Das klassische Point and Klick-Adventure erfreut sich gegenwärtig nur mäßiger Beliebtheit und fristet zusammen mit der Rundenstrategie eine Existenz als angestaubte Überreste der Vergangenheit. „Wailing Heights“ versucht mit Musik der 60er und einer Geschichte voller Vampire, Zombies und Werwölfe, Leben in das Genre zu bringen. Den Ausgang dieser Unternehmung klären wir in der nachfolgenden Review.

American Horror Story trifft die Beatles

Der Spieler schlüpft in die Rolle von Frances Finkelstein. Als Manager der Band Deadbeats konnte er große Erfolge feiern, doch dieser Ruhm ist verblasst, nachdem die Band sich aufgelöst hatte und nacheinander alle Bandmitglieder verstorben sind.  Durch verschiedene Auftritte muss sich Finkelstein über Wasser halten und reist aufgrund dessen in die Stadt Wailing Heights. Nach einem Unfall findet sich der abgehalfterte Manager auf der Polizeiwache wieder. Anklagepunkt: Lebendig. Bei dem Versuch seine Unschuld zu beweisen, wird schnell deutlich, dass es sich nicht um eine normale Kleinstadt handelt. Denn Vampire, Werwölfe, Zombies und die untoten Musiker der Deadbeats tummeln sich in Wailing Heights. 

Die abgedrehte Handlung glänzt mit verrückten Figuren deren Interaktionen durchzogen sind von Anspielungen auf die 60er und das Bandleben. Klischees werden aufgegriffen und mit einem Augenzwinkern wunderbar in die Dialoge eingeflochten. Zusätzlich wurden die bekannten Horrorfiguren umgewandelt, sodass sie perfekt in die verzerrte Abbildung dieser Zeit passen. Als Beispiel wurden Vampire in desinteressierte Hipster verwandelt oder Werwölfe präsentieren sich als trinkfreudige Iren. Die eigentliche Handlung ist zwar nicht sonderlich tiefgründig oder innovativ, aber im Falle von „Wailing Heights“ ist der Weg das Ziel und die Mischung aus den verrückten Figuren und spaßigen Dialogen sorgt für einige Lacher. Negativpunkt ist nur die geringe Dauer des Spiels. „Wailing Heights“ ist nicht besonders groß und auch die Handlung ist schnell erzählt, sodass nach drei bis vier Stunden der Abspann läuft.

Künstlerisch wertvoll

Gestützt wird die Handlung durch einen markanten Comicstil, der Horror mit den 60er verbindet und einen Großteil des Charmes ausmacht, den „Wailing Heights versprüht.“ Die eigentliche Spielwelt ist nicht sonderlich groß, aber die Hintergründe fangen das Gefühl dieser Horrorstadt perfekt ein und auch die Charakterzeichnungen sind ebenfalls auf einem hohen Niveau. Die Inszenierung der Handlung orientiert sich ebenfalls an einem Comic. Sprechblasen beinhalten die Gespräche und die Geschichte verschiedener Nebenfiguren wird in Comicpanels oder animierten Comicstrips erzählt. Obwohl die visuelle Präsentation sich bereits auf einem hohen Niveau befindet, stellt sich der Soundtrack als eigentlicher Star des Spiels heraus. 

Nicht nur die 60er wurden in flotte Popsongs gepresst, sondern ein bunter Stilmix untermalt das Abenteuer von Finkelstein. Abseits der Hintergrundmusik wird jede Figur durch einen Introsong vorgestellt und auch gesungene Passagen lockern die Handlung auf. Der Soundtrack setzt viel stärker als die visuelle Darstellung den Ton für das gesamte Spiel und transportiert den Spieler zurück in die Vergangenheit. Allerdings ist das Spiel im Bezug auf seine Präsentation nicht perfekt. Die Animationen sind bewusst etwas reduziert und auf eine zweidimensionale Umgebung angepasst. Diese sind dadurch jedoch nicht flüssig und wirken im laufenden Spiel befremdlich. Die Synchronisation fällt in Teilen ab, denn die Sprecher treffen nicht immer den Ton, sondern übertreiben es in einigen Fällen etwas.

Klassisches Adventure

Im Mittelpunkt des Gameplays steht das „Possesion-Wheel“. Erhält Finkelstein den Namen einer Person und die Gegenstände, die sie am meisten lieben beziehungsweise hassen, kann er ihren Körper übernehmen und erhält Zugriff auf eine besondere Fähigkeit und meist Zugang zu neuen Bereichen der Stadt. Eingebettet wird diese Funktion in simple Kombinationsrätsel und Gespräche. Die Rätsel basieren im Grunde ausnahmslos auf der Suche nach den Gegenständen, die zur Übernahme der Figuren gebraucht werden. Obwohl die Lösung der Rätsel in ihrer Gesamtheit durchaus logisch sind, ist der genaue Ablauf nicht immer ersichtlich und der Spieler kann schnell in einer Sackgasse landen. So spaßig wie die Dialoge geschrieben sind, so spielerisch belanglos sind sie auf der anderen Seite. Eine Strafe für falsche Antworten gibt es nicht und durch simples Durchklicken erlangt man alle relevanten Information. Durch den Fokus der Rätsel auf die Übermahne der Figuren bleiben die Aufgaben auf das Sammeln von Gegenständen beschränkt und nicht die Kombination mehrerer Items, um etwa Physikrätsel aufzulösen. Mehr Variation wäre wünschenswert gewesen. Die Fähigkeiten der Figuren sind ebenfalls nicht der Rede wert, sondern in den meisten Fällen gewähren sie nur Zugang zu neuen Bereichen, verändern aber nicht das eigentliche Gameplay.

Neben den Schwächen im Rätseldesign ist die Bewegung durch die Spielwelt nervig. Im Laufe der Handlung können fünf Figuren übernommen werden, deren Fähigkeiten für die Auflösung der Rätsel relevant ist. Allerdings bleibt der Charakter A in einem solchen Fall einfach an der Stelle stehen, an der er vom Spieler durch Charakter B ersetzt wurde. Nach dem erreichten Fortschritt durch Charakter B muss wieder zurück getauscht werden. Der Wechsel kann nur in nächster Nähe durchgeführt werden also muss zurückgelaufen werden. Dieses nervige Backtracking zieht sich durch das gesamte Spiel und durch die teils unklaren Rätsel können langweilige Laufwege schnell die Spielzeit unnötig strecken. Zwar lässt sich die Bewegungsgeschwindigkeit per Knopfdruck erhöhen, allerdings werden dennoch unnötige Distanzen zurückgelegt.