Bereits mit „The Infectious Madness of Doctor Dekker“ konnte Entwickler D'Avekki Studios ein erstaunlich unterhaltsames FMV-Abenteuerspiel vorlegen und bringt nun den geistigen Nachfolger „The Shapeshifting Detective“ auf den Markt. Kann die Leistung der Schauspieler erneut überzeugen und wurden Änderungen am veralteten Spielprinzip vorgenommen? Wir klären die Fragen im folgenden Review.

Mord in einer verschlafenen Kleinstadt

Die Studentin und Musikerin Dorota Shaw liegt erdrosselt in ihrem Bett. Die örtliche Polizei der Kleinstadt August tappt bei ihren Ermittlungen im Dunkeln. Verdächtig sind drei reisende Kartenleger, die den Mord vorhergesagt haben. Doch sind sie tatsächlich verantwortlich? Privatermittler Sam wird nach August geschickt, um den Mord aufzuklären. Er ist dabei nicht der handelsübliche abgewrackte Privatschnüffler mit Zigarre, sondern verfügt über die Fähigkeit sich in andere Personen zu verwandeln und somit die Verdächtigen zu manipulieren. Wie sich daran erkennen lässt, beinhaltet auch die Geschichte von „The Shapeshifting Detective“ Fantasy bzw. Sci-Fi-Elemente. Reisende und Geister aus anderen Dimensionen, Aliens und Wahrsagung vermischen sich mit der augenscheinlich genretypischen Kriminalgeschichte. Die Befragung von Personen aus Dorotas Umfeld wird durch diese Rahmenbedingungen verkompliziert. Trotz der Möglichkeit, die eigene Gestalt zu verändern, ist unklar wie plausibel die Äußerungen der Figuren bezüglich Aliens und Wahrsagung sind. Dieser Faktor wertet die Handlung auf, denn abseits dessen ist es eine konventionelle Kriminalgeschichte mit den üblichen zwischenmenschlichen Konflikten und Motiven. Negativ ist allerdings die vergleichsweise kurze Spielzeit zu benennen. Bereits nach vier Stunden ist ein Spieldurchlauf beendet. Wiederspielwert soll dadurch erreicht werden, dass der Täter zu Beginn zufällig aus drei möglichen Personen ausgewählt wird und der Spieler versucht alle Filme und Charakterinteraktionen zu sammeln. Allerdings gibt es keinen Indikator, wann dieser Punkt erreicht wird, sodass eigentlich im Trüben gefischt wird. Auch die Zufälligkeit des Täters ist wenig befriedigend, da die in Frage kommenden Figuren als logische Konsequenz der Handlung immer die Hauptverdächtigen sind. 

Wie im Film

Auch „The Shapeshifting Detective“ bedient sich der Arbeit von Schauspielern, um in abgefilmten Sequenzen seine Geschichte zu erzählen. Die Darsteller machen auch in „The Shapeshifting Detective“ einen guten Job und es wird glaubhaft vermittelt, dass jeder der Figuren der Täter sein könnte. Die Inszenierung ist sehr zurückhaltend und bis auf wenige Szenenwechsel interagiert der Protagonist in Frontalgesprächen mit den Figuren. Außerhalb der verbalen Kommunikation findet wenig Interaktion zwischen den Figuren statt und während konventionelle Spiele aus der Egoperspektive ein glaubhaftes Körpergefühl vermitteln können, gelingt dieses Kunststück „The Shapeshifting Detective“ nicht immer, wodurch derartige Szenen etwas hölzern und gezwungen wirken. Dennoch ist positiv anzuführen, dass die Inszenierung durch mehr Bewegung aufgelockert wurde und die Statik der Gespräche durchbrochen wurde. Die Dramatik eines Titels aus dem Hause Quantic Dreams wird zwar nicht erreicht, allerdings vermittelt das vergleichsweise langsame Erzähltempo ohne Zeitsprünge ein Gefühl von Dringlichkeit und fesselt allein durch die gut geschriebenen Dialoge. Die Handlung spielt in den Abendstunden und eine zurückhaltende Beleuchtung unterstreicht die düstere Geschichte. Das Setdesign orientiert sich an dieser Ausrichtung und abseits einiger Wohzimmer und Innenräume, gibt es keine weiteren Standorte. Der Fokus wird klar auf die Gespräche gelegt. Zusätzlich hört der Spieler zwischen den Gesprächen Auszüge aus dem Radio. Dort werden verstörende Geschichten vorgetragen, die zwar die Frage aufwerfen, welcher Radiosender seine Hörer derartiges zumuten würde, aber die Grundstimmung wirksam verstärken. 

