Jährliche Spielereihen gibt es massenweise und auch Codemasters bringt 2018 ein Ableger seiner Formel 1 Simulation auf den Markt. Im Angebot hat der Titel die offiziellen Lizenzen der Königsklasse des Rennsportes. Ob „F1 2018“ in der diesjährigen Saison um den Titel fahren kann oder gnadenlos abgehängt wird, klärt die folgende Review.

Jede Schraube kann angezogen werden

Es dürfte nicht zur Diskussion stehen, dass ein Rennspiel mit dem Fahrgefühl der Boliden steht und fällt. Dieses Fahrgefühl der Boliden lässt sich in „F1 2018“ anhand absurd viele Einstellungsmöglichkeiten den eigenen Wünschen anpassen. Klassische Faktoren wie ABS, Traktionskontrolle oder Bremshilfe lassen sich beliebig einstellen. Zusätzlich kann der Benzinverbrauch, der Aufbau der Radaufhängung, der Benzinverbrauch, Aspekte der Aerodynamik oder die Bremsen angepasst werden. Im Rennen können so Techniken wie das Ausrollen des Wagens vor Kurven oder Sprit sparendes Fahren zu wichtigen Faktoren für den Erfolg werden. Je nach Belieben lässt sich das Spiel wie eine Hardcoresimulation oder ein gemütlicher Arcade-Racer spielen. Zusätzlich lässt sich die KI durch eine Skala von 1 bis 100 detailliert einstellen. Die Computerkollegen fahren dabei nicht stumpf ihre Ideallinie ab, sondern greifen den Spieler auf höheren Stufen aggressiv an, nutzen Freiräume für Überholmanöver oder fahren sich einen eindrucksvollen Vorsprung heraus. Unfair wird es glücklicherweise nie und auch von einem Gummiband ist keine Spur zu finden. Trotzdem hat die KI gelegentlich kleinere Aussetzer. Stellenweise brettern die Kollegen dem Spieler hirnlos ins Heck, wenn dieser z.B. leicht von der Strecke abgekommen ist und die Kontrolle über das Fahrzeug erst wiedererlangen muss. Anstatt abzubremsen oder auszuweichen steuern die anderen Rennteilnehmer ihren Boliden gewinnbringend in den Vordermann. Auch Unfälle können stattfinden und sind meistens ein weiterer positiver Faktor für das Renngefühl. Gelegentlich eskaliert die Situation etwas und das gesamte Fahrerfeld wird in diese Zusammenstöße verwickelt und die Blechhaufen blockieren die Fahrbahn. Entweder ist das Rennen beendet, sollte der Spieler selbst in den Unfall verwickelt sein oder das Hindernis ist derartig groß, dass extrem viel Zeit beim Umfahren verloren geht. Derartige Momente treten aber vergleichsweise selten auf und drücken den Spielspaß nur minimal. Sollte der eigene Wagen dennoch Fahruntüchtig werden, bietet F1 2018 eine Rückspuhlfunktion und ermöglicht es, derartige Fehltritte zu korrigieren. 

