

Auch das Raumschiff selbst ist eine fantastische Kulisse. Der Aufbau, die Räume und wie alles zusammenhängt laden dazu ein, jeden Winkel zu erkunden. Ebenso wie schon in „Gone Home“ wird der Spieler dazu ermutigt, jeden Raum nach Hinweisen zu durchsuchen, und somit erzählt das Raumschiff selbst auch eine Geschichte. Ständig findet man unscheinbare Objekte, die im großen Zusammenhang eine größere Bedeutung gewinnen. Nichts wurde willkürlich platziert und es ist sogar möglich, zusätzliche Informationen über die Charaktere zu erhalten.

Besonders die Einsamkeit erzeugt eine dichte Atmosphäre. Natürlich gibt es die Hologramme, jedoch ist der Spieler durchgehend alleine unterwegs. In einer besonders starken Zone ohne Gravitation zeigt sich erst, mit was für simplen Mitteln das Team eine Welt erschaffen hat, die sowohl interessant und anziehend ist, gleichzeitig den Spieler auch beklemmen kann, obwohl es keine Gefahren gibt.

Interaktiv?

Obwohl die Geschichte wunderbar inszeniert ist, gibt es auch kleine Puzzle, die nur bedingt überzeugen. Durch diese lassen sich zusätzliche AR-Dateien freischalten, zum Beispiel in Form von Texten, die dem Geschehen mehr Kontext verleihen. Das ist leider zu einfach geraten und die Informationen lassen sich auch erahnen. Sie zeichnen die Charaktere zu genau und der Reiz des Unbekannten verschwindet. Manchmal möchte man selber herausfinden, wieso sich ein Charakter merkwürdig verhält, und nicht die entsprechende Information per E-Mail erhalten.

Das größte Problem ist leider das Ende. Während „Gone Home“ die Spieler mit einem mittlerweile legendären Moment verabschiedet hat, lässt sich in „Tacoma“ das Payoff relativ früh erahnen. Der Ablauf der Geschichte ist besser als der Kern, denn trotz interessanter Aussagen bleibt es genau das Spiel, das man innerhalb der ersten halben Stunde erwartet. Zudem wird es zum Finale hin auch ein erzählerischer Nachteil, dass der Charakter des Spielers nur Zuschauer war. Wieso das so ist, soll jeder Spieler selbst herausfinden.

Portierung

Perfekt läuft „Tacoma“ auf PlayStation 4 nicht. Kleinere grafische Fehler sowie Probleme mit der Bildrate sind bemerkbar, und obwohl sie die Erkundungen nicht unspielbar machen, stören sie in einigen wenigen Momenten. Ansonsten weiß die Ästhetik komplett zu begeistern, während der Soundtrack angenehm atmosphärisch daherkommt. Auch die Steuerung funktioniert mit dem Controller wunderbar, sodass man wirklich traurig ist, wenn die Reise nach wenigen Stunden vorüber ist.