Als Videospieler hat man viele verschiedene Möglichkeiten, sich an ein Lenkrad zu setzen. Eher seltener ist es aber das eines Busses, was der „Bus Simulator“ jetzt endlich mal wieder ermöglicht. Und dass das mehr Spaß macht, als man denkt, zeigt unser Review!

Nachunternehmer

Eine Stadt ohne öffentlichen Nahverkehr kann man sich heutzutage kaum vorstellen. Dennoch hat Seaside Valley diesen vor einiger Zeit eingestellt. Doch mit dem eigenen Busunternehmen soll der Spieler jetzt beweisen, dass der Bedarf da ist. Zuerst erteilt die Stadt die Erlaubnis, ein paar Haltestellen in einem Stadtteil weit abseits des Zentrums zu reaktivieren. Erfüllt man Vorgaben, erarbeitet man sich Stück für Stück den Zugriff auf die ganze Stadt.

Einzelunternehmer

Nachdem man seinem Unternehmen einen Namen gegeben und den eigenen Fahrer erstellt hat, wird vom Startkapital der erste eigene Bus erworben. Eine ordentliche Einführungsfahrt erklärt alle notwendigen Grundlagen, vom Starten des Busses bis hin zum Verkauf von Tickets. Schon hier merkt man, dass man sein ganzes Wissen aus Rennspielen über Board werfen kann. Beschleunigung, Bremsweg und vor allem Kurven erfordern eine sehr vorausschauende Fahrweise.

Auch der Straßenverkehr, der eine glaubwürdige Dichte aufweist, trägt dazu bei. Vor allem hält sich dieser zum Großteil sehr gut an die Straßenverkehrsordnung. Einem an einer Haltestelle links blinkenden Bus wird Platz gemacht, und ist die andere Seite der Kreuzung voll, bleiben die KI-Fahrer auch vor einer grünen Ampel stehen anstatt einfach in die Kreuzung hineinzufahren und diese zu blockieren. Einzig vor rechts-vor-links-Kreuzungen sowie Vorfahrtsstraßen ist nicht immer ganz nachvollziehbar, wer wann warum fährt, so dass man sich nach den anderen Fahrzeugen richten muss. Vermutlich hat einfach einer dem anderen per Handzeichen angezeigt, dass er fahren darf – als Spieler sieht man das natürlich nicht.

Anpassbar

Die Entwickler haben es verstanden, von Simulations-Profis bis hin zu Reinschnupperern allen Interessierten das Spiel zugänglich zu machen. Eine Vielzahl von Einstellmöglichkeiten lässt von realistisch bis locker alles zu. Man kann im Busdepot starten, erst in den Bus einsteigen, diesen starten und dann zur ersten Haltestelle fahren, oder aber mit laufendem Motor direkt vor dieser stehen. Der Straßenverkehr kann verringert, Ereignisse wie blockierte Türen und vermüllte Busse können deaktiviert werden. Und wer den Fahrgästen die Tickets nicht selbst ausstellen will, lässt es eben bleiben. Sogar Fahrhilfen wie Bremskraftverstärker und Kurvenanzeige sind dabei, so dass jeder Bereich des Spiels an den gewünschten Realismus-Grad angepasst werden kann. Mit dem „Bus Simulator“ hat man keine Ausrede mehr, dass Simulatoren zu kompliziert seien!

Mission: Ausbau

Man fährt nicht einfach fest vorgegebene Strecken, sondern legt diese selber fest. Dabei ist es jedoch sinnvoll, sich an den Missionen zu orientieren. Damit schaltet man nicht nur immer neue Stadtgebiete frei, sondern erhält auch interessante Anreize, zum Beispiel einen Erdgas-Bus zu nutzen oder eine Strecke als Rundfahrt zu fahren. Verdientes Geld investiert man dann in weitere Fahrer und Busse, wobei jeweils bessere Exemplare erst mit der Zeit verfügbar werden, so dass das Unternehmen immer weiter wächst.

Der Verdienst der Angestellten orientiert sich dabei am eigenen besten Ergebnis, das man auf der Strecke erreicht. Zu guter Letzt steigen häufig angefahrene Haltestellen in ihrer Beliebtheit, was mehr Fahrgäste anlockt. Durch all diese Elemente entsteht ein toller Gameplay-Loop, der bis nach der letzten Mission motiviert, was gut 15 Stunden dauern kann. Natürlich kann man danach noch weitere Routen ausprobieren oder mit bis zu vier Spielern online fahren, wobei die Natur des Spiels ein direktes Miteinanderspielen verhindert. Gleichgesinnte dürften dennoch Freude daran haben, gemeinsam Fahrgäste zu befördern.

Glaubwürdigkeit

Rein vom technischen Standpunkt her fühlt man sich eher an die Zeiten der PlayStation 3 erinnert. Texturen sind ein wenig verwaschen, alles wirkt ein wenig kantig und die Animationen der Menschen kommen holprig daher. Einzig die Busse und hier nochmal speziell die Innenräume können sich sehen lassen. Dafür wurde aber darauf geachtet, dass die Stadt glaubwürdig gestaltet wurde. Es wurden nicht einfach die immer gleichen Gebäude kopiert, sondern stets von Grund auf gebaut. Besonders schön ist das bei Gewerben, die alle mit eigenem Logo daherkommen. Werbeplakete bewerben Cafés oder Serien, und die Fahrgäste unterhalten sich darüber. Vor allem aber das Straßennetz begeistert. Anstatt alles am Raster anzuordnen, bekommt man jede Menge für Busse fordernde Elemente wie langgezogene Kreisverkehre und enge Einbahnstraßen, die an beiden Seiten zugeparkt sind, geboten. Was dem Gesamtbild jedoch fehlt, ist Leben abseits von Fahrzeugen und Fußgängern. Wenn man von ein paar Kühen und Windrädern absieht, gibt es nicht viel Bewegung.

Mackenhaft

Viele kleine und große Unschönheiten wirken sich mal mehr, mal weniger auf die ansonsten spaßige Busfahrer-Tätigkeit aus. Das Navi zeigt oft die nächste Haltestelle nicht korrekt an, so dass nur ein Blick auf die Karte oder das eigene Wissen unzufriedene Fahrgäste verhindern. Das automatische Zurücksetzen auf die Straße hat den Bus im Test schon mal auf die Stoßstange des Vordermanns gesetzt, Strafe inklusive. Optische Fehler wie selten fehlende Animationen oder Lücken zwischen Texturen sind noch verkraftbar, die Bildrate dagegen stockt recht regelmäßig – selten sogar so stark, dass Lenken und Bremsen beeinträchtigt werden. Und leider waren die Texter ein wenig gemischt mit Deutsch und Englisch unterwegs. Die geschriebene Eichenstraße wird so zum Beispiel zur gesprochenen Oakstraße. Teilweise erschweren die Textfehler sogar das Verständnis der Missionsbeschreibungen, so dass manchmal nur Ausprobieren hilft.