Es hätte wohl niemand gedacht, dass Scott Cawthon einmal einer der berühmtesten Entwickler der Indie-Horror-Szene werden würde. Nachdem das Design einer als niedlich gedachten Figuren als unheimlich beschrieben wurde, gab der Mann nicht auf und entwickelte kurzerhand das mittlerweile berühmte „Five Nights At Freddy’s“, das die Tiere in Form von Animatronics in das passende Genre versetzte. Es folgen mehrere Fortsetzungen, Spin-Offs und sogar Bücher, die die Geschichte immer stärker erweiterten, und sogar ein Kinofilm ist in der Mache. Nun erschien das VR-Ableger „Five Nights at Freddy’s: Help Wanted“, bei dem diejenigen, die die Reihe nur von Videos kennen, laut losstöhnen. Wer dem Trip durch die Reihe allerdings eine Chance gibt, darf sich auf eines der besten Horror-Spiele in der Virtuellen Realität freuen.

Der neue Beta-Tester

Im Gegensatz zu den vorherigen Teilen wird der Spieler nicht etwa zu einem Angestellten der verfluchten Restaurantkette, in der Kinder getötet werden, die fortan als verlorene Seelen die Animatronics von Freddy und Co. einnehmen, um Angestellte zu töten. In Wirklichkeit spielt man einen ganz normalen Menschen, der sich in die virtuelle Welt begibt, um mit den Lügen der Horror-Geschichten aufzuräumen. Eine bekannte Stimme erklärt nämlich, dass man sich in einem VR-Spiel befindet, in dem diese Lügengeschichten zum Leben erweckt werden. Fortan darf man sich in die zahlreichen Ortschaften der Reihe stürzen und mit eigenen Augen sehen, wie furchterregend die Räume wirklich sein können.

Bereits mit seiner Einleitung überzeugt die scheinbar dünne Geschichte, in der lediglich die vergangenen Ereignisse aufbereitet wurden. Der humorvolle Ton gepaart mit düsteren Bildern und einigen Witzen in Form von AGBs erinnern stark an „Five Nights at Freddy’s: Sister Location“, das sich von den durchgängig ernsten Horror-Geschichten gelöst hat, ohne der Atmosphäre zu schaden. Wie immer soll natürlich nichts verraten werden, doch wer sich mit der übergreifenden Handlung auskennt, wird immer wieder kleine Unterschiede entdecken und einige neue Szenen erhaschen, die extrem überraschend sind und das bereits sehr ausgefeilte, und leider auch etwas überfüllte Universum noch komplexer und beeindruckender machen.

Mehr als nur fünf Nächte

Das Gameplay lässt sich gar nicht so genau festlegen, denn der Spieler darf in gleich sieben Szenarien mehrere Nächte und Jobs erledigen. Der Start dürfte „FNAF 1“ sein, in dem man sich in den Raum begibt, in dem alles begann. Vor dem Spieler ist ein Bildschirm sowie einige Schaltflächen aufgebaut, mit denen man das Bild der im ganzen Restaurant verteilten Kameras einfangen kann. Passenderweise sind die Schalter so aufgebaut, dass sie den Grundriss des Gebäudes anzeigen. Das ist dringend notwendig, denn die Roboter entwickeln ein Eigenleben und versuchen, in den Raum des Spieles einzudringen. Der Spieler muss also zwischen den Kameras wechseln und vor allem beobachten, wo sich die mechanischen Tiere hinbegeben. Die einzige Verteidigung sind zwei Lichtschalter an jeder Tür, sowie entsprechende Knöpfe, um diese zu verschließen. Das verbraucht allerdings Strom, der auf keinen Fall ausgehen darf, solange die Nachtschicht nicht vorbei ist.

Das Spielprinzip selbst ist simpel, aber überaus effektiv. Man beobachtet die Feinde mit höchster Spannung und muss zeitgleich darauf achten, nicht zu verschwenderisch mit seiner einzigen Ressource umzugehen. Glücklicherweise fällt das Spielprinzip deutlich leichter aus, als noch im ersten Serienteil. Die Feinde bewegen sich langsamer und extrem präzise Eingaben sind so gut wie niemals notwendig, sodass die Steuerung per Move-Controller wunderbar funktioniert. Der Schreck, sobald man von einem der berüchtigten Jumpscares erwischt wird, ist derweil genauso furchtbar, wie man es erwartet.

Intensiver dank VR

Natürlich gilt das starke, kurzweilige und intensive Spielprinzip auch für die normale Version von „Five Nights At Freddy’s“, wieso sollte man also zur VR-Version greifen? Die Antwort wird recht schnell offensichtlich, denn die Atomsphäre ist sehr viel dichter. Man schaut nicht mehr nur auf den begrenzten Teil des Raumes, sondern kann sich umschauen, viele Objekte in die Hand nehmen und sogar ein wenig aus dem Raum herausschauen. All diese kleinen Immersionsförderer sorgen dafür, dass auch Kenner der Reihe ein neuer Erlebnis genießen dürfen.

