Die Grundfrage von „The Fall Part 2: Unbound“ ist so alt wie das Science-Fiction-Genre selbst. Wird die Menschheit in Zukunft von den geschaffenen Maschinen ersetzt werden? Was macht ein Bewusstsein überhaupt aus? Können Maschinen eigene Entscheidungen treffen? Ob „The Fall Part 2: Unbound“ in diesen überfischten Gewässern noch etwas holen kann, klären wir im Review.


Nichts bindet einen freien Willen

Die Handlung von „The Fall Part 2: Unbound“ setzt genau nach dem Ende des ersten Teil an. Sollte der Spieler die Ereignisse des ersten Teils nicht vor Augen haben, fasst ein kurzer Zusammenschnitt die relevanten Informationen zusammen. Die künstliche Intelligenz A.R.I.D wird von einem unbekannten Nutzer mit einem Virus infiziert. Dieser soll die aufkeimende Selbstbestimmung der KI unterbinden.   Ziel des Spiel ist es nun, den unbekannten Nutzer durch das Netzwerk zu verfolgen und den Virus zu bekämpfen. Losgelöst von ihrer ursprünglichen Programmierung übernimmt A.R.I.D die Kontrolle über verschiedene unbeteiligte Maschinen, um ihre eigennützigen Ziele durchzusetzen. Dabei handelt es sich um einen Roboterbutler, eine Kampfdrohne und einen Eskortroboter. 

Die drei Gefäße verkörpern gewisse Einschränkungen von künstlicher Intelligenz, denen A.R.I.D nicht in diesem Maße unterworfen ist. In diesem Kontext wirft „The Fall Part 2: Unbound“ die Fragen auf, was ein eigenständiges Bewusstsein auszeichnet, welche Faktoren Individualität erschaffen und skizziert den Gegensatz von Mensch und Maschine. Allerdings werden diese Themen nicht aggressiv dem Spieler entgegengeworfen, sondern lediglich durch die wenigen Dialoge und Textlogs präsentiert. Eine eindeutige Antwort liefert die Handlung dabei über weite Strecken nicht und überlässt es dem Spieler, seine eigenen Schlüsse zu ziehen. Allerdings fehlt der größere Zusammenhang, da die eigentliche Spielwelt nicht weiter erläutert wird und auch die Rolle der Menschen in Gestalt eines Megakonzerns nicht weiter ausgeführt wird. Dadurch stehen die verschiedenen Interpretationen des Spielers und die aufgeworfenen Fragen etwas verloren im Raum. Der Konflikt zwischen Mensch und Maschine und die durchaus interessante Frage nach der moralischen Schuld bleiben unbeantwortet. Als zweiter Teil einer geplanten Trilogie wird der Spieler zunächst im Unklaren gelassen, wodurch die Handlung nicht zu einem vollständig befriedigenden Ende gelangt.

Spielerisch Zwiespältig

Das Gameplay setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen. Zunächst wird A.R.I.D durch verschiedene Netzwerke gesteuert. Entfernt lässt sich die Struktur mit einem Metroidvania vergleichen. Sprungpassagen, Erkundung und Gefechte gegen verschiedene Gegnertypen. Die Qualität dieses Segments kann allerdings nicht überzeugen. Der Handlungsort eines Computernetzwerkes präsentiert sich optisch steril und ohne markante Punkte. Auch die Erkundung und Freischaltung neuer Areale durch Gegenstände ist nur rudimentär umgesetzt worden. Die gesammelten Fähigkeiten werden in den Kämpfen faktisch nicht verwendet und auch die eigentliche Kampfmechanik ist langweilig. Der Virus projiziert immer wieder schwarze Wesen, die einfache Projektile auf A.R.I.D feuern. Leuchten sie blau auf, kann mit einer Pistole zurückgeschossen werden. Zwar gibt es auf dem Papier eine handvoll Gegnertypen, doch unterscheiden sich die Bewegungsmuster nicht merklich voneinander. Der lächerlich niedrige Schwierigkeitsgrad sorgt ebenfalls für den geringen Spielspaß.

