Knapp 20 Stunden nach dem Beginn von „YIIK: A Postmodern RPG“ fühlte ich mich wie der Protagonist Alex zu Beginn seiner Reise. Ein wenig verloren, ein wenig planlos, und ohne genaue Vorstellung, was ich nun von den Ereignissen halten soll. Leider halfen mir weder innere Monologe, noch die Reise durch eine der verrücktesten Welten überhaupt dabei, ein vernünftiges Fazit zu ziehen. Das zurückgebliebene Gefühl ist schwer zu beschreiben, allerdings ist es definitiv ein negatives. Doch fangen wir von Vorne an.

Alex - Allein zu Haus

Nach einigen Fragen, die direkt an den Spieler gestellt werden, beginnt die Geschichte von „YIIK“ mit Alex, der gerade seinen Studiengang auf dem College abgeschlossen hat und wieder zu seiner Mutter zieht, um anschließend einen Job zu finden. Bereits nach der Ankunft soll er Lebensmittel besorgen, die entsprechende Liste wird allerdings von einer Katze gestohlen. Alex folgt ihr in eine verlassene Fabrik, die den Regeln der Realität trotzt. Und das ist ordentlich untertrieben dargestellt, denn der Himmel, das Universum, Pyramiden, endlose Gänge, das Nichts – all diese Erlebnisse gehören zur ersten Stunde des Spieles. Was später noch folgt, ist schier unglaublich und derart surreal, dass wahrscheinlich kein Spiel in diesem Punkt mit dem postmodernen RPG vergleichbar ist.

Schnell lernt Alex eine junge Frau kennen, die in der Fabrik lebt, keine Fahrstühle kennt und von Aliens entführt wird. Als später Bilder von diesem Ereignis im Internet landen trifft Alex neue und alte Bekannte und versucht herauszufinden, was überhaupt geschieht. Leider klingt das ebenso überambitioniert, wie es ausgeführt wird. „YIIK“ möchte eine tiefgründige Geschichte erzählen, leidet jedoch an einem der katastrophalsten Pacing-Probleme, die ein RPG haben kann. Egal mit wem sich Alex unterhält, die Dialoge sind langweilig geschrieben, rezitieren oft Kalendersprüche und versuchen dermaßen, nostalgische Gefühle hervorzurufen, dass die Anspielungen eher peinlich als authentisch wirken. Insbesondere die inneren Monologe strecken diese nahezu unerträglichen Passagen noch weiter. Das ist deshalb tragisch, da das Spiel mitunter lustig und spannend sein kann, diese Momente allerdings viel zu selten vorkommen. Wenn man sich fünf Minuten durch Dialoge klickt, ohne belustigt zu werden oder Plot-Relevante Informationen zu erhalten, lassen sich diese lediglich als Zeitverschwendung abstempeln. Umso trauriger, dass alle Zeilen gut vertont wurden.

Ansammlung von langweiligen Charakteren

Es hilft auch nicht unbedingt, dass Alex ziemlich unsympathisch ist. Natürlich soll das auch anfangs so sein, denn mit jeder Spielstunde entwickelt sich Alex – zumindest scheinbar. Die Charakterentwicklung verläuft ohne echte Überraschungen und ziemlich klischeehaft. Auch die Nebencharaktere schneiden nicht besser ab und der zusammengewürfelte Haufen erinnert eher daran, wie man sie die sogenannten Millenials vorstellt, als authentische Helden zu sein, mit denen man mitfühlt und denen man wünscht, dass sie ihr Abenteuer überstehen.

Selbst die Logik innerhalb der Welt ist definitiv nicht nachvollziehbar. Eigentlich wirkt sie, als sei sie unsere – in Wäldern laufen allerdings Monster herum, Geister verschwinden vor den Augen der Hauptcharaktere und anscheinend kann selbst eine Kamera dazu dienen, Gegner zu besiegen. Diese Verrücktheit zeichnet das Spiel zwar aus, es fehlt allerdings ein Kontext. „Earthbound“ war so verlockend, weil die Welt trotz ihrer Elemente authentisch war und die Charaktere entsprechend reagierten. In „YIIK“ kämpft Alex bereits vor den übernatürlichen Ereignissen gegen Monster und erlebt andere surreale Situationen, was seine Reaktionen auf die in den Plot eingearbeiteten Wendungen leider umso unverständlicher macht. All das ist wahnsinnig schade, denn das Spiel versucht auch extrem sensible Themen anzusprechen, unter anderem Depressionen sowie Selbstmord, schafft allerdings nicht das benötigte Feingefühl, um diesen gerecht zu werden.