Noch mehr Bastelspaß

Auch die Renndistanz lässt sich den individuellen Ansprüchen anpassen. Hier kann das Gameplay erneut zu einer echten Simulation eingestellt werden, denn ab einer Renndistanz von 25% der realen Rennlänge werden Boxenstopps und Reifenwechsel Pflicht. Ein weiteres taktisches Element hält so Einzug in das Gameplay und sorgt für weiteren Tiefgang. Alternativ kann der Spieler auch gemütliche Rennen über eine Distanz von fünf Runden fahren und wird dann nicht mit diesen Faktoren konfrontiert. Nicht fehlen darf natürlich ein relevantes Schadensmodel. Zahlreiche Teile des Fahrzeugs können im Laufe des Rennens beschädigt werden und je nach Einstellung haben diese Folgen nicht nur optische Konsequenzen für das Fahrzeug. Beschädigte Teile müssen durch einen Boxenstopp ausgetauscht werden und sorgen für weitere taktische Tiefe. Als offizielles Spiel der Formel 1 gilt ebenfalls das Regelwerk der Königsklasse. Für Rüpel-Raser gibt es Zeitstrafen oder unberechtigte Überholmanöver müssen korrigiert werden, indem der Hintermann vorgelassen wird. Auch diese Optionen lassen sich beliebig einstellen. Stellenweise stellt sich dieses System als inkonsequent heraus und bestraft selbst minimale Rempler. Allerdings funktioniert das System im Gesamtbild sehr gut und belohnt sauberen Rennsport. Als letzen Gameplay-relevanten Faktor lässt sich das dynamische Wetter festhalten. Eine nasse Fahrbahn macht sich sofort bemerkbar und erfordert eine Anpassung des Fahrstils, da sonst der Weg zum Titel unliebsam im Kiesbett endet. Unabhängig von dieser Fülle an Einstellmöglichkeiten fühlt sich das Verhalten der Rennwagen glaubhaft an und steuert sich sehr angenehm. Auch das Gewicht der Boliden fühlt sich glaubhaft an. In Kombination mit den zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten lässt sich „F1 2018“ perfekt anpassen und sich daher als Rennspiel für jedermann einstufen.

Er will der aller beste sein

Hauptbeschäftigung für Solospieler wird der Karrieremodus sein. Zunächst wird ein eigener Rennfahrer erstellt, der für ein ausgewähltes Team im Titelrennen an den Start geht. Die Auswahlmöglichkeiten sind jedoch arg beschränkt und einen komplett individueller Fahrer kann man sich mit dem angebotenen Editor nicht erstellen. Es stehen lediglich vorgefertigte Gesichter und einige Logos und Farbkombinationen für Helm und Anzug zu Verfügung. Während die Optik der Figuren zu verschmerzen gewesen wäre, kann ein eigentlich grandioses Feature nicht sein volles Potential entfalten. Das Spiel bietet neben der Auswahl eines Spielernamens auch die Möglichkeit einen Rufnamen einzustellen. Während der Rennen, in Wiederholungen oder bei der Zusammenfassung der Kommentatoren wird dieser Name aktiv in das Spiel eingebettet. Problematisch ist nur, dass die Auswahl beschränkt ist und auch einige Namen bekannter Rennfahrer fehlen. Findet sich der Wunschname in der Liste, erzeugt jede Erwähnung des Names eine unglaubliche Atmosphäre. Mit mehr Variation bei der Auswahl wäre das Feature aber noch durchschlagskräftiger. Abgesehen von diesem kleinen Manko inszeniert „F1 2018“ die Rennwochenenden nahezu perfekt. Kamerafahrten über die Rennstrecke vor Rennbeginn, ein Blick durch die Boxengasse oder das Startfeld sorgen für das optische Renngefühl. Die Kommentatoren sorgen für die akustische Untermalung und die Sprüche wiederholen sich glücklicherweise nicht sonderlich oft. Besonders spannend ist die Tatsache, dass die Sprecher nach dem Rennen auf die Aktionen des Spielers oder markante Ereignisse während des Grand Prix eingehen. Ebenfalls vorhanden ist der Boxenfunk. Dieser kann während der Fahrt per Knopfdruck hinzugeschaltet werden und gibt Unmengen an Informationen. Wie viel Vorsprung hat der Vordermann, wie viele Runden hält der Sprit noch oder wie der Wetterbericht noch aussieht. Neben dem praktischen Nutzen ist dieser Aspekt wahres Gold für die Immersion und vermittelt das Gefühl, tatsächlich im Cockpit des Wagen zu sitzen. Boxendurchfahrten, Starts aus der Garage oder Safety-Car-Phasen runden das Gesamtbild ab. Der Star des Spiels sind aber natürlich die offiziellen Strecken, alle bekannten Teams und die dazugehörigen Fahrer. Die Gesichter wirken Lebensecht und die Rennprofis lassen sich alle problemlos erkennen.

