Nachdem Evolution Studios mit „Motorstorm“ und „Driveclub“ zwei gut bis sehr gut aufgenommene Rennspiel-Reihen entwickelt hat, wurden sie von Sony im Jahr 2016 geschlossen. Aber die Mitarbeiter sollten nicht lange auf der Straße sitzen bleiben, denn das Studio wurde größtenteils von Codemasters, die vor allem auf Rennspiele setzen, übernommen. Nun mehr zwei Jahre später steht „Onrush“ in den Startlöchern und will das Genre mit einigen Konzepten auf den Kopf stellen. Ob das geglückt ist, durften wir herausfinden.

Eine wilde Motoren-Herde

Im Mittelpunkt steht ganz klar das Gameplay an sich. Denn es geht nicht darum, erster zu sein. „Onrush“ ist viel mehr eine Art Mehrspieler-Shooter, nur dass man eben ein Rennspiel spielt. Die Spieler befinden sich jeweils zu sechst in einem der zwei Teams und müssen gegeneinander antreten. Dabei agiert man, wie das Spiel selbst es bezeichnet, als eine Stampede und überrennt alles, was einem im Weg steht. Neben den zwei Teams gibt es auch noch eine dritte Partei, die sich das Kanonenfutter nennt. Diese sind graue Autos sowie Motorräder, die sehr oft vor einem erscheinen und leicht zerstört werden können, was einen kleinen Bonus-Boost gibt. 

Shooter-Modi

Damit man aber nicht nur blind alles zerstört, was vor einem ist, gibt es insgesamt vier Spielmodi. In jedem davon spielt man je nach Modus ein „Best of Three“ oder „Best of Five“ gegen das gegnerische Team. Auch wenn das Spielprinzip immer das gleiche bleibt, verändern die Modi doch die Taktik, wie man spielt. In „Overdrive“ geht es nur darum, den Boost so lange und so viel einzusetzen, wie nur möglich. Bei „Countdown” zählt ein Zähler gnadenlos nach unten und kann vom Team nur langsam oben gehalten werden, wenn viele Teammitglieder möglichst oft durch die aufkommenden Tore fahren. „Lockdown“ ist eine actionreiche „King of the Hill“-Variante, in der ein ständig fahrender Kreis von einem Team mit mehr Spielern für fünf Sekunden besetzt werden muss. Den Abschluss macht die wohl einzigartigste Variante namens „Switch“. In diesem Modus hat man drei Leben zur Hand und startet mit einem Bike. Mit jedem Leben, das man verliert, bekommt man ein schwereres Auto zur Hand. Sind alle Leben weg, darf man mit den beiden größten Wagen weiterhin im Spiel bleiben und seinem Team helfen.

Es ist interessant, dass ein Rennspiel Modi anbietet, die man so eigentlich in der Regel nur aus Online-Shootern und ähnlichen Genres kennt. Ferner wird dieses Gefühl dadurch unterstützt, dass die acht Fahrzeugklassen jeweils drei verschiedene Fähigkeiten haben, die unterteilt sind in eine passive, eine aktive und eine Spezialaktion. Wenn man stirbt, kann man seine Klasse auch wieder wechseln, wodurch man seine Taktik im Team dynamisch anpassen kann. Das zusammen genommen ist eine gute Innovation für das Genre.

Wäre klassisch besser gewesen?

Aber an dieser Stelle muss man sich auch die Frage stellen, ob man so etwas überhaupt spielen will. Die vorgegebenen Modi sind zwar gut umgesetzt, aber man wird nie das Gefühl los, dass ein klassisches Rennspiel vielleicht langfristig mehr motiviert hätte. Denn die Strecken, die wirklich mit vielen verschiedenen Wegen aufwarten, so wie man es eben von „Motorstorm“ kennt, gibt es hier auch. Aber sie werden gar nicht wirklich genutzt, denn es macht keinen Unterschied, ob man jetzt einen kürzeren oder längeren Weg nimmt, denn ist man mal etwas von der Action entfernt, wird man sofort zurückgesetzt oder nach einem Tod wird man auch sofort wieder in die Mitte geschmissen. Es macht also gar keinen Sinn, die Strecken wirklich zu kennen, was sehr Schade ist, da diese doch recht gelungen sind. In einem klassischeren Rennspiel hätten die Strecken immer wieder dazu motiviert, besser zu werden und angepasst an seine Fahrzeugklasse einen Weg durch den Matsch oder über die Rampen zu finden.