Rätselspaß mit Hindernissen

Abseits dieser Elemente stellt „The Fall Part 2: Unbound“ die Auflösung von Rätseln in den Vordergrund. Diese sind im Grunde wenig spektakulär und orientieren sich am Genrestandard. Verschiedene Hotspots der Umgebung werden angezeigt und der Spieler kann mit diesen interagieren. Gelegentlich werden Gegenstände eingesammelt und miteinander kombiniert. Dieses eigentlich bewährte Prinzip leidet jedoch ebenfalls an einigen Schwachpunkten. Zunächst kommt es über die gesamte Spieldauer vor, dass ein Großteil der Hotspots keinerlei Bedeutung für das Spiel haben und dadurch unnötig für Irritation sorgen. Auch erschließt sich die Logik und Funktionsweise der Rätsel stellenweise nicht, sondern erst nachdem die Lösung durch stumpfes Rumprobieren gefunden wurden, wird die Intention der Entwickler deutlich. Daran geknüpft ist ebenfalls ein schwankender Schwierigkeitsgrad. Während einige Rätsel vergleichsweise komplizierte, mehrstufige Abläufe erfordern, überraschen andere wiederum durch einen viel zu geringen Schwierigkeitsgrad und lineares Ablaufen der Spielwelt. Im späteren Spielverlauf erfordern Rätsel die gesamte Zusammenarbeit aller drei Leihkörper. Das Spiel macht in diesen Augenblicken nicht ausreichen kenntlich, welches Ziel der Spieler als nächstes ausführen muss und sorgt für einige Verwirrung. Auch die Zusammenarbeit hält sich in Grenzen und ändert an den Logiklücken der Rätsel wenig. Dadurch wird die Schlusssequenz unnötig in die Länge gezogen wird. Auch eine eigentlich spaßige Spielidee wird nicht konsequent zu Ende geführt.

Der erste Leihkörper der KI ist ein Roboter-Butler. Ziel von A.R.I.D ist es, einen Computer im Keller seines Dienstortes zu erreichen und Informationen aus einem PC zu extrahieren. Im Gegensatz zu der ungebundene KI muss der Butler festgelegte Routinen abspulen, von denen er aufgrund seiner Programmierung nicht abweichen kann. Der Spieler muss zur Auflösung der Rätsel neue Situationen provozieren, die den Butler zwingen darauf zu reagieren und Schlupflöcher ausnutzen, um dem eigenen Zielen näher zu kommen. In diesen Sequenzen haben die Rätsel eine eigene Identität und spielen ebenfalls mit den Grundthemen des Spiels. Nach dem ersten Kapitel wird diese Idee weitestgehend verbannt und konventionelle Rätsel rücken an diesen Platz. 

Ich bin Eins

Herauszustellen ist noch ein Aspekt der Kämpfe, der ausgeführt werden muss, wenn der Spieler in die Rolle des Kampfandroiden „One“ schlüpft. Als Zeichen seiner Individualität hat der Blechkumpel asiatische Kampfkunst trainiert. Im Konflikt mit anderen Maschinen muss der Spieler sich in Faustkämpfen gegen diese wehren. Von links und rechts bewegen sich die Maschinen auf den Spiele zu, der mit rhythmischen Schlägen in diese Richtung reagieren muss. Die Frequenz mit denen die Gegner anstürmen und die Tastendrücke ergeben einen Fluss, der an ein Rhythmusspiele erinnert. Weitere Gegnertypen erfordern unterschiedliches Eingabetempo. Dieser Aspekt mausert sich zum anspruchsvollsten und spaßigsten Teil des Gameplays. Die Anzahl solcher Gefechte lässt sich an einer Hand abzählen und lässt den Spieler mit dem Wunsch nach mehr zurück.

Zukunft trifft Gegenwart

Technisch leistet sich „The Fall Part 2: Unbound“ wenige Schlitzer. Die Bildrate bleibt über die gesamte Spieldauer konstant und sorgt für ein flüssiges Spielerlebnis. Die Optik reißt keine Bäume aus, der realistische Look des Spiels und wenig Bewegung auf dem Bildschirm fängt jedoch die Stimmung gut ein, sodass keine negativen Gefühle aufgrund der visuellen Aufmachung aufkommen. Die wenigen Dialogpassagen sind ordentlich synchronisiert und die Sprecher passen zu den verschiedenen Figuren.