Sei wer immer du möchtest

Das Gameplay ist um die gestaltwanderlischen Fähigkeiten des Protagonisten aufgebaut. In Gesprächen erhält der Spieler über vorgegebene Fragen in kleinen Happen Informationen. Sind die angebotenen Fragen erschöpft oder der Gesprächspartner verweigert informative Antworten, kann sich durch einen Abstecher ins eigene Zimmer in eine der Figuren verwandelt werden. Während im Vorgänger alle Fragen einfach nur abgearbeitet werden mussten, gilt es sich bei „The Shapeshifting Detective “ zwischen verschiedenen Alternativen zu entscheiden. Wer die falschen Fragen stellt, wird nicht alle nötigen Erkenntnisse erhalten. Allerdings ist dieses Prinzip nicht einheitlich erkennbar. Mal können alle Fragen stupide abgearbeitet werden, im nächsten Fall heißt es entweder-oder. Dadurch lässt sich der Informationsfluss nicht gezielt oder taktisch beeinflussen. 

Möchte sich ein Verdächtiger nicht über eine Beziehung äußern, wird ein Gespräch mit der Verflossenen möglicherweise seine Zunge lockern. Doch aufgepasst, verrät der Verdächtige seiner scheinbaren Bekannten etwas im Vertrauen und der Spieler konfrontiert ihn in seiner Ursprungsgestalt mit den neuen Erkenntnissen, könnte der Verdacht aufkeimen, dass der Ermittler diese Fähigkeiten besitzt. Aus diesem Grund können bestimmte Fragen gelöscht werden, um keinen Verdacht zu erregen. Allerdings gibt es keinen Indikator dafür, ob die Gesprächspartner Verdacht schöpfen, wodurch das Feature sinnlos ist und nicht gezielt verwendet werden kann. Positiv ist jedoch hervorzuheben, dass sich das Spieltempo deutlich erhöht und die Relevanz der Handlung hervorgehoben wird.

Auch Sherlock Holmes war nicht fehlerfrei

Erreicht der Spieler eine festgelegte Anzahl an Hinweisen, kann er das nächste Kapitel beginnen oder durch Gestaltwandeln weiter nach Hinweisen ermitteln. Es gibt jedoch keinen Indikator wie viele Hinweise gefunden worden. Dieser wäre hilfreich gewesen, denn mit den nötigen Hinweisen, die für den Beginn eines neuen Kapitels nötig sind, ist es nicht möglich einen eindeutigen Täter zu identifizieren. Dieser Umstand ist besonders frustrierend, da auch ein negatives Ende und das Scheitern des Spielers eine Option darstellt. 

Obwohl der Wechsel der Gestalt das essenzielle Spielelement darstellt, ist die Handhabung dieser Fähigkeit alles andere als komfortable. Über ein Menü muss zunächst in den eigenen Raum zurückgekehrt, die gewünschte Person ausgewählt, ein kurzer Audioclip abgewartet und anschließen über das Menü der gewünschte Zielort ausgewählt werden. Erst nach einer Ladezeit kann das eigentliche Gespräch fortgeführt werden. Häufige Wechsel zwischen den Personen sind zwingend notwendig und werden nur unnötig in die Länge gezogen, dabei wäre es ein leichtes gewesen, diesen Prozess zu vereinfachen. Auch die generellen Ladezeiten zwischen einem Szenenwechsel fallen störend auf.