Prequel und Sequel

Die nächsten beiden Menüpunkte decken die beiden direkten Fortsetzungen ab. „Five Nights At Freddy’s 2“ lässt sich gut als konsequenter Nachfolger beschreiben, denn das Spielprinzip wird durchweg erweitert. Der Teil ist sogar noch unheimlicher in VR, denn der Spieler befindet sich in einem offenen Raum, dafür gibt es aber zwei Schächte an den Seiten, durch die die Animatronics kommen können. Noch schlimmer ist der große Gang geradeaus, von dem aus sich Freddy und seine Freunde dem Machtlosen nähern. Türen gibt es ebenso wenig wie Strom, dafür eine große Maske, die einen zwar schützt, jedoch nicht lange getragen werden darf. Durch die ständigen Bewegungen sowie die Handhabung einer Musikbox entsteht ein völlig verändertes Spielerlebnis im Vergleich zu den vorherigen Teilen, das zwar etwas einfacher ausfällt, dafür ebenso atmosphärisch bleibt.

Etwas umstrittener dürfte die Umsetzung des dritten Teiles sein, der zwar ebenfalls mit Kameras spielt, dafür seinen Fokus auf ein Schacht-System sowie Wartungsarbeiten legt. Auch der Horror-Faktor nutzt verstärkt Jump-Scares, was selbst für die Reihe etwas übertrieben daherkommt. Zudem gibt es nur einen Animatronic, was die Vielfalt zurückschraubt. Dafür ist die Ortschaft noch düsterer geraten, und die Soundeffekte ergeben den insgesamt unheimlichsten, wenn auch spielerisch schwächsten Teil.

Kontrollierter Horror

Wer sich an ein gewisses Mini-Spiel aus dem vierten Serienteil erinnert, der wird sich in den sogenannten Dark Rooms heimisch fühlen. In den ersten beiden müssen Puppen durch eine Taschenlampe am richtigen Punkt angehalten werden, die restlichen beiden stellen derweil neuartige Ideen dar. Die Level sind kurz, allerdings wunderbar atmosphärisch und eine gelungene Abwechslung zum ansonsten traditionellen Gameplay.

Die Parts and Service-Abteilung dreht sich derweil ganz um die Wartungsarbeiten an vier Animatronics, wobei der Spieler hier den Anweisungen des Erzählers genauestens folgen muss, um nicht von den Robotern verschlungen zu werden. Hier gibt es wunderbar groteske Anspielungen auf die brutale Geschichte der Reihe, während es einen unglaublichen Nervenkitzel erzeugt, die Roboter von innen zu sehen. Ebenso nervenaufreibend sind die beiden Vent Repair-Level, in denen man Mechanismen aktivieren und kleine Schalträtsel lösen muss, während man von den zwei wohl furchterregendsten Gegnern beobachtet wird.

Der wahre Terror

Die Night Terrors erinnern stark an den vierten Hauptteil, spielen sich allerdings nur bedingt so und finden vielmehr in demselben Kinderzimmer statt. Das wird spätestens in einer simplen aber unterhaltsamen Mission deutlich, in der man sich vor Babys verstecken muss. Insgesamt ist jeder einzelne Modus abwechslungsreich, wunderbar umgesetzt und wird sowohl Neulinge als auch Fans bestens unterhalten. 

Natürlich darf ein Hard-Mode nicht fehlen, der sich je nach Sektion unterscheidet. Von der berüchtigten fünften Nacht bis hin zu noch merkwürdigeren Abwandlungen der Missionen warten hier sehr gelungene Überraschungen auf den Spieler. All das ergibt das bislang umfangreichste Spiel der Reihe, das keinerlei Tiefpunkte besitzt und gleichzeitig zu den besten Horror-Abenteuern in VR gehört.

Beeindruckendes Paket

Das wird umso mehr deutlich, wenn man sich noch intensiver mit dem Spiel beschäftigt. Überall wurden nämlich Kassetten versteckt, die die Geschichte vorheriger Beta-Tester enthüllen und zugleich wie ein Neustart für die Reihe wirken. Das übergreifende Mysterium ist wahnsinnig interessant, und sogar eine neue Figur feiert hier ihr Debüt. All das mündet in einem unfassbar fesselnden Finale, das leider auch sehr offen geraten ist und mehr Fragen als Antworten aufwirft.

Für das Beenden der Level erhält der Spieler derweil Spielzeuge, mit denen er im Menü interagieren kann. Die Liebe zum Detail ist schlichtweg beeindruckend und wie in fast jedem VR-Titel bereitet es bereits Freude, sich die Gegenstände anzuschauen, sie durch die Gegend zu werfen und weitere Geheimnisse aufzudecken. Gepaart mit den immens unterhaltsamen Leveln wird hier jeder glücklich, der mit Horror etwas anfangen kann.

Starke Umsetzung

Selbst bei der technischen Umsetzung gibt es nichts zu meckern. Das Tracking funktioniert wunderbar, die Optik ist überraschend scharf und jeder einzelne Raum wurde gut in VR umgesetzt, das man gar nicht mehr zur normalen Version zurückkehren möchte. Natürlich bleiben Freddy und seine Freunde die Stars und sie hautnah zu beobachten, ihre Bewegungen vor einem zu sehen und natürlich die Jumpscares direkt vor dem Gesicht zu haben sind Erfahrungen, die jedes Fanherz höher schlagen lassen. Da verzeiht man den Machern den etwas enttäuschenden Soundtrack gerne, denn in Sachen Soundeffekte haben sie sich selbst übertroffen, und auf die Geräusche zu achten wird zu einem wichtigen Gameplay-Aspekt