Als offizielles Spiel zur Rally Dakar, einer der bekanntesten Motorsportveranstaltungen des Planeten, möchte „Dakar 18“ ein realitätsnahes Abbild auf den Bildschirm bringen. Diese gewaltigen Ambitionen kann Entwickler Bigmoonstudios nur zum Teil erfüllen. Warum „Dakar 18“ dennoch einen Blick Wert ist, erläutern wir im folgenden Review.

Wähle dein Gefährt

Bevor es in die Wüste geht, wählt der Spieler vor dem Start eine Fahrzeugklasse aus. Zur Wahl stehen ein „normaler“ Rallybolide, Trucks, Quads, Motorräder oder wendige Buggys. Obwohl Dakar 18 den Anspruch hat, eine Simulation der Rally sein zu wollen, fühlt sich das Fahrverhalten doch etwas arcadelastig an. Jeder Bolide scheint etwas zu leicht zu sein, wenig Bodenhaftung zu besitzen und gerät überraschend leicht ins Schleudern. Die Kontrolle der Rallygeschosse funktioniert mit dem Controller problemlos und trotz des fehlenden Simulationsanteils fährt es sich in „Dakar 18“ durchaus unterhaltsam.

Der Realismus soll durch ein Schadensmodell unterstützt werden. Während des Rennens können zahlreiche Einzelteile des Fahrzeugs beschädigt werden. Egal ob Getriebe, Kühler, Motorteile oder nur ein platter Reifen, wer nicht aufpasst und unsanft über Hindernisse fährt, beschädigt schnell seinen Boliden. Zwar lassen sich Teile auch während der Etappe reparieren, jedes ausgetauschte Teil schlägt allerdings mit einer Strafzeit zu Buche. Gewisse Teile, etwa die Übersetzung der Schaltung, lassen sich gar nicht austauschen, in einem solchen Fall hilf nur der Neustart. Die grundlegende Idee eines Schadenmodells fügt sich nahtlos in das Rennen ein und erfordert geschicktes Manövrieren um Gefahrenstellen sowie Hindernisse und bestraft hirnloses Rasen durch die Einöde. Die Idee ist gut, allerdings spiegelt sich der Schaden nur bedingt im visuellen Zustand des Fahrzeugs wider. Außer einer gesplitterten Frontscheibe oder einer lädierten Motorhaube lässt sich der Zustand nicht an der Optik des Fahrzeuges ablesen. Auch die Physik spielt dem Spieler einen Streich. Nicht immer ist erkennbar, welche Teile der Vegetation tatsächlich ein Hindernis darstellen. Mal kann eine Palme oder ein Kaktus einfach überfahren werden, in einem anderen Fall haben Objekte wie ein Zaun, Straßenschild oder Baumstamm die Masse eines tonnenschweren Betonklotzes und bremsen die Fahrt unsanft in wenigen Sekundenbruchteilen. Derartige Objekte sollten zerstörbar sein, alles andere wirkt einfach absurd.

Renngefühl mit Anstrichen

Entwickler Bigmoon konnte sich die offiziellen Lizenzen der Rally Dakar sichern und dadurch auch die echten Fahrer, Teams und Fahrzeuge in das Spiel übernehmen. Der Gedanke ist löblich und vermittelt Kennern der Materie noch ein extra Schuss Rallygefühl. Für Außenstehende hat dieses Feature aber keinerlei Einfluss, da außer einem Porträt oder den Namen in der Tabelle keinerlei Interaktion stattfindet und nicht der Versuch unternommen wird, die Inszenierung aufzupolieren. Eine ansprechende Einführung der Etappen, Interviews nach den Rennen oder Besprechungen der Mannschaften gibt es nicht. Auch die Auswahl der Fahrzeuge hat keinerlei Einfluss auf das Fahrverhalten, lediglich optisch unterscheiden sie sich leicht. Die Möglichkeit, einen eigenen Avatar zu erstellen oder die Motive auf dem Boliden anzupassen, gibt es nicht.

