Der zweite Weltkrieg wütet in Europa, weitreichende Konsequenzen werden den Kontinent verändern. Die Alliierten haben die Nazis zurückgedrängt und ein Ende der Kämpfe zeichnet sich ab. In einem verzweifelten Versuch verbünden sich die Deutschen mit dunklen übernatürlichen Mächten und bringt experimentelle Waffen an die Front. „Achtung! Cthulhu Tactics“ setzt nicht auf historische Authentizität, sondern orientiert sich an dem gleichnamigen Tabletop-Spiel. Was für ein Spiel auf dieser Vorlage entstanden ist, erfahrt ihr im Review.

Okkulte Machenschaften

Die mysteriösen Vorhaben der Nazis sind den Alliierten nicht verborgen geblieben und ein Trupp Elite-Soldaten wird zur Aufklärung losgeschickt. Die Soldaten werden vor der Landung aufgerieben und nur wenige Männer überleben den Angriff. Allerdings konnten sie eine Funkspruch absetzen, der das Kommando über die Aktivitäten des Orden der Schwarze Sonne und der Schattenwölfe, die geheimen Organisationen der Nazis, abzusetzen. 

Als Reaktion werden Spezialisten, die französische Widerstandskämpferin Ariane Dubois und der Sikh Akhee Singh entsendet. Zusammen mit den geretteten Cpt. Harris bilden sie die Charakterriege, mit denen der Spieler die Geschichte erlebt. Während schon früh im Spiel von Lovecraft inspirierte Kreaturen das Schlachtfeld betreten und einige Mysterien aufgedeckt werden, bleibt die Handlung hinter den Erwartungen zurück. Zwischen den Missionen wird die Erzählung lediglich durch Textblöcke vorangetrieben, die zwar vertont und ordentlich geschrieben sind, aber den Spieler nicht effektiv in die Handlung hineinziehen können. Zu leblos und unspektakulär wirkt diese gewählte Technik und vermittelt nicht effektiv die Bedrohung einer übernatürlichen Macht. Auch innerhalb der Missionen passiert außer einigen Textschnipsel abseits der Kämpfe nicht viel und das Spiel braucht einige Aufträge, in denen absolut nichts passiert, bis die mittelmäßige Geschichte überhaupt in Gang kommt. Der multikulturelle Truppe wirkt auf den ersten Blick interessant, wird über die Spieldistanz jedoch auch nicht ausreichend detailliert gezeichnet, sodass keine Bindung zu den Figuren ensteht. Das Potential der Vorlage wird damit nicht konsequent ausgespielt.

Die Dunkelheit lauert

Im Kern spielt sich „Achtung! Cthulhu Tactics“ wie ein rundenbasiertes Taktikspiel. Außerhalb von Kämpfe können die Gebiete frei erkundet werden und sobald ein Gegner die Truppe erspäht, sind Aktionspunkte für die möglichen Handlungen verantwortlich. Mit diesen lassen sich Aktionen wie Laufen, Schießen, Nachladen, in Deckung hechten oder Spezialfähigkeiten aktivieren. Die genretypischen Mechaniken werden durch die Systeme des Momentums, des Glücks und der Shroud ergänzt. Treffen Fähigkeiten oder setzen die Figuren Todesstöße erhalten sie Momentum. Diese Ressource kann verwendet werden, um weiter zu laufen, Sekundwärwaffen abzufeuern oder Spezialfähigkeiten auszulösen. Befindet sich die Truppe also auf dem Vormarsch hat sie Zugriff auf weitere Fähigkeiten. Dieses System ist ein zweischneidiges Schwert. Bei einer vorausschauenden Spielweise kann sich der Spieler einen weiteren Vorteil herausarbeiten, während im Umkehrschluss daraus jedoch das Problem resultiert, dass der Spieler seltener diese Manöver durchführen kann, wenn er sich in der Defensive befindet. Zusätzlich zu einer ungünstigen Kampfposition und Lebenspunkteverlust wird der Spieler dadurch doppelt bestraft. 