Kosmetik-Boxen

Anstatt also mit seinen Spielsystemen, die wirklich gut geworden sind, zu motivieren, haben sich die Entwickler von „Onrush“ dazu entschieden, aktuellen Trends hinterher zu laufen. Allen voran „Overwatch“ schien das große Vorbild zu sein, weshalb das gesamte Menü und das Fortschritts-System an eben jenes erinnert. Mit jedem Level, das man in seinem Profil aufsteigt, bekommt man eine Lootbox. In dieser befinden sich kosmetische Items wie Kostüme, Lackierungen, Grabsteine, die man verteilt, wenn man stirbt, und vieles mehr. Man kann die Items auch allesamt mit In-Game-Münzen erwerben, die man, anders als man es erwartet, zumindest bisher nicht per Mikrotransaktionen kaufen kann. Um im Level aufzusteigen und dann letztlich eine Lootbox zu erhalten, muss man stets mit den Servern verbunden sein. Ist man mal offline und spielt alleine die Karriere, dann macht man auch keinen Fortschritt in seinem Profil-Level. Wirklich motivieren kann das Fortschritts-System insgesamt leider nicht, denn interessant sind die Items in der Lootbox nurfür die wenigsten. 

Unmotivierend

Recht unmotivierend ist auch der Karriere-Modus. In einer Abfolge an Einzel-Events oder mehreren Events hintereinander muss man individuelle Missionen erfüllen. Diese sind aber meist so einfach, dass man sich kaum extra dazu bemühen muss, diese zu erreichen. Zudem dauert es recht lange, bis die Karriere anspruchsvoller wird. Dafür gibt es die Möglichkeit, die Karriere mit bis zu fünf weiteren Freunden zusammen zu spielen, wenn auch nur online, da das gesamte Spiel leider keinen Splitscreen anbietet. Die Coop-Funktion konnte aber noch nicht getestet werden, jedoch wird es wahrscheinlich dann noch etwas einfacher, aber macht mit mehreren Mitspielern sicherlich auch viel Spaß. Zusätzlich kann man auch einfach Online mit anderen Spielern gegeneinander auf allen Strecken in allen Modi antreten. Alle Plätze, die nicht mit echten Spielern gefüllt sind, werden mit Computer-Mitspielern besetzt, damit die Größe der Teams immer gleich bleibt. Wirklich viele Runden konnten noch nicht absolviert werden, aber während der Review-Phase liefen die Server sehr gut und es gab keine Probleme mit dem Netcode.

Flotte Beats

Einer der überraschendsten Aspekte von „Onrush“ ist die Technik. Das Spiel bietet auch auf der Standard PS4 gleich zwei Grafikoptionen. Bei der einen wird die Auflösung bevorzugt und das Spiel läuft nur mit 30 FPS. Entscheidet man sich aber für die Framerate, bekommt man so gut wie immer 60 FPS geboten und muss nur mit einer geringeren Auflösung und kleineren visuellen Schnitzern, wie gelegentlichem Screen-Tearing, leben. Das alles ist aber absolut verkraftbar, da die höhere Framerate sich einfach richtig anfühlt. Das Spiel sieht durch hübsche Lichteffekte, bunte Automodelle und viele kleinere Details selbst ohne die höchste Auflösung sehr schön aus. Passend ist dabei auch der Soundtrack, der einen typischen Elektro-Rock-Dubstep-Mix bietet, der einiges an Spaß bringt.