“The Infectious Madness of Doktor Dekker“ konfrontiert den Spieler nicht mit komplexen Spielmechaniken, dessen Verständnis ein Studium voraussetzen. Kann der Titel mit der Rückbesinnung auf die Vergangenheit einen Ruhepol im Spielemarkt schaffen oder bleibt lediglich eine inhaltslose und langweilige Erzählung? Diese Frage klären wir im folgenden Review.

Der tägliche Wahnsinn

Der Psychologe Doktor Dekker wurde in seiner Praxis ermordet. Die Polizei glaubt, einer seiner Patienten habe den Seelenklempner umgebracht, und als sein namenloser Nachfolger liegt ihr nicht nur das Seelenheil der Patienten, sondern auch die Aufklärung des Verbrechens in ihren Händen. Die Verdächtigen scheinen auf den ersten Blick jedoch wenig verdächtig und eher nach normalen Menschen mit relativ gewöhnlichen Problemen. Die Arbeit, Stress in der Ehe oder die Bewältigung von Trauer erwecken den Anschein, keiner dieser Personen könnte der Täter sein. Im Laufe der achtstündigen Handlung webt das Spiel jedoch Sci-Fi- und Fantasy-Elemente aus dem Hause Lovecraft in die Dialoge ein, und Elemente wie Psychokinese, Quantum Gambling und weitere fantastische Fähigkeiten stehen überraschend im Mittelpunkt der Geschichte. Die Macken und Geheimnisse der Patienten zu ergründen, bleibt über die ganze Handlung spannend und interessant.

In einem solchen Spiel lebt die Motivation von der Arbeit der Schauspieler und dem zugrundeliegenden Drehbuch. So eine Designentscheidung läuft Gefahr, schnell trashig zu werden, aber „The Infectious Madness of Doktor Dekker“ kann positiv überraschen. Die Dialoge sind gut geschrieben und die Schauspieler machen ebenfalls einen ausgezeichneten Job. Der Wandel von augenscheinlich normalen Menschen zu mysteriösen Wahnsinnigen wird glaubhaft durch beide Faktoren getragen. Während dieser Aspekt des Spiels die Handlung von allein trägt, rückt der eigentliche Kriminalfall in den Hintergrund und ist eigentlich nur Aufhänger für den Ausflug in die Sphäre des großen Tintenfischgottes. Die Inszenierung ist simpel. Über die Gesamtdauer des Spiels verlassen wir das Therapiezimmer in der Praxis nicht, durch einfache aber wirksam eingesetzte Effekte wird das starre Konstrukt jedoch immer wieder aufgebrochen. 

Ich hätte da mal eine Frage

Das Gameplay beschränkt sich auf die Eingabe von Fragen oder Schlagwörtern in das schmucklose Textfenster. Auch wenn die Worterkennung ordentlich funktioniert, kommt das System gegen die Komplexität der Sprache selbstverständlich nicht an. Gelegentlich wird ein gegebener Satz nicht erkannt und nach frustrierter Eingabe verschiedener Variationen bringt schließlich entweder ein Schlagwort oder ein minimal abgewandelter Satz die erforderliche Antwort. Jede der Figuren gibt eine vorgefertigte Antwort, sollten die gestellten Fragen falsch sein. In manchen Fällen lässt sich jedoch nicht immer erkennen, ob die Frage fehlerhaft war oder die Figur tatsächlich zu einem bestimmten Sachverhalt nichts sagen möchte. Dadurch wird die Verwirrung stellenweise weiter verstärkt.

Die Illusion, dass der Spieler seiner Kreativität freien Lauf lassen kann und dadurch die nötigen Erkenntnisse erlangt, wird relativ früh zerstört, und es wird lediglich nach den richtigen Schlagwörtern gesucht. Arbeitet der Spieler eine geforderte Anzahl an Fragen ab, kann er das nächste Kapitel beginnen oder noch alle weiteren optionalen Antworten der Figuren durch weitere Fragen freischalten. Trotz dieser kleinen Macken, die durch das Design des Spiels im Endeffekt vorgegeben sind, macht es durchaus Spaß, die verschiedenen Geheimnisse der Figuren zu ergründen. Die dargestellten Stärken der Handlung tragen das Spiel über seine gesamte Dauer. 

Überraschend normal

Das technische Grundgerüst ist wenig spektakulär, läuft aber flüssig und ohne Beanstandungen. Bild und Ton sind ebenfalls auf einem erfreulichen Niveau, auch wenn der einzige Backgroundtrack des Spiels, der permanent abgespielt wird, doch etwas nervt. Die Steuerung mit dem Controller ist zu Beginn etwas fummelig und lässt durchscheinen, dass der Titel zuvor auf dem PC veröffentlicht wurde. Mit der Zeit geht die Bedienung jedoch besser von der Hand.