Postmodern

Was wäre ein rundenbasiertes Rollenspiel ohne die Kämpfe? Was auch immer das wäre, beim Spielen von „YIIK“ dürfte die Frage über ihre Rhetorik hinaus greifen. Dabei ist die Grundidee solide: Anstatt einfach nur Angriffe auszuwählen, müssen kleine Mini-Spiele absolviert werden. Alex zum Beispiel muss im richtigen Moment Stellen auf einer Schaltplatte treffen und kann dadurch sogar einen zusätzlichen Angriff ausführen, während der Fotograf im passenden Moment verschiedene Knöpfe drücken muss. Schafft man das nicht, gilt der Angriff als gescheitert. Gleichzeitig kann man auch den Schaden, den die Helden einstecken würden, reduzieren oder gar negieren, wenn das Timing beim Verteidigen stimmt. Diese durchaus kreativen Angriffsmethoden bringen für wenige Kämpfe Abwechslung mit, die Schattenseiten werden allerdings schnell deutlich.

Man stelle sich vor, ein kurzes Mini-Spiel zu absolvieren. Das macht Spaß, doch was ist, wenn man dieses gleich 10 Mal ausführen muss? Kombiniert mit dem klassischen Grinden in einem JRPG wünscht sich der Spieler regelmäßig, das ganze Prozedere verkürzen zu können. Das würde auch die Kämpfe selber nicht so langwierig gestalten, denn mehrere Minuten für einzelne Feindesbegegnungen zu verschwenden gehört zum normalen Spielablauf. Zwar verbessern sich die Angriffe mit der Zeit, sie strecken das Spiel aber viel zu lang und werden bereits kurz nach der Einführung zu einem Hindernis, anstatt die Kämpfe frisch und motivierend zu halten.

Alles nur im Kopf

Wer seine Charaktere aufleveln will, kann dies nur im sogenannten Mind Palace tun. Die Idee ist interessant, denn anstatt einfach nur Fähigkeitspunkte zu verteilen, muss Alex an vier Türen pro Ebene jeweils Statuswerte wie Leben, Stärke und weitere einsetzen, und anschließend durch die Türen gehen, um sie um den angezeigten Wert zu erhöhen. Manchmal gibt es sogar kostenlose Bonuspunkte, und wer 100 Erfahrungspunkte ausgibt, darf die nächste Ebene betreten – das Level wird hier wörtlich genommen. So gut das auch klingt, im Endeffekt würde es ebenso gut funktionieren, die Punkte in einem Menü zu verteilen. Das beweist erneut, wie kreativ die Macher sind und was für wunderbare Ideen sie in den Titel eingebaut haben. Diese Ideen fügen sich aber als Spielmechaniken nicht gut ein und sorgen erneut dafür, dass das Spiel unnötig in die Länge gezogen wird. Das Aufleveln der Freunde ist derweil überraschend klassisch geraten, allerdings geschieht dies an einem Hebel im Mind Palace, sodass man stets dorthin zurückkehren muss.

Unglaubliche Welt

Kaum zu glauben, aber in den bisherigen Zeilen wurde gar nicht genug betont, wie verrückt die Welt von „YIIK“ ist. Anfangs geht es noch durch eine normale Stadt, später weiß man gar nicht mehr, ob die Räume nun begehbar oder surreale Kunstwerke sind. Hier schafft es das Spiel, konsequent zu überraschend und nur diejenigen, die sich auf das verrückte Design einlassen, werden immer wieder begeistert. Es ist ein spezieller Stil, und der Sinn dahinter lässt sich regelmäßig hinterfragen. Dennoch haben die Macher hier ihre volle Kreativität ausgespielt und einen Aspekt geschaffen, bei denen kein anderes Studio ihnen so schnell das Wasser reichen kann. Auch der Artstil, der moderne Elemente mit Inspirationen vom N64 verbindet, ist einzigartig. Leider können die abgehackten Animationen sowie farblich intensiven Bilder bei einigen Spielern Kopfschmerzen verursachen, weshalb am besten Gameplay gesichtet werden sollte, bevor man zuschlägt. Auch die Menüs sind optisch eher abschreckend, wobei sie übersichtlich bleiben.

Umso ärgerliche, dass die Navigation nicht immer geglückt ist. Die Steuerung von Alex ist etwas zu ungenau und ihn perfekt zu positionieren, um Schilder zu lesen oder sich mit Charakteren zu unterhalten, kann zur Qual werden. Auch ansonsten können einige Bugs vorkommen, am schlimmsten sind allerdings die Ladezeiten. Diese sind auf PlayStation 4 nicht so gravierend wie auf anderen Plattformen, da sie jedoch nicht nur beim Gebietswechsel, sondern auch vor jedem Kampf auftauchen, muss man sich damit abfinden, dass sie den Spieler stets begleiten. Besser sieht es da schon bei der Musik aus, für die namenhafte Künstler der Industrie engagiert wurden, und das hört man auch. Im Soundtrack befinden sich einige Ohrwürmer, die auch die längeren Kämpfe erträglicher machen und wahrscheinlich die größte Stärke an „YIIK“ darstellen.