Ich bin ein großer Naruto Fan. Während einige mit „Dragon Ball“ oder „One Piece“ groß geworden sind, waren es bei mir die Abenteuer des chaotischen Ninjas, der sich durch zahlreiche Schicksalsschläge zum Held kämpfte. An spielerischen Umsetzungen hat es nie gemangelt, vor allem nicht in den vergangenen Jahren, in denen die „Ultimate Ninja Storm“-Reihe nicht nur rasante Kämpfe, sondern auch die gesamte Geschichte auf Konsolen brachte. Nicht nur die Vorlage hat dank „Boruto“ einen Umbruch erlebt, auch spielerisch sollen mit „Naruto to Boruto: Shinobi Striker“ neue Wege eingeschlagen werden. Herausgekommen ist dabei leider ein Spiel, bei dem ich ständig betonen muss, wie merkwürdig es ist. Ob das positiv oder negativ gemeint ist, erfahrt ihr im Test.

Das Avatar-Abenteuer

Eine klassische Geschichte gibt es dieses Mal nicht. Stattdessen beginnt das Abenteuer des Spielers damit, dass er sich einen eigenen Ninja erstellen kann. Die Optionen sind vielfältig, von optischen Gegebenheiten bis zur Wahl der Heimat. Auf den ersten Blick dürfte es zwar mehr Frisuren und andere optische Merkmale geben, später stellt sich aber heraus, dass genau diese erst freigespielt werden müssen. Ist der Ninja einmal in Konoha Gakure angekommen, geht es auch schon mit der spärlichen Geschichte los.

Zahlreiche Ninjas versammeln sich in dem Dorf, um an einem Turnier teilzunehmen. Wer glaubt, dass jetzt noch mehr kommt, wird sich wundern, denn das ist die gesamte Geschichte. Wendungen oder andere Überraschungen gibt es nicht, denn „Shinobi Striker“ ist vor allem ein Online-Spiel. Es gibt dementsprechend den Hauptplatz, an dem man zahlreiche Anpassungen vornehmen kann, und den Kern bilden diverse Modi, in denen ein Team aus vier Spielern gegen ein anderes antritt und diese meist besiegen oder diverse Objekte ergattern muss. Glücklicherweise gibt es ein sehr ausführliches Tutorial von Konohamaru, der dem Spieler zugleich auch erklärt, dass es dann doch so etwas wie einen Story-Modus gibt.

Kein Story-Modus!

Wer nämlich viel lieber mit Freunden gegen die KI spielt oder gleich allein bleibt, darf sich der VR Arena widmen. In dieser spielt man einige Missionen nach, die teilweise Ereignisse der Vorlage abhandeln. Von dem Glöckchen-Test über die Schlacht um Konoha bis hin zum vierten Ninjawelten-Krieg ist alles dabei, jedoch sollte man sich im Ninja-Universum auskennen. Ikonische Momente werden eher abgehandelt und eine Inszenierung wie in den letzten Spielen sucht man vergeblich. Dennoch ist die Anzahl der Missionen nicht zu gering und obwohl viele erst freigeschaltet werden müssen, macht es Spaß, mit Freunden loszuziehen. Leider werden die Missionen nicht schwieriger, wenn man mit mehreren spielt, die Herausforderung schwindet also.

Unglücklicherweise sind die Ziele innerhalb der Missionen immer ähnlich. Der Spieler muss einfach nur Objekte oder Feinde besiegen, um die Prüfungen zu bestehen. Die immer gleichen Abläufe unterhalten stellenweise und kleinere Boss-Kämpfe wissen bei Laune zu halten, insgesamt macht die Menge aber keine Qualität. Der Fokus liegt eindeutig auf den eigentlichen Mehrspieler-Schlachten und die Reise in vergangene Zeiten dient lediglich dazu, um den Inhalt zu strecken, dem Spieler die Mechaniken beizubringen und ihn auf die Mehrspieler-Gefechte vorzubereiten. Das ist deshalb schade, da es das erste Spiel seit dem Ende der Vorlage ist, ausgenommen von der „Boruto“-Erweiterung zu „Ultimate Ninja Storm 4“.

Chaos

Wenn das Spiel so einen großen Fokus auf die Mehrspielerschlachten setzt, sollte auch das Kampfsystem stimmen. Es klingt auf jeden Fall vielversprechend, denn es sind immer genau acht Spieler in den sehr großen Arenen. Dank der tollen Bewegungsphysik können die Helden herumspringen, an Wänden laufen und sich über kurze Distanzen sogar teleportieren. Allein das bringt Spaß, egal in welchen Umgebungen. Die Kämpfe bestehen aus einer Kombination von leichten und schweren Schlägen, die zu wenigen Kombo-Angriffen verbunden werden können. Jeder Ninja kann auch zwei Jutsus auf die Schultertasten legen und diese einsetzen, sobald der Ladebalken nach einigen Sekunden gefüllt ist. Die Möglichkeiten sind vielfältig, denn man schaltet immer mehr Jutsus frei und kann dermaßen viele aus der Vorlage nutzen, dass dann deutlich wird, wie tiefgreifend die Anpassungen sind. Zuletzt steht ein besonders mächtiger Modus, in dem alle Angriffe verstärkt werden, der dafür aber auch seinen Tribut fordert. Während das Kampfsystem an sich also sehr simpel gehalten ist, sind die Anpassungsmöglichkeiten umso spektakulärer.