Das tägliche Brot des Rennfahrers

Das eigentliche Gameplay der Kampagne ist mehrstufig aufgeteilt. Jedes Rennwochenende ist je nach vorheriger Einstellung in sieben Bereiche aufgeteilt. Drei Trainingssessions, drei Runden Qualifying und anschließend das finale Rennen. Während der Trainingsrunden hat der Spieler die Möglichkeit, verschiedene optionale Nebenaufgaben abzuschließen. Dafür muss auf der Strecke in hohem Tempo durch virtuelle Tore gefahren, eine besonders schnelle Runde absolviert oder besonders Spitsparend über den Rundkurs gerast werden. Zur Belohnung dieser Aufgaben gibt es Erfahrungspunkte, die später in Upgrades investiert werden können. Leider wiederholen sich die Aufgaben extrem schnell und nach einigen Rennen vergeht die Lust, diese zu absolvieren. Glücklicherweise kann man diese Phasen des Rennwochenendes beliebig gestalten und auch überspringen. Das dreiteilige Qualifying läuft erwartungsgemäß ab und bestimmt die Startposition für das Rennen. In Abhängigkeit des gewählten Schwierigskeitsgrades wird diese Vorbereitungsrunde relevant. Wenn während des Rennens Schadensmodell, Benzinverbrauch und Boxenstopps abgewogen werden müssen und die Gegenspieler ein gewisses Niveau erreichen, wird jede Sekunde Vorsprung vor einem Boxenstopp wertvoll. Während des eigentlichen Rennen wird die Kombination aller Faktoren wichtig. Die Einstellungsmöglichkeiten können vollständig ausgereizt werden und sorgen für massiven Tiefgang und jede Menge Spaß.

Be a Manager

Neben den eigentlichen Rennen gilt es die Entwicklungsabteilung des Teams auf Trab zu halten und gewonnene Erfahrungspunkte in Upgrades für das Fahrzeug zu investieren und die Wartung der Verschleißteile zu überwachen. Bei den Upgrades lässt sich zwar viel freischalten, aber bei der Art der Upgrades handelt es sich um typische prozentuale Verbesserungen und nicht um individuelle Anpassungsmöglichkeiten. Spaßig ist allerdings die Reaktion auf Regeländerungen des Dachverbandes. Während der Karriere ändern sich die Grundregeln und je nach Auswahl der Talente verlieren diese ihre Wirkung. Investiert der Spieler Punkte in die Anpassung der Teile, so kann er die Nutzbarkeit der mühsam erarbeiteten Forschungen weiterhin sichern. Zusätzlich verschleißen Teile wie Motor oder Getriebe während der Rennen und müssen dazwischen ausgetauscht werden, sonst kann es auf der Zielgeraden zu einem Motorschaden führen, der den sicheren Triumph kurz vor Schluss noch in Luft aufgehen lässt. Spielerisch mögen diese Elemente relativ unspektakulär sein, zwischen den Rennen sind sie aber eine willkommene Verschnaufpause und tragen erneut viel zur Atmosphäre bei. Nicht ins Gewicht fällt die Möglichkeit, durch Absolvieren der Trainigsmissionen übermächtig zu werden. Auch in der Karriere kann der Schwierigkeitsgrad angepasst werden, allerdings nur zwischen den Rennwochenenden. Warum diese Möglichkeit nicht immer gegeben ist mag sich schwer erschließen lassen, ein echter Kritikpunkt ist es allerdings nicht.

