Einige Spieler werden auf den ersten Blick in „Outward“ ein unterhaltsames Rollenspiel der alten Schule sehen. Andere erwarten ein spaßiges Mehrspieler-Abenteuer. In Wahrheit entpuppt sich der Titel aber als hartnäckiges, gnadenloses Survival-RPG, das jede Chance nutzt, um unachtsame Spieler zu bestrafen. Ob das wirklich Spielspaß erzeugt?

Der mutige Abenteurer

Eine richtige Geschichte gibt es in „Outward“ gar nicht. Vielmehr überleben die Spieler ein Schiffsunglück, das nicht etwa in Zwischensequenzen gezeigt, sondern lediglich per Text erklärt wird. Nach einigen Minuten findet sich der Protagonist in seinem Heimatdorf wieder, wo er von einer wütenden Menge erwartet wird. Anscheinend muss er regelmäßig Tribut an das Dorf zahlen, da seine Familie durch eine Blutschuld dem eigenen Clan etwas schuldig ist. Nur fünf Tage bleiben ihm, Rückzahlungen von mehreren Monaten einzutreiben.

Diese Grundsituation dient nur als Einleitung und schon danach, oder sogar währenddessen, wollen die Macher den Spielern freien Lauf bieten. Eine richtige Hauptquest fehlt, und es geht auch nicht um die Rettung der Welt. Vielmehr ist der Protagonist ein Abenteurer, der in die Welt loszieht und schaut, welche Überraschungen ihn erwarten. Damit orientiert sich der Titel viel mehr an Survival-Spiele und weniger an RPGs, bei denen ein Handlungsstrang den roten Faden liefert.

Uninspirierte Welt

Die Welt ist durchaus interessant gestaltet und bietet zahlreiche Ortschaften. Von Städten über weite Wiesen bis hin zu Eislandschaften und dunklen Höhlen wird alles geboten, was man sich von einer offenen Welt so wünschen würde. Zumindest, wenn die Ansprüche niedrig gesetzt werden, denn die Kulisse selbst erweist sich nach einigen Stunden als eine der größten Enttäuschungen. Leere Weiten, generische Verließe und keine wahren Attraktionen bestücken das Land, weshalb es eher die Belohnungen sind, die zum Erkunden einladen. Auch nach vielen Stunden sticht kein Ort aus der Masse heraus, was insbesondere deshalb schade ist, weil interessante Umgebungen eine Belohnung für das harte Überleben wären.

Überlebenskampf

In „Outward“ wird der Spieler für jeden Fehltritt bestraft. Giftige Beeren gegessen? Zu wenig geschlafen? Das Camp unbewacht gelassen? All diese durchaus realistischen Gegebenheiten müssen bedacht werden, denn sie können den Fortschritt ordentlich zurückwerfen. Dabei kann der Spieler gar nicht sterben, vielmehr wacht man an einem sicheren Ort auf und wird hart erarbeitete Gegenstände oder Gold opfern müssen. Einfach den letzten Speicherstand laden? Geht nicht, denn es gibt nur einen Speicherplatz pro Spielstand, der nach so gut wie jeder Aktion automatisch überschrieben wird.
Das wird viele Spieler frustrieren, denn viele Aspekte bedenkt man gar nicht. Wann hat sich jemand beim Spielen schon gedacht „Jetzt muss der Charakter schlafen gehen“, ohne dass einfach die Tageszeit geändert werden sollte? Das Spiel ist sehr realistisch gehalten, erklärt gleichzeitig seine fiesen Tricks nicht. Vielmehr ist es von den Machern so gewollt, dass Spieler in genau diese Fallen tappen, bestraft werden und direkt aus diesen Situationen lernen. Das gleicht einer sehr steilen Lernkurve und auch nach zehn Stunden bleibt es schwierig, einen geregelten Spielrhythmus zu finden. Wer sich dem hingibt, wird allerdings eines der durchdachtesten Survival-Spiele überhaupt finden.

Ausführliche Anleitung

Bereits das Tutorial, das vom Hauptspiel abgekoppelt ist, dauert über eine halbe Stunde an und verrät zumindest, welche Mechaniken sich hinter dem Abenteuer verbergen. Dieses sollte man auch unbedingt abschließen, denn dadurch wird bereits die erste Hürde entfernt. Ansonsten läuft das Spiel recht klassisch ab, denn der Spieler muss Geld verdienen, sich bessere Ausrüstung kaufen um daraufhin noch mehr von der Welt zu erkunden. Dann entfaltet sich sogar etwas wie ein roter Faden, doch das Herzstück bleibt das Leben als Abenteurer. Da es sogar dynamische Szenarien gibt, die von den Aktionen des Spielers beeinflusst werden, wird Wiederspielwert erzeugt – genauere Detail dazu würden aber in Spoilern resultieren.