Fahren nach Roadbook

Die Etappen der Rally Dakar finden selbstverständlich nicht auf säuberlich abgesteckten Straßen statt, sonder führen quer durch die Landschaften von Peru, Bolivien und Argentinien. Um die Etappe abzuschließen, muss nicht nur das Ziel erreicht werden, sondern auch eine festgelegte Anzahl von Wegpunkten abgefahren werden. Die Navigation zu diesen Wegpunkten erfolgt über das Roadbook, einen Kilometerzähler und einen 360 Grad Kompass. Das Roadbook enthält Informationen über spezifische geographische Merkmale der Strecke, den Kilometerstand von Abzweigungen oder Richtungsänderungen und eine Richtungsangabe in Grad. Anhand dieser Informationen und den genannten Hilfsmitteln muss auf diese Weise die Strecke herausgearbeitet und abgefahren werden. Je nach Fahrzeugklasse liest der Beifahrer während der Fahrt die Abschnitte des Roadbooks vor und erleichtert das Rennen enorm. Auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad wird der Spieler zusätzlich mit Kompassmarkierungen unterstützt. Im Kern ist dieses Prinzip enorm spannend und erfordert vom Spieler während der Fahrt aktiv auf seine Umgebung zu achten und alle gegebenen Informationen in Echtzeit umzusetzen. Allerdings leidet das System an einigen überflüssigen Mängeln. 

Wegfindung mit Hindernissen

Das Roadbook beinhaltet zahlreiche Symbole, etwa für Hügel, Schlangenlinien und Abzweigungen. In dem knappen Tutorial werden all diese Faktoren nur unzureichend erklärt und während der Fahrt kann der Spieler sich die Informationen nur umständlich aus einem Pausenmenü zusammensuchen. Sicherlich, der Beifahrer liest alle relevanten Faktoren vor, in Fahrzeugklassen, die nicht über einen solchen hilfreichen Kameraden verfügen, wird es mühselig das Roadbook ohne Vorkenntnisse zu entschlüsseln. Auch gibt es keine Taste, mit der man sich den aktuellen Wegpunkt erneut vorlesen lassen kann, sollte man vom Weg abgekommen sein. Zwar lässt sich in einem solchen Fall das Roadbook manuell durchblätter, eine Markierung, welche Wegpunkte abgefahren wurden oder welche aktuell sind, fehlt aber. Dadurch wird die Navigation im Falle eines Fahrfehlers unnötig kompliziert. In der Theorie sind Richtungsänderungen mit einem festgelegten Kilometerstand versehen. Der Kilometerzähler zählt jedoch auch weiter, wenn die Ideallinie verlassen wird, Abweichungen vom Roadbook erfolgen dementsprechend schnell. Solange man ungefähr auf Kurs ist, machen derartige Extrameilen keinen großen Unterschied. Sobald man jedoch vom Kurs abgekommen ist und versucht, auf die eigentliche Route zu gelangen, addiert der Zähler munter die Umwege und erhöht dadurch die Gefahr von Folgefehlern enorm. 

Negativ fällt auch auf, dass keine Mitteilung erscheint, wenn ein Wegpunkt verpasst wurde. Je nach Etappe ist es unterschiedlich, wie viele dieser Wegpunkte man verpassen darf. Hat man Pech und nicht mitbekommen, dass ein Wegpunkt verpasst wurde, kann man zwar die Etappe bis zum Ende fahren, nur um dann die Meldung zu erhalten, dass es keine Punkte gibt. Die Kampagne lässt sich dann auch nicht fortsetzen und die Etappe muss wiederholt werden. Hilf alles nichts, kann man sich natürlich auch zum letzen Checkpoint zurückversetzen, erhält jedoch 15 Strafminuten extra. All diese genannten Faktoren verkomplizieren dieses innovative System nur unnötig. Eine Karte, in der sich der abgefahrene Weg nachvollziehen ließe, wäre sehr hilfreich gewesen. Hat man sich aber auf diese Faktoren eingestellt, ist es eine komplett neue Erfahrung, auf diese Weise das Ziel zu erreichen und sorgt gleichzeitig für ein extrem authentisches Rallygefühl.

