WWE ist so stark wie noch nie, zumindest was das WWE Network angeht. Die Videospiele bieten zwar mal mehr, mal weniger gute Unterhaltung, insgesamt ist die Fangemeinde sich aber sicher, dass der wichtigste Faktor in den letzten Jahren gefehlt hat: der Spielspaß. Genau den möchte „WWE 2K19“ wieder einführen. Doch ob das zu einem spektakulären Wrestlemania führt, oder das Main Event doch nur eine Niederlage von Roman Reigns ist, verraten wir euch im Test.

Superhelden mit Startschwierigkeiten

Einer der größten Kritikpunkte bleibt bestehen, nämlich die grauenvolle Einführung. Es gibt kein gesondertes Tutorial, stattdessen werden während des Spielens immer wieder Texteinblendungen eingeworfen, die grundlegende und fortgeschrittene Aktionen erklären. Man wird also in den Ring geworfen und versteht anfangs überhaupt nicht, wie man die Gegner schwächt, wenn man nicht die kleinen Textboxen liest. Das ist nicht nur unschön, es macht das Spiel weitaus weniger zugänglich, was ein Sportspiel niemals sein sollte.

Wer hingegen weiß, wie das Spiel funktioniert, wird sich direkt heimisch fühlen, denn viel Neues gibt es nicht. Alle Moves und Finisher sind auch dieses Jahr vertreten und spielen sich genau so, wie man es erwartet. Spielerisch hat sich wenig in der Reihe getan, dafür gibt es eine gute Neuerung in Form der Paybacks. Diese lassen sich im Match aktivieren und geben den Kämpfern diverse Boni. Wer sie überlädt, kann sogar noch mächtiger werden und seine Statuswerte in die Höhe treiben. Man muss jedoch aufpassen, dass der Ringrichter nicht beschließt, dass man plötzlich zu stark ist. Diese Mechanik hat nichts mit der Realität zu tun, passt aber fantastisch in das Gameplay und bringt viele spaßige Momente mit sich, die ein Match komplett umdrehen können. Natürlich dienen sie auch zur Unterhaltung, denn man möchte nicht nur Matches gewinnen, sondern auch ein Spektakel erzeugen, damit das Publikum zufrieden ist.

Zittern wie vor Strowman

Obwohl Vieles gleich geblieben ist, gibt es gelungene Anpassungen. Am offensichtlichsten sind wohl die Animationen, die im direkten Vergleich zum Vorgänger sehr positiv auffallen. Alles ist flüssiger, die verschiedenen Angriffe gehen schöner ineinander über und selbst in den Royal-Rumble-Matches wirken die Charaktere dank dynamischer Animationen sehr viel echter als zuvor. Trotzdem hat die Reihe noch einen langen Weg vor sich, denn man sieht klar, ab welchem Moment eine Animation beginnt, und obwohl die Übergänge flüssiger sind, bleiben die Startsequenzen merkwürdig. Zudem laufen noch immer Charaktere steif rückwärts, reagieren unglaubwürdig auf diverse Situationen oder wissen gar nicht, wen sie als nächstes angreifen sollen. Die Verbesserung ist deutlich, wer aber keinen Vergleich hat, wird sich noch immer daran stören.

Dafür ist das Spielgefühl dank der verbesserten Animationen viel befriedigender. Die Schläge wirken deutlich wuchtiger und die Physik reagiert deutlich realistischer. Auch der verbesserte Sound sowie die typischen Kameraschwenker erzeugen eine einzigartige Atmosphäre, die sich mit dem realen Vorbild messen kann. Wer den richtigen Spielfluss entdeckt hat, kann selbst die merkwürdigeren Übergänge kaschieren und wird spannende Matches austragen, in denen man auch gerne selbst getroffen wird, nur um dann spektakulär zurückzukommen.

YES! YES! YES!

Das Highlight ist in diesem Jahr der verloren geglaubte Showcase-Modus. Diesmal wird die Karriere von Daniel Bryan beleuchtet, und die Macher hätten sich keinen besseren Zeitpunkt dafür aussuchen können. Der Star hat nicht nur eine Karriere voller Hochs und Tiefs hinter sich, in diesem Jahr kehrte er als Kämpfer in SmackDown zurück und liefert sich eine zugegebenermaßen etwas langgezogene Fehde mit The Miz ab. Der Modus beleuchtet alle Ereignisse der „YES!“-Ikone in der WWE und weiß durch seine starke Inszenierung zu begeistern. Neben animierten Sequenzen sowie Archiv-Aufnahmen fungiert Bryan selbst als Erzähler und spricht selbst über die spannenden Momente.

Spielerisch wird die Handlung dadurch aufregender, dass bestimmte Ziele erfüllt werden müssen. Natürlich bleibt Bryan der Star, doch auch die Auftritte seiner Kontrahenten und Freunde machen die Geschichtsstunde perfekt. Obwohl Showcase nicht der längste Modus ist, gehört er zu den besten, die es jemals in einem „WWE“-Spiel gab. Egal ob als spielerische Unterhaltung oder Geschichtsstunde, dank der beeindruckenden Inszenierung bleibt man gebannt vor dem Bildschirm sitzen – und das sagt ein großer The-Miz-Fan.