Krankheit und Diebstahl

Um sich gegen Krankheiten und allerlei Gefahren zu wappnen, ist der Rucksack überlebenswichtig. Tatsächlich gibt es viele von ihnen, und auch hier wurde an den Realismus gedacht. Wer einen Kampf betritt, obwohl er sein Inventar noch trägt, kann schlechter ausweichen und wird fast immer den Kürzeren ziehen. Das ist sperrig, macht aber den Charakter von „Outward“ aus. Hinter jedem Bestandteil, jeder Mechanik und jeder Idee stecken realistische Verbindungen, sodass ein regelrechtes Netz aus Wechselwirkungen besteht. Möchte man im Feien schlafen und sich der Gefahr aussetzen, überfallen oder beklaut zu werden? Oder doch lieber ins nächste Dorf watscheln, nur um dort übermüdet aufzutauchen und wohlmöglich sogar krank zu werden? Es gibt selten einen richtigen oder falschen Weg, denn jede Aktion hat sowohl positive als auch negative Auswirkungen.

Weiterhin gibt es gar keine klassischen Level. Jeglicher Fortschritt besteht nur aus den Waffen, der Rüstung und den Items, die man im Laufe des Abenteuers findet. Nach vielen Stunden ist man zwar stärker, das liegt aber nicht etwa an Statuswerten, sondern lediglich an den gefundenen Gegenständen. Das funktioniert überraschend gut, da auch die Spieler zusammen mit dem Hauptcharakter lernen, und die Erfahrung über jede Überlebensmechanik ist deutlich wichtiger als einfach nur stärker zu werden.

Steife Schadenstänze

Das Kampfsystem ist leider eine große Schwäche. Es gibt durchaus viele Aktionen, sei es durch verschiedene Waffen oder langsame, dafür effektive Ausweichbewegungen. Leider bleibt das System sehr steif, die Schlaganimationen wirken wie zwei Generationen alt und Hitboxen sind lächerlich undefiniert. Dadurch macht es auf Dauer kein Spaß, sich den Gegnern zu stellen und man möchte viel lieber ausschließlich das Leben im Freien genießen, was durch die vielen Feinde allerdings nicht möglich ist.

Der Spieler darf auch Zauber lernen. Hier wurden leider zu viele Stoplersteine gelegt, denn anstatt sofort Zauber zu lernen geschieht das in mehreren Schritten. Somit muss man erneut zahlreiche Stunden investieren, nur um sich wirklich auf die Magie verlassen zu können. Wo die Survival-Aspekte noch durch entsprechende Belohnungen motivieren, sind die Zauber nicht wichtig genug, um ihnen nachzugehen.

Mehrspieler-Erkundung

Was fehlt so einem hartnäckigen Survival-RPG also noch? Natürlich, der kooperative Mehrspieler-Modus. Die gesamte Welt lässt sich mit einem Freund bereisen, sowohl online als auch über den Splitscreen. Eine allzu große Innovation ist das zwar nicht, wie so häufig wird es allerdings deutlich unterhaltsamer, wenn man sich zusammen mit einem Partner den Gefahren der Welt stellen darf. Der wohl größte Pluspunkt ist die Möglichkeit, sich gegenseitig wiederzubeleben, was die Spielgeschwindigkeit drastisch erhöht und Strafen lindert. Oftmals wird man dennoch zu zweit leiden, dich dafür aber auch gegenseitig unterstützen und an Mechaniken erinnern können.

Es sollte definitiv bedacht werden, dass man am meisten Spaß hat, wenn man das Abenteuer zusammen mit jemandem startet. Zwar ist es möglich, dass ein Partner mittendrin einsteigt und wer seine Ausrüstung teilt, wird auch schnell zwei gleichwertige Helden losziehen lassen können. Allerdings ist es eben die Erfahrung, alle Tücken gemeinsam zu erlernen, die den großen Reiz ausmacht.

Aus einer anderen Zeit

Machen wir uns nichts vor: „Outward“ ist kein schönes Spiel. Dank des Artstils können einige Szenarien sehr schön aussehen, von den verwaschen Texturen über die hässlichen Charakterdesigns gibt es allerdings nichts fürs Auge. Viel schlimmer sind die Animationen, die derart unnatürlich wirken, dass man bereits auf PlayStation 3 nur wenige Spiele mit solchen Mängeln gesehen hat. Auch die Bildrate fällt dank Ruckler negativ auf, lange Ladezeiten komplettieren das Paket.

Dabei ist die Farbgebung durchaus schön geraten, und sowohl die Wettereffekte als auch die Natur selbst sorgen für Atmosphäre. Der Soundtrack ist ebenfalls sehr gut geraten, wird allerdings nicht dynamisch eingesetzt. Dadurch wird selbst das Laufen durch ein normales Haus mit viel zu epischen Lieder untermalt, was einen aus der ansonsten gelungenen Atmosphäre herauszieht.