Obwohl das Reboot von „Prey“ nichts mehr mit dem vorherigen Spiel desselben Namens zu tun hatte, wurde den Spielern eine interessante Welt und spannende Spielmechaniken geboten, die das Erkunden der überrannten Raumstation zu einem Fest machten. Ein Jahr später ist mit „Mooncrash“ eine Erweiterung erschienen, die in eine komplett andere Richtung geht und den Kampf ums Überleben in den Mittelpunkt stellt. Ob das die Qualität des Hauptspieles übernehmen kann, haben wir für euch herausgefunden.

Hacker zweiter Klasse

Die Geschichte spielt in „Mooncrash“ nicht so eine große Rolle wie noch in „Prey“ und bietet lediglich einen Rahmen für das Gameplay. Der Spieler übernimmt die Rolle eines Hackers, der sich in einer Raumkapsel befindet und für den TranStar Industries Konkurrenten Kasma Corp herausfinden soll, wieso neben Talos I auch die Mondbasis Pytheas verlassen ist. Der Hacker betritt jedoch nicht selbst Pytheas, sondern steigt in eine Simulation, woraufhin er fünf Geschichten erlebt von Angestellten, die fliehen konnten.

Die Geschichte ist durchaus interessant, viel wird daraus jedoch nicht gemacht. Angesichts des Gameplays ist das verständlich, jedoch auch ein starker Bruch mit dem Hauptspiel. Wer möchte, kann mehr über die fünf Charaktere erfahren, vor allem durch Emails und andere Berichte. Zudem geschieht auch in der Raumkapsel regelmäßig etwas. Niemand sollte jedoch die Erweiterung mit dem Wunsch auf eine neue, starke Geschichte starten.

Roguelike trifft Immersive Sim

Spielerisch handelt es sich bei der Erweiterung um einen Roguelike. Anfangs übernimmt der Spieler die Rolle von Andrius, der Psi nutzen kann und versucht, einen Ausweg aus der Situation zu finden. Es gibt zwar fünf Fluchtmöglichkeiten, es ist jedoch wahrscheinlich, dass der Spieler vorher einige andere persönliche Ziele freischaltet, und sicherlich stirbt, bevor er das Ende erreicht hat. Hier kommt die wichtigste Mechanik zum Tragen, denn im Laufe des Abenteuers lassen sich vier weitere Charaktere freischalten, alle mit eigenen Fähigkeiten und Geschichten. Stirbt einer der Helden, übernimmt der Spieler die Kontrolle des nächsten. Das geht so lange, bis in einem Durchgang allen fünf Charakteren die Flucht ermöglicht wird.

Was anfangs noch unmöglich scheint entwickelt sich nach einigen Stunden in eine Motivationsspirale. Das liegt an den Neuromods, die alle nutzen können und die daraus resultierenden Fähigkeiten werden in den nächsten Durchlauf übertragen. Somit möchte man nicht einfach nur fliehen, sondern vorher seine Helden verbessern, damit der Weg leichter wird. Zudem müssen für diverse Fluchtwege zuerst Mechaniken ausgelöst werden, für die man die Fähigkeiten zweier Charaktere benötigt. Es ist also besonders wichtig, die Mondbasis kennenzulernen und alle Mechaniken zur Perfektion zu verstehen. Selbst das ist jedoch keine endgültige Lösung, denn wenn ein Durchlauf mit allen Charakteren beendet, beziehungsweise gescheitert ist, werden beim nächsten Besuch alle Waffen, Gegner und Items neu platziert.

Immer anders, immer spannend

Die Roguelike-Elemente lassen jeden Durchlauf komplett eigen wirken. Der Spieler weiß nie, welche Gefahren ihn erwarten, was auch an den bereits in „Prey“ großartigen Mimics liegt, die sich manchmal verwandeln, manchmal aber auch riesige Monster sind. Es mag verlocken, möglichst viele zu besiegen und schießwütig zu sein, doch das wird zum Nachteil, wie man früh merkt. Nimmt ein Charakter eine Waffe, wird der nächste diese nicht an der entsprechenden Stelle finden können, da alle Gegenstände nach einem kompletten Durchlauf erst erneut erscheinen. Es gibt zwar ein Box-System, auf das alle zugreifen können, hier muss jedoch ordentlich vorausgeplant werden.

Auch ein ruhiges Angehen ist nicht möglich, denn die Technologie von Kasma Corp ist minderwertig und ermöglich deshalb keine perfekte Simulation. Vielmehr steigt das Gefahrenlevel mit der Zeit, und je länger der Spieler braucht, desto stärker und zahlreicher werden die Feinde. Auf der höchsten Stufe kann selbst ein einziger Angriff der Mimics tödlich enden, weshalb äußerste Vorsicht geboten ist. „Mooncrash“ lässt den Spieler nie aufatmen und hält ihn kontinuierlich unter Druck. Das mag anfangs unfair wirken, doch je mehr Fähigkeiten erlernt werden, je mehr die Fluchtwege gefunden werden und je mehr man von der Welt erkundet, desto besser wird man in dem Spiel. Der Spieler wird gefordert und dafür belohnt, wenn er clever denkt, schnell reagiert und gut vorausplant. Kein Durchlauf ist unnütz, denn man lernt ständig etwas neues, was unglaublich gut funktioniert. Zwar ist das eine Grundlage für gute Roguelikes, eine so starke Motivationsspirale wie in „Mooncrash“ findet man jedoch nur selten.

Trautes Heim

Obwohl die Mondbasis schön gestaltet wurde, wird hier vor allem Bekanntes geboten. Die Hallen hätten auch so aus dem Hauptspiel stammen können und trotz schöner Konstruktionen fehlt Pytheas die Identität, die Talos I so beeindruckend gemacht hat. Dennoch weiß gerade die Mondoberfläche zu begeistern, und wo optisch nicht alles herausgeholt wird weiß das Leveldesign zu überzeugen. Der Spieler lernt immer mehr über die Wege, die verbundenen Mechanismen und geheime Wege. Dadurch, dass auch diese versperrt oder geschlossen sein können, wenn man einen neuen Durchlauf startet, muss man wirklich jeden einzelnen Winkel erforschen. Zwar endet das in den ersten Stunden meist mit dem Tod, da man sich automatisch zu viel Zeit lässt. Wenn man dann jedoch alle fünf Charaktere hintereinander in Sicherheit bringt, wird man zufriedener kaum sein können.