Streckenführung 

Hauptteil des Spiels bilden die 14 Etappen der Rally Dakar, verteilt über die Länder Peru, Bolivien und Argentinien. Zunächst einmal muss gesagt werden, dass die Strecken verflixt lang sind. Je nach Etappe kann eine Stunde eingeplant werden, bis alle Wegpunkte abgeklappert sind. In Kombination mit dem spezifischen Navigationssystem kommt dabei aber ein interessantes Gefühl von Erkundung und Abenteuer auf. Das Design der Strecken ist auf dem ersten Blick sehr unspektakulär. Eine Ansammlung von Dünen, Dschungellandschaften, ausgetrockneten Flussbetten mit ein paar Palmen, gespickt mit ein paar Ruinen oder Strommasten, entfalten nicht den Wiedererkennungswert eines „Mario Kart“ oder „Trackmania“ in Bezug auf Fantasiestrecken oder etwa „F1 2018“ mit den Abbildern realer Rennstrecken. Auf den zweiten Blick versprühen die Kurse aber durch die geographische Beschaffenheit enorm viel Gefühl. Wenn man sich mühsam eine riesige Düne heraufgekämpft hat und über den Scheitelpunkt fährt und anschließend gefühlt senkrecht ins Tal brettert oder vorbei an Gebirgszügen sich den Weg durch die Einöde bahnt, fühlt man sich wie ein waschechter Rallyfahrer. Von der Qualität der Strecken variiert die Distanz und Beschaffenheit der Strecken, sodass jede Etappe eine eigene Identität hat und unterschiedliche Anforderungen an das eigene Fahrkönnen stellt. Unterschiedliche Bodentypen und sich wandelndes Wetter sorgen ebenfalls für ein unterschiedliches Streckengefühl.

Weitere Funken Realismus 

Was ist eigentlich mit den Kontrahenten? Auf andere Rallypiloten wird man während der Etappen nur sporadisch treffen, da alle Fahrer zeitversetzt starten. Packende Kopf an Kopf Duelle wird es in „Dakar 18“ nicht geben. Begegnet man anderen Fahrern, lassen sich diese als Orientierungspunkte verwenden. Allerdings sollte man sich nicht zu sehr auf die Genossen verlassen, denn fehlerfrei fahren sie auch nicht und fabrizieren durchaus Umwege. Sonderlich clever scheinen sie auch im Allgemeinen nicht zu sein. Setzt man sich vor sie und muss aufgrund Hindernissen bremsen, scheinen die Konkurrenten wenig vorausschauend zu fahren und brettern dem Spieler schon mal ungebremst ins Heck.

Ergänzt wird das Gameplay durch weitere Faktoren, die den Realismus weiter ausbauen sollen. Bleibt der Spieler im Sand stecken oder an einer Düne hängen, kann er den Wagen verlassen und sich mit einer Schaufel freibuddeln oder Bretter unter die Reifen legen, um sich aus der misslichen Lage zu befreien. Auch Kontrahenten können auf derartige Weise gerettet werden oder theoretisch einen unterstützen. Dieses Feature ist nett, aber kommt nur selten zum Einsatz, da man fast nie einen Mitfahrer begegnet. Sollte man selber jedoch in einer Düne hängen bleiben ist es zwar wenig anspruchsvoll, unterstützt aber das Gefühl, tatsächlich durch die Wüste zu fahren. Weiterhin gibt es Zonen, in denen eine Geschwindigkeitsbegrenzung eingehalten werden muss, etwa weil man durch eine Ortschaft fährt. Dieser Faktor hat keinen großen Einfluss auf das Gameplay, fügt aber ein kleines Detail hinzu, auf das der Spieler achten muss und fügt sich nathlos in das Spielerlebnis ein.

