Neben „Tekken“ hat Bandai Namco mit „SoulCalibur“ eine weitere große 3D-Prügelspielreihe im Köcher, die endlich nach 2011 wieder zurückkehrt. Mit „SoulCalibur VI“ macht die Reihe zum ersten Mal einen Schritt auf die aktuelle Konsolen. Ob es vollends überzeugen kann, zeigt die folgende Review.

Eine böse Macht

Für ein Prügelspiel ist es immer entscheidend, was das gesamte Spiel beinhaltet. Auf den ersten Blick gibt es mit zwei Story-Modi ordentlich Inhalt. Der erste ist Soul Chronicle und lässt einen die Geschichten der vorgegebenen Charaktere erleben. Der gesamte Titel ist im 16. Jahrhundert angesiedelt und stellt eine Neuerzählung der Ereignisse aus dem ersten „SoulCalibur“ dar. Der Pirat Cervantes hat dabei das sagenumwobene, böse Schwert Soul Edge gefunden, das sich durch seine Seele in zwei Teile geteilt hat. Nachdem er die gesamte Welt mit der neu gewonnenen Kraft in Angst und Schrecken versetzt hat, gelingt es der Kämpferin Sophitia letztlich den Pirat zu töten und mit Hilfe des Ninjas Taki, kann sie auch eins der beiden Schwerter zerstören. Jedoch findet der eigentliche Held Siegfried die zweite Hälfte des Schwerts und als Nightmare sorgt er dafür, dass die Welt wieder einmal durch die Kraft von Soul Edge negativ beeinflusst wird. Durch eine kurze Einführung, die das alles erklärt, kann dann auch wirklich jeder Spieler in „SoulCalibur VI“ ohne Bedenken einsteigen. 

Die Geschichten der Seelen

Der Story-Modus Soul Chronicle ist aufgeteilt auf die verschiedenen Charaktere, aber hat in sich auch eine Hauptgeschichte. In dieser folgt man Kilik, der versuchen muss, seine böse Seite, die angetrieben wird von der Kraft von Soul Edge, im Zaun zu halten. Dabei reist er nach einem langen Training direkt zum Kern der bösen Aura und trifft dabei auf verschiedene Charaktere, die man aus der Reihe kennt. Die Geschichte wird dabei meist in Standbildern mit vertonten Dialogen präsentiert. Eine eigentlich nette Ausnahme bilden da die seltenen Zwischensequenzen, die in der In-Game-Engine inszeniert wurden. Insgesamt rund zwei Stunden kann die Hauptstory unterhalten, aber für fast jeden Charakter, darunter auch Gast Geralt, gibt es eine eigene kleine Nebengeschichte, die jeweils für knapp zwanzig Minuten unterhalten können. Wer also wirklich alles erleben möchte, der wird schon gut sieben bis acht Stunden dafür benötigen. Die Geschichten selbst sind leider nicht so unterhaltsam, wie man es erwartet hätte. Es ist immer nur eine Aneinanderreihung mehrerer Kämpfe mit belanglosen Dialogen dazwischen. Teilweise dauert alles dazwischen mit Ladezeiten länger, als der eigentliche Kampf. Das sorgt dafür, dass man irgendwann sehr gelangweilt ist vom Story-Modus. Aber zumindest die Hauptgeschichte sollte man ohne große Langeweile durchgespielt bekommen.

Ein Charakter ohne Charakter

Bei einem Spiel wie „SoulCalibur VI“, wo die Geschichte tatsächlich im Vordergrund der Einzelspieler-Erfahrung steht, kann das ja nicht alles gewesen sein. Deshalb gibt es noch Libra of Soul. In diesem Modus ist kein vorgegebener, sondern ein eigens erstellter Charakter der Protagonist. Für diesen gibt es einen leicht heruntergebrochenen Charakter-Editor, bei dem man nicht nur den Kampfstil basierend auf den Waffen und Moves der vorgegebenen Charakteren, sondern noch viel mehr bestimmen kann. Innerhalb der Geschichte reist man über eine Landkarte zu verschiedenen Orten und muss dort Kämpfe erledigen, in denen man meist noch besondere Missionen erledigen muss. Hier finden sich dann auch die ganzen Modi wieder, die man sonst einzeln aus den anderen Ablegern kennt. Ob Survival oder Legendary Souls – auf die eine oder andere Art erkennt man die Versatzstücke wieder, die den Modus zusammensetzen. 

Durch verschiedene Rollenspiel-Systeme, wie Aufleveln der Waffen, verschiedenes Equipment mit Boni und vielen anderen Elementen, kann man doch einiges an Zeit in diesen Modus stecken. Die Haupt-Funktion des Modus ist aber, dass man in den Dialogen, die leider nicht vertont sind, immer wieder Entscheidungen treffen kann. Je nachdem schließen sich dann Charaktere einem an, man bekommt verschiedene Items oder ändert seine Besinnung zwischen Gut und Böse. Die Entscheidungen fühlen sich auch ganz gut an, wobei sich das Ende nicht stark abändert je nachdem, wie man sich entscheidet. Letztlich ist aber der Ablauf von Soul of Libra etwas langweilig. Man macht sehr schnell immer wieder das Gleiche und die Gegner fühlen sich sehr willkürlich an, da sie ebenfalls einfach nur mit dem Charakter-Editor erstellt wurden.