Eine Portion Rollenspiel

Neu in F1 2018 sind die Interviews zwischen den Phasen des Rennwochenendes. Bevor es zurück in die Garage geht, gilt es einer frechen Journalistin einige Fragen zu beantworten. Je nach Antwort wandelt sich der Ruf beim eigenen Team oder den Fahrern anderer Rennställe. Lobt ihr die Arbeit der Mechaniker kosten entsprechende Upgrades weniger. Daneben könnt ihr euch als fairer Teilnehmer inszenieren, indem ihr dementsprechend antwortet oder ihr lasst den arroganten Rüpel sprechen, wodurch jedoch der Ruf bei anderen Fahrern leidet. Laut Entwickler soll dadurch auch das Verhalten der KI während der Rennen beeinflusst werden und unliebsame Fahrer aggressiver gegen euch fahren. Im Test konnte davon wenig erkannt werden. Der Boni auf Upgradeforschungen ist nett, aber einen echten spielerischen Mehrwert haben diese Interview-Sequenzen nicht. Im Vergleich zu anderen Spielelementen ist die Inszenierung zweckmäßig und anstatt einer dynamischen Gesprächs-Szene blickt man immer in das Gesicht der Journalistin, ohne die eigene Spielfigur zu sehen. Die Antwortmöglichkeiten passen sich zwar stellenweise den Ereignissen des Rennens an, gelegentlich kommt es jedoch vor, dass nach einem souveränen Sieg gefragt wird, weshalb ihr nur mit Mühe und Not gewonnen habt. Dieses Feature ist kein Totalausfall, wird allerdings nach wenigen Rennen zu einer routinierten Klick-Aufgabe ohne aktive Beteiligung des Spielers. Zusammengefasst bietet die Karriere jedoch positiven Rennspielspaß, der eine gelungene Inszenierung mit spielerischer Freiheit kombiniert und so ein wunschlos glücklich macht.

Was gibt es noch?

Außer der empfehlenswerten Kampagne werden weitere klassische Spielmodi geboten. Im Zeitfahren lässt sich die eigene Bestzeit auf den Kursen herausfordern, Grand Prix lässt den Spieler eine Wunschkombination aus allen lizenzierten Strecken zusammenbauen, die Rahmenbedingungen durch die genannten Möglichkeiten auf die eigenen Bedürfnisse anpassen und die Wunschmeisterschaft gemütlich abfahren. Zusätzlich wird die Möglichkeit geboten zahlreiche Meisterschaften oder historische Herausforderungen zu bewältigen. In aktuellen oder Boliden vergangener Saisons lassen sich zahlreiche Missionen absolvieren. Beispielsweise soll der Spieler innerhalb eines festgelegten Zeitlimits möglichst viele Fahrer überholen oder einen Rückstand aufholen. Wenn man unbedingt einen Kritikpunkt suchen möchte, dann ist es durchaus ein Wermutstropfen, dass abseits der offiziellen Strecken der Königsklasse keine weiteren im Spiel vorhanden sind und auch nur das aktuelle Fahrerfeld am Steuer der Fahrzeuge sitzen kann. Auch wenn historische Boliden enthalten sind, wurden deren Fahrer nicht übertragen. Und eine Runde auf dem Nürburgring gehört eigentlich zum Guten Ton und wurde vermisst.

Mehrspieler

Online profitiert der Spielspaß von den strengen Regeln der FIA, da die Spieler zu einem angenehmen und fairen Fahrstil getrieben werden. Die zahlreichen Spielmodi und Einstellungsmöglichkeiten lassen sich in den Online-Modus übertragen und punkten auch dort. Enttäuschend ist jedoch der fehlende Splitscreen-Modus, der gemütliche Runden vor dem eigenen Fernseher unmöglich macht. Dafür hat es auch auf der Konsole ein Lan-Modus ins Spiel gefunden, der zwar löblich anzuführen ist, aber nicht komplett entschädigt. 

Die Präsentation wurde bereits positiv hervorgehoben, daher an dieser Stelle nur die Bewertung der rein technischen Aspekte. Die Optik ist größtenteils eine Augenweide und nur gelegentlich fällt leichtes Flimmern während der Zwischensequenzen auf. Die Bildrate bleibt auch auf der Konsole konstant und eine lästige Diashow musste zu keinem Zeitpunkt ertragen werden. Die Steuerung geht auch auf dem Controller problemlos von der Hand und es fühlt sich nicht wie ein Nachteil an, kein sündhaft teures Racing-Setup aufgebaut zu haben.