Wenn ein Spiel den Spieler durch seine Präsentation vollends in seinen Bann ziehen möchte, darf es vor allem eines nicht machen: ihn durch spielerische oder technische Macken wieder aus dem Erlebnis herauswerfen. „Vane” hat diese einfache Grundregel leider komplett missachtet, wie unser Review zeigt.

Fesselnd

So wie „Vane” startet verspricht es von der Inszenierung her viel, deutet jedoch spielerisch schon Macken an, die sich im späteren Verlauf des Spiels noch deutlich schlimmer äußern. Als Kind startet man mitten in einem heftigen Sturm. Die Landschaften sind alle bewusst recht kantig gestaltet, doch der Stil geht vollends auf, wenn man erst einmal Bewegung sieht. Vom Sturm heben sich ganze Platte vom Boden, flattern im Wind, bevor sie raus gerissen werden. Jegliche Bewegungen erinnern ein wenig an einen Stop-Motion-Film, was besonders später bei einigen äußerst beeindruckenden Szenen, von denen wir an dieser Stelle mal behaupten wollen, dass es sie so in der Form noch nicht gab, sehen wird. Doch dann merkt man, dass die Entwickler nicht in allen Punkten diesen Bombast liefern können. Unsichtbare Wände hindern am freien Erkunden, die träge Steuerung zerrt an der Geduld, und ständig kann man an irgendwelchen nicht ersichtlichen Ecken hängen bleiben. Wie dann diverse Design-Entscheidungen das Fortschreiten unnötig erschweren, kann man sehr gut an der nächsten Szene sehen, die sich in ähnlicher Form auch später zeigt.

Allein gelassen

Im zweiten Kapitel ist man plötzlich ein Vogel, der auf einem Ast sein Abenteuer beginnt. Wir fliegen los, und erkunden zuerst die sehr große, offene Spielwelt. Eine große Wetterfahne, recht zentral gelegen, erweckt unser Interesse. Man kann darauf landen, doch nichts geschieht. In der Ferne lockt ein Blinken, und wenn wir uns diesem nähern, leuchten die Bildränder auf und geben damit einen Hinweis, dass wir auf der richtigen Fährte sind. Um ein kleines Konstrukt herum sind weitere Vögel. Wir landen darauf und Zwitschern, und die Vögel gesellen sich zu uns. Das Konstrukt bewegt sich und gibt einen Windanzeiger frei, der in Richtung der Wetterfahne deutet. Also wieder zurück, darauf landen, und auch zwitschern. Es geschieht nichts. Weitere Erkundungsflüge führen zu weiteren Konstrukten, die wir auf die gleiche Weise aktivieren, und jedes Mal überprüfen wir, ob wir jetzt bei der Wetterfahne etwas ausrichten können, denn einen Hinweis darauf, dass man alle Windanzeiger gefunden hat, gibt es nicht. Der nächste Erkundungsflug endet abrupt, denn wenn man den Rand der Spielwelt erreicht, wird der Bildschirm plötzlich schwarz und wir sind wieder auf dem Ast vom Beginn des Kapitels. Jetzt blinkt seltsamerweise wieder das erste Konstrukt, obwohl es noch aktiviert ist, und jetzt erst gibt uns das Spiel den Hinweis, dass man hier einen Button drücken soll, was wir glücklicherweise zuvor selbst heraus gefunden haben. Wir erkunden weiter und stellen fest, dass man unter manchen Felsvorsprüngen dank unsichtbarer Wände nicht durch fliegen kann, an anderer Stelle aber durch ganze Tunnel hindurch kommt. Nach langem umher fliegen ohne Ergebnis landen wir wieder auf der Wetterfahne und zwitschern. Es passiert nichts, doch als wir dann auf einer anderen Stelle der Wetterfahne landen und es noch einmal probieren, triggern wir die nächste Szene. Es war reiner Zufall, dass wir an anderer Stelle erneut gelandet sind. Einen Hinweis darauf, dass eine andere Positionierung uns weiter bringt, gab es nicht.

Beispielhaft

Die Beschreibung aus dem vorherigen Absatz kann man stellvertretend für weitere Kapitel nehmen. Es ändern sich zwar stets die Mechaniken, aber sie alle bringen die gleichen Probleme mit sich. Die Orientierung fällt schwer, Bugs und Designfehler vermiesen einem das Erlebnis. Man kann unzählige weitere Beispiele für Wow-Momente, die direkt zerstört werden, nennen. So sieht es sehr beeindruckend aus, wenn sich der Boden in Puls-artigen Schockwellen hebt und senkt. Wenn der Boden aber dabei das Kind nicht mit anhebt sondern dieses einfach zur Hälfte im vermeintlich festen Untergrund verschwindet, kann man nur noch mit dem Kopf schütteln. Darüber hinaus werden solche Momente manchmal auch etwas zu lang hin gezogen, denn selbst am tollsten Moment sieht man sich einmal satt.

Faszination

Trotz alle dem möchte man das Spiel einfach mögen. Jedes neue Kapitel begeistert auf seine Art, sowohl durch die beeindruckende Architektur, als auch durch die Geschehnisse. Die Entwickler verstehen es voll und ganz, wie man ohne Worte eine Geschichte erzählt und diese entsprechend präsentiert. „Vane” ist ein Spiel, das Fans vergleichbarer Titel in Bezug auf Präsentation wie „Journey” oder „Abzu” vielleicht auch dann zu Ende bringen sollten, wenn die Macken auch spürbar sind. Die ungefähr fünf Stunden kann man durchaus aufbringen!