Was gibt es noch in der Wüste?

Außerhalb der Kampagne, in der die 14 Etappen absolviert werden müssen, bietet Dakar 18 wenig Inhalt. Außer ein paar dünnen Tutorialmissionen bleibt für Einzelspieler nur der Modus Schatzjagd. Auf den Karten der Etappen muss der Spieler eine bestimmte Anzahl an Schätzen finden. Leider sind diese nicht auf der Karte oder durch ein Roadbook markiert und faktisch muss der Spieler ziellos über durchs Nirgendwo fahren, und auf Gut Glück aussteigen und die Schaufel schwingen. Bei der Größe der Karten ist das fast ein schlechter Witz und der Spielspaß geht gegen Null. Löblich ist ein Splitscreenmodus, der es erlaubt die Etappen auch mit einem Freund zu spielen. Allerdings ist der Beifahrer in diesem Modus ausgeschalten, sodass eigentlich auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad gespielt wird. Eine schnelle Runde mit Neulingen ist so unmöglich. Sollten abgestimmte Audiokommentare für die jeweiligen Kopfhörer nicht möglich sein, so wäre zumindest eine Texteinblendung hilfreich gewesen. Arbeitet man sich jedoch ein bisschen hinein, macht die Rally durch die Wüste gleich doppelt Spaß. Der Onlinemehrspieler ist natürlich auch im Paket enthalten, allerdings wirkt es dennoch so, als würde man alleine fahren. Die Größe der Karten ist einfach zu massiv, um ein echtes Wettkampfgefühl aufkommen zu lassen. 

Sand im Getriebe

Die technische Präsentation kann durchaus überzeugen. Die Landschaften sehen glaubhaft aus, Partikeleffekte wie Staub, Sand, Pfützen und Furchen können sich sehen lassen. Aufgrund der gigantischen Größe der Karten muss die Konsole jedoch sichtbar die Texturen sichtbar nachladen, was das Gesamtbild leider trübt. Auch außerhalb der Strecke wirken Zuschauer wie leblose Abziehbilder, die lediglich eine Armbewegung beherrschen und es wird wenig dafür getan, die Rally außerhalb der Strecke lebhaft zu gestalten. Interviews oder Kommentatoren gibt es nicht. Auf diesem Gebiet wurde viel Potential verschenkt. Der Sound ist eigentlich nicht existent. Abgesehen von der Stimme des Beifahrers und den wenigen Geräuschen des Motors oder der Schaltung kommt das Spiel ohne Soundtrack aus. Über die Schwierigkeitsgraden der Etappen hat dieser Umstand fast schon etwas entspannendes und auf höheren Gesamtdistanz fällt es nicht auf, da die gesamte Konzentration für die Navigation aufgebraucht wird. Die Bildrate gerät immer mal wieder kurz ins Stocken, wird jedoch nie zu einem ernsthaften Problem. Gelegentlich flackert das Bild kaum sichtbar und während der Testphase ist das Spiel lediglich einmal abgestützt. Entwickler Bigmoon hat aber bereits einen Patch veröffentlicht, der die Abstürze in den Griff bekommen hat. In Kombination mit dem Rücksetzpunkt kann es zu einem extrem ärgerlichen Fehler kommen. In der Testsession kam es zu einem Unfall, der die Schaltung zerstört hat. Dieses Teil kann während des Rennens nicht ausgetauscht werden und da sich der Unfall genau auf einem Wegpunkt ereignete, wurde eben dieser Rücksetztpunkt gespeichert. Der Abschluss des Rennens war also trotz Rücksetzpunkt nicht möglich. Außerhalb dieses ärgerlichen Fehlers fanden sich jedoch keine gravierenden Mängel.