Leider entpuppt sich in den Kämpfen selbst, dass dieses Prinzip nicht aufgeht. Anstatt schnell zu kämpfen, nutzt man seine mächtigen Angriffe und versucht, mit mehreren auf einen Feind einzudreschen, ohne dass dieser sich wehren kann. Man selbst landet ebenso oft in solchen Situationen und kann nur dabei zusehen, wie sich der Lebensbalken leert. Das Kampfsystem ist viel zu schnell für solche Schlachten und bräuchte insbesondere im Bereich der Verteidigung mehr Optionen. Glücklicherweise gibt es verschiedene Rollen und ein Heiler kann einiges retten, jedoch funktioniert das taktische Teamplay nicht unbedingt in derart rasanten Kämpfen. Die Mehrspielerschlachten versinken viel zu oft im Chaos, was nach einigen Stunden frustriert. Zwar wird man besser und lernt, chaotischen Situationen aus dem Weg zu gehen, leider funktioniert das Anvisieren auch nicht immer korrekt und präzise Angriffe werden dadurch nahezu unmöglich. An all die Sachen kann man sich nach vielen Stunden gewöhnen und wer die benötigte Zeit investiert, wird einen Überblick gewinnen. Die Hürde ist aber sehr groß und da hier komplett neue Systeme erbaut werden, werden selbst Profis ihre Probleme haben.

Zwischen Spaß und Frustration

Spaß kommt vor allen in den Momenten auf, in denen die Kämpfe nur ein Bestandteil, nicht aber der Fokus sind. Das Herumlaufen und die gelegentlichen Schlagabtausche bereiten nämlich extrem viel Spaß, da es sich sehr gut anfühlt, von einem großen Haus zu springen, eine große Distanz zu hinterlegen und anschließend durch eine Teleportation an der Wand eines anderen Gebäudes zu landen, nur um von dort aus weitere Manöver zu starten. Gerade dann ergeben die Vorbereitungen sowie Jutsus auch einen Sinn, denn einen Gegner im perfekten Moment zu erwischen und mit einer selbst erdachten Kombination aus dem Weg zu räumen, spielt sich großartig, und solange eine Aufgabe die gesamte Arena nutzt, fördert das Spiel auch solche Aktionen. Leider passiert sowas nicht in jeder Runde und überraschenderweise häufiger in den VR-Missionen. Weniger chaotisch kommen die Rangkämpfe daher, in denen man aufsteigen kann und dementsprechend immer erfahreneren Kontrahenten begegnet. Leider ist das Matchmaking in den normalen Partien regelmäßig unfair.

Geschenke überall

Wer doch vom Kampfsystem begeistert sein sollte und nach wenigen Runden weiß, dass er lange weiterspielen wird, darf sich auf ein großartiges Fortschrittssystem freuen. Ständig gibt es Belohnung für allerlei Aktionen, wie Level-Ups oder einen Rangaufstieg. Dazu gehören neben kosmetischen Boni auch ganz neue Jutsus. Die besten gibt es dann, wenn man einen Lehrmeister auswählt und mit ihm in den Solo-Missionen kämpft. Egal was man also tut, ständig hagelt es Belohnungen und genau das ermutigt, immer weiter zu spielen und jeden noch so unwichtigen Gegenstand zu erhalten.

Die Ninja-Variante der Lootboxen heißen Schriftrollen und kommen in verschiedenen Kategorien daher, die natürlich immer wertvoller werden. Glücklicherweise lassen sie sich nicht durch Echtgeld erwerben, dennoch sind die Belohnungen zufällig. Leider findet man nicht immer nützliche Gegenstände, manchmal sogar lediglich Geld. Besonders schlimm sind aber Dublikate, die es angesichts der großen Menge an Inhalten fast unmöglich erscheinen lassen, wirklich alles zu ergattern. Diesem Problem begegnet man jedoch wie gewohnt erst im späteren Spielverlauf, wenn bereits einige Stunden investiert wurden.

Ein rundes Paket

Optisch überzeugt das Spiel mit einer Nähe zum Anime. Die Arenen und Charaktere sehen auch in VR gut aus. Die Animationen sind flüssig und könnten auch aus den vorherigen Spielen stammen. Während sich die Ladezeiten akzeptabel gestalten, blieb auch die Bildrate im Test stabil. Selbst die Online-Matches sowie die kooperativen Missionen liefen wunderbar flüssig, sogar an den ersten Tagen, an denen die Server selbstverständlich überladen waren. Der Soundtrack ist erneut atmosphärisch, da das Spiel jedoch überhaupt keinen Wert auf eine filmische Inszenierung setzt, bleibt er meist im Hintergrund. Die englischen sowie japanischen Sprecher des Animes sind wieder dabei, jedoch ist die Qualität der englischen Vertonung erneut kein Genuss für die Ohren.