Glorious are the voices in my head

Die restlichen Modi sind derweil bekannt. Der größte Zeitfresser bleibt der Universe-Modus, in dem man die Shows „Smackdown LIVE“, „RAW“, „NXT“ und „205 Live“ selbst gestalten darf. Dazu werden Fehden erzeugt, Matches geplant und sogar eigene Titel oder Shows erschaffen. Das bereitet sehr viel Spaß, und obwohl eine Show viel länger ist als eine Woche in „FIFA“, sieht man gerne, wie sich der glorreiche „Bobby Roode“ gegen einen „Braun Strowman“ stellt – und gewinnt. Leider bleiben die Promos das größte Problem, denn sie sind nicht vertont und werden durch Animationen sowie Texteinblendung dargestellt. Das wirkt derart lächerlich, dass man die Texte lieber wegklickt und lediglich die Entscheidungen trifft, um gute Promos abzuliefern.

Dafür stimmt die Inszenierung wieder. Die Wrestler sehen fantastisch aus, was sich schon durch die Einläufe bemerkbar macht. Natürlich gibt es das stumpfe Laufen eines Kevin Owens, doch wenn The New Day oder Naomi eintreffen, sieht man, wie viel Liebe zum Detail die Macher in die richtige Atmosphäre investiert haben. Von den Designs bis hin zu den Animationen stimmt alles, und sogar das Publikum beeindruckt durch passende Zwischenrufe. Lediglich die Kommentatoren bleiben eine gigantische Katastrophe und sprechen über Angriffe, die nicht stattgefunden haben, oder wiederholen dieselben Sätze mehrfach in einem einzigen Match. Es ist eine große Aufgabe, für alle Wrestler spezielle Sätze aufzunehmen und diese passend zu mischen, eine Verbesserung gibt es hier aber seit Jahren nicht mehr, weshalb es nicht einmal enttäuschend ist, dass die deutschen Sprecher fehlen. Interessanterweise sind uns im Test keinerlei Bugs aufgetreten, weder Bildratenprobleme noch visuelle Ungereimtheiten. Sich teleportierende Kämpfer oder Animationen, die nicht geladen werden, gibt es aber auch in diesem Jahr, wie zahlreiche Videos beweisen.

Von Elias Gitarre bis Finn Balors Lederjacke

Die Karriere des eigenen Wrestlers ist besser gelungen als in der Vergangenheit. Zwar ist die Handlung nicht spannend genug, um mit dem Showcase verglichen zu werden, dafür gibt es weitaus verrücktere Momente. Egal ob spannende Begegnungen oder die lustigsten Anfeindungen, die man sich vorstellen kann, die Entwickler setzen auf einen viel leichteren Ton als zuvor. Deshalb hat man mehr zu Lachen und erneut eine Sache, die in den vergangenen Jahren gefehlt hat: Spaß. Die Promos sind derweil deutlich besser gelungen, da sie komplett vertont sind. Wie man im Englischen so schön sagt: „This game is going places“. Schade ist hingegen, dass es keinen Modus für weibliche Wrestler gibt. Dank der Women’s Revolution und des baldigen PPV sollten auch die Spielemacher erkannt haben, was für einen wichtigen Platz Frauen in der WWE haben.

Auch Road to Glory, der motivierende Online-Modus, kehrt zurück, weshalb man auch nach dem Solo-Modus Gründe hat, den eigenen Charakter weiter antreten zu lassen. Besonders interessant ist der Tower-Modus, in dem man nach einem Kampf auf die nächste Stufe aufsteigt, um gegen weitere thematisch passende Kontrahenten zu kämpfen. Das fühlt sich an wie typische Arcade-Modi in Prügelspielen und stellt eine gute Unterhaltung für diejenigen dar, die einfach nur kämpfen wollen, anstatt Stunden in die anderen Modi zu stecken. Sowieso darf man jederzeit seine Traummatches austragen, und durch das überarbeitete, deutlich übersichtlichere Menü gelangt man viel schneller zur Action als im vergangenen Jahr.

Virtual Money in the Bank

Ja, erneut gibt es die hässlichen VC. Zwar kann man sie überall verdienen, dafür aber auch selbst Geld ausgeben, um sie zu kaufen. Anders als bei vielen Konkurrenten gibt es in „WWE 2K19“ aber keinen Modus, der darauf ausgelegt ist, dass der Spieler möglichst viel Geld ausgibt. Stattdessen erhält man viel öfter gute Sachen, und diverse Aspekte lassen sich ausschließlich über das Investieren von Zeit freischalten. Natürlich kann man sich einen Vorteil in der Road to Glory verschaffen, wenn man Geld ausgibt; sich das alles zu erspielen, macht in diesem Jahr dank häufigerer Belohnungen jedoch nicht nur mehr Spaß, es bringt auch mehr Vorteile mit sich. Ja, ohne solch ein Modell wäre das Spiel noch besser. Die Macher haben aber verstanden, wie man ein Spiel entwickeln sollte, das sich nicht um zusätzliche Einnahmen dreht.