Glück fungiert als eine zweite Lebensleiste, die zuerst abgebaut wird, bis die eigentlichen HP reduziert werden. Glücklicherweise regeneriert sich Glück nach jedem Kampf. Weniger spaßig ist die Tatsache, dass Figuren in Panik geraten, wenn sie Opfer von übernatürlichen Angriffen oder Dauerbeschuss werden und anfangen, unkontrollierte Aktionen durchzuführen. Als letze Mechanik hat der Entwickler den altbekannten Fog of War der Lovecraft-Thematik angepasst. Gegner Innerhalb des Nebels sind schwerer zu treffen und richten mehr Schaden an. Landen die Schergen Chtulhus jedoch im Sichtkegel der Helden, kehrt sich dieser Effekt ins Gegenteil um. Gegner flüchten aktiv in den Nebel, locken den Spieler in Hinterhalte und versucht sich einen Vorteil zu erarbeiten. Zusammen mit verschiedenen Gegnertypen werden die statischen Stellungsgefechte aufgelockert. Nur wenige Probleme trüben diesen soliden Eindruck. Das Spiel ist in den niedrigen Schwierigkeitsgraden etwas zu leicht, was ärgerlich ist, da sich dieser später nicht anpassen lässt. Zusätzlich leidet „Achtung! Cthulhu Tactics“ auch unter dem „XCOM“-Syndrom. Wie ein Schuss aus nächster Nähe und einer Trefferchance von 95% daneben gehen kann, wirkt lächerlich und dieser Fall tritt vergleichsweise oft ein und sorgt für Frust und ungewollte Situationskomik. Nur in diesen Augenblicken scheint das Würfelglück der Vorlage durchzuscheinen. Abgesehen von diesen Kritikpunkten kann das Spiel jedoch mit einem grundsoliden Gerüst punkten.

Im Westen nichts Neues

Neben den Hauptmissionen hat der Spieler die Möglichkeit, Nebenauftrag für zusätzliche Ausrüstung abzuschließen. Ähnlich wie die Hauptmissionen weichen diese Abschnitte selten von einem Tötungsauftrag ab und das höchste der Gefühle ist die Untersuchung eines Gebietes, die jedoch auch zwangsläufig in einen Kampf auf Leben und Tod endet. Außerhalb der Kämpfe gibt es in den Missionen wenig spannendes zu erledigen. Die Gebiete wie Wälder und Bunkeranlagen sind schmucklos und steril gehalten und beinhalten keinerlei interessante Punkte. Wege abseits des Hauptpfades gibt es nur selten und auch dann führen sie immer zu der Hauptmission zurück. Auch die Abstecher in übernatürliche Sphären können nur bedingt überzeugen, da außer ein paar Lichteffekten keine Variation gegeben ist. Allen Umgebungen sieht man ihre Aufgabe als Kampfschauplatz deutlich an. Überall liegen Baumstämme und Steine unnatürlich herum, nur um potentiell als Deckung dienen zu können. 

Verschenktes Potential

Selbstverständlich erhalten Charaktere nach einer Mission Talentpunkte, die in neue Fähigkeiten investiert werden können. Neben typischen Auswahlmöglichkeiten wie zusätzliche Trefferpunkte, Schadenswerte oder Bewegunsreichweite lassen sich alle Figuren in zwei Richtungen ausbauen. Aus der Widerstandskämpferin kann eine agile Nahkämpferin oder eine tödliche Pistolenschützin geformt werden. Neben den Talentpunkten wird die Ausrüstung ebenfalls verbessert, allerdings steht neben der Hauptwaffe lediglich jeweils ein Slot für Modifikationen und Bonusgegenstände zur Verfügung. Das System vermittelt zwar das Gefühl von Fortschritt zwischen den Aufträgen, allerdings lässt es echten Tiefgang und zahlreiche Anpassungsmöglichkeiten vermissen. Erneut muss das Prädikat solide verwendet werden, um die Bewertung in Worte zu fassen. 

Nicht aus dem zweiten Weltkrieg, aber..

Die optische Präsentation ist sehr altbacken. Charaktermodelle sind zumindest optisch noch in Ordnung, aber die detailarmen Gebiete und die niedrig aufgelösten Texturen wirken stark veraltet. Das Sounddesign kann diese Schwächen zum Teil auffangen. Waffen hören sich wuchtig an, egal ob es sich um eine Schrotflinte oder ein schweres Maschinengewehr handelt. Die vertonten Dialoge wurden ordentlich eingesprochen und auch die Sprüche der Figuren innerhalb der Kämpfe können sich hören lassen, wiederholen sich jedoch schnell. Mit Blick auf die Präsentation ist es unerklärlich, wieso der Titel immer wieder an kurzen Verzögerungen leidet, egal ob während der Erkundung oder innerhalb eines Kampfes. Die Steuerung ist anfangs etwas fummelig, geht nach wenigen Minuten jedoch leicht von der Hand.

https://www.youtube.com/watch?v=n4snJv1HSWE