Übertroffen

Das Entwickler-Team hat sich mit dem richtigen Charakter-Editor, den man außerhalb von Libra of Soul nutzen kann, wirklich selbst übertroffen. Von der Körperform über die Haare, Waffen, Klamotten, Accessoires bis hin zur Stimme kann man wirklich alles am Charakter selbst individualisieren. Zudem kann man alles in der Farbe, aber auch teilweise in ihrer Textur verändern, wodurch jeder Charakter komplett aussehen wird. Es fehlt vielleicht ein wenig an der Auswahl an normalen Klamotten, wodurch die Charaktere oft einen ähnlichen Stil haben, aber insgesamt wird man einfach so viel mit dem Editor machen können, dass man alleine daran mehrere Stunden verbringen kann. 

Clever kombiniert

Aber „SoulCalibur VI” ist im Herzen natürlich weiterhin ein Kampfspiel und kommt mit einem auf Waffen basierenden 3D-Gameplay daher. Jeder Charakter hat neben seiner eigenen Waffe, die sich in Geschwindigkeit, Stärke und mehr unterscheiden, auch ganz eigene Moves. Man muss keine großen Bewegungen dafür auswendig lernen, sondern nur wissen, dass die verschiedenen Richtungen und, wie oft man die Pfeiltasten in Kombination mit den anderen Tasten drückt, bestimmen, welcher Move ausgewählt wird. Sehr schnell bekommt man dadurch wuchtige Combos hin, die nicht nur gut aussehen, sondern sich auch sehr gut anfühlen. Jeder Treffer hat durch audiovisuelle Hinweise ein unglaublich befriedigendes Feedback. Es bringt einfach puren Gameplay-Spaß, den Titel zu spielen und nach kurzer Zeit kann man bereits schöne Combos aneinanderreihen.

Taktische Tiefe

Für Kenner der Reihe gibt es beim Gameplay auch einige Neuerungen. Die größten sind Reversal Edge und Soul Charge. Erstere ist eine per Knopfdruck auslösbare Konter-Attacke, bei der man einen neuen Modus startet, der über ein Schere-Stein-Papier-System funktioniert. Kurz wird die Zeit verlangsamt und die Spieler müssen eine Reaktion wie Angriff oder Verteidigung auswählen und dann schlagen die beiden Kontrahenten aufeinander ein. Basierend darauf, was ausgewählt wurde, wird man getroffen, geblockt oder gekontert. Jeder Charakter hat dabei ganz unterschiedliche Taktiken, da manche Angriffe herausschleudern, bei anderen weicht man aus und wieder andere können damit in eine Combo starten. Es gibt dem Spiel eine ganz neue taktische Tiefe und Erlernbarkeit, die noch einmal mehr belohnt, wirklich alle Charaktere in- und auswendig zu kennen. Der Soul Charge hingegen ist nicht ganz so aufregend und ist lediglich eine Möglichkeit, kurz seinen Charakter aufzupowern, wodurch er stärker angreift oder verschiedene Auren um sich herum hat, die Schaden oder andere Status-Effekte verursachen können. Andere Änderungen finden sich im Detail wieder, sorgen aber letztlich dafür, dass insgesamt auch Veteranen mit „SoulCalibur VI“ eine Menge Freude haben werden. Wer nicht nur lokal kämpfen will, kann sich zudem auch in typischen Online-Modi beweisen. Diese konnten wir aber in der Testphase nur bedingt aufgrund der geringen Spielerzahl ausprobieren.

Episch

Zu einem 3D-Prügelspiel gehört auch eine ansehnliche Optik, die das Spiel durch die Unreal Engine 4 auch erreicht. Stets mit 60 Bildern pro Sekunde prügelt man sich über Stages mit netten Licht-Effekten und viel Motion Blur. Gerade die wuchtigen Spezial-Attacken profitieren davon und sehen spitze aus. Ein absolutes Schmankerl der Reihe ist auch der geniale Sound. Wie kaum ein anderes Prügelspiel schafft es auch „SoulCalibur VI“ wieder einmal ein episches Gefühl durch die Geräuschkulisse zu erschaffen. Seien es der Sprecher, der die typischen Sprüche ablässt, oder Ohrwürmer, die einen direkt mitsummen lassen, alles am Spiel versprüht eine selten gesehene Atmosphäre und macht immer wieder Bock auf mehr. Da ist es fast schon bezeichnend, dass ein Track, wie „Hunt or Be Hunted“ aus „The Witcher 3“, der in der Stage aus dem Gastspiel erklingt, wie die Faust aufs Auge passt.

https://www.youtube.com/watch?v=_sCw3kvSjj0