Auch, wenn alleine der Titel „Maneater“ einen Ohrwurm auslöst, hat das Spiel nichts mit dem gleichnamigen Song zu tun. Vielmehr darf man den Titel wörtlich nehmen, denn der Spieler darf in die Rolle eines Hais schlüpfen, der bereits nach seiner Geburt vom menschlichen Fleisch kosten darf. Ein verrücktes Abenteuer ist garantiert – überraschend ist aber auch die emotionale Handlung sowie die zahlreichen Aktivitäten. Ob das positiv oder negativ gemeint ist, verraten wir im Test.

Shark King: Pete Exotic

Im Tutorial darf der Spieler die Kontrolle über einen ausgewachsenen Hai nehmen, der jedoch vom berüchtigten Scaly Pete getötet wird. Als er den Bauch aufschneidet, kommt ein Junges heraus, das Pete den Arm abbeißt und fliehen kann. All das wird von einem Kamerateam gefilmt, denn der Spieler verfolgt die Geschehnisse meist durch deren Kameras. Die Crew dreht eigentlich eine Dokumentation über die Haijagd, muss aber bald herausfinden, dass ihr Protagonist Joe Exotic Konkurrenz machen könnte.

Die Handlung beginnt genau so überdreht, wie man es erwarten würde. Die Geschichte des Rednecks, der mit seinem bodenständigen Sohn Haie jagen will, kommt mit Sprüchen voller schwarzem Humor daher, doch das ändert sich. Im Laufe der Kapitel wird ersichtlich, dass die Vater-Sohn-Beziehung durchaus geschädigt ist, und nach einem Zwischenfall wird die lustige Dokumentation zu einem waschechten Drama, das so einige emotionale Sequenzen hat. Es ist wirklich beeindruckend, wie sehr einem die scheinbar eindimensionalen Charaktere ans Herz wachsen – und ohne zu viel zu verraten sei gesagt, dass das Finale den perfekten Abschluss darstellt und einen mit einem Gefühlschaos zurücklässt.

Hungry Shark: Evolution

Obwohl die Handlung überzeugt – auch weil sie nicht zu derbe ausgeschlachtet wird – zeigen sich bereits zum Start einige Probleme. Der Spieler lernt nämlich alle Mechaniken im Prolog kennen, muss anschließend aber einen jungen Hai spielen, der erst noch heranwachsen muss, um die meisten der zuvor erlernten Fähigkeiten einzusetzen. Sobald das möglich ist, werden sie aber nicht erneut vorgestellt, sodass es durchaus sein kann, dass man einige Mechaniken bis zum Ende überhaupt nicht nutzt, weil man sie schlichtweg vergessen hat. Das ist ärgerlich, denn eine bessere Aufteilung der Tutorials hätte diese böse Überraschung verhindert.

Ansonsten ist das Spielziel jederzeit klar: Der Spieler muss im Level aufsteigen, indem er kleinere Fische und Reptilien tötet und diverse Missionen erledigt. Manchmal bringt ein Aufstieg eine neue Evolutionsstufe mit sich, von denen es insgesamt vier gibt und die den Ablauf stark verändern. Nicht nur werden somit übermächtige Krokodile vom Anfang zum Leckerbissen für Zwischendurch, auch Gitter können eingerissen werden, während in der Luft gleich drei Sprünge möglich sind. Der Spieler merkt diese Auswirkungen auch direkt und es wird zum Spaß, in vorherige Gebiete zurückzukehren und zu sehen, wie weit sich der Protagonist weiterentwickelt hat.

Wer hat Angst vorm nicht weißen Hai?

Das wohl wichtigste neben dem Schwimmen sind aber die Kämpfe. Der Spieler kann Gegner nicht fest anvisieren, sondern die Kamera nur auf diese schwenken – bewegen sie sich aber wieder, muss die entsprechende Taste erneut gedrückt werden. Das hilft dem Überblick nicht gerade, denn wenn mehrere Fische in der Nähe sind, werden manchmal diese statt dem eigentlichen Ziel anvisiert. Unter Wasser kann der Hai beißen, ausweichen und später mit seiner Flosse umherschlagen. All diese Mechaniken sollte der Spieler beherrschen, um auch gegen schnelle Feinde die Oberhand zu gewinnen.

Obwohl das alles sehr taktisch erklärt wird, verliert sich diese Herangehensweise im späteren Spielverlauf. Meist genügt es, vor starken Feinden wegzuschwimmen und seine Ziele durch reines Buttonmashing mit gelegentlichem Ausweichen zu besiegen. Bereits nach dem ersten Drittel des Abenteuers verändert sich dieser Ablauf nicht, was natürlich darin resultiert, dass die eigentlich aufregend angedachten Kämpfe schlicht langweilig werden. Auch an der Wasseroberfläche wird das nicht besser, denn Boote werden schlichtweg so lange gerammt, bis sie sinken. Da der Spieler beim Rammen automatisch ausweicht, wird das einfach immer und immer wieder wiederholt, was anspruchsloser nicht sein könnte. Das ist schade, denn insbesondere im ersten Gebiet wirkt der Ablauf noch spannend, doch auch da sind schon Probleme erkennbar. Wenn man nämlich an die Wasseroberfläche aufsteigt, muss man einen separaten Knopf drücken, um unterzutauchen. Leider landet man in Kämpfen häufig unfreiwillig dort, wodurch der Spieler ständig die Übersicht verliert, was zu noch mehr Chaos führt. Das Kampfsystem hat Potential, und jede Fischart verhält sich anders, doch leider fehlt der klare Fokus, der schon allein durch ein permanentes Anvisieren geschaffen wäre.

Assassin's Shark

Was den Ablauf angeht, orientiert sich „Maneater“ an den Ubisoft-Spielen der vergangenen Generation. In jedem Gebiet gibt es mehrere Arten von Sammelgegenständen, Nebenmissionen und Bosskämpfen, die per Karten-Icons abgearbeitet werden. Der Spieler erhält stets eine Liste, die abgearbeitet werden muss, um die Geschichte voranzutreiben. Meist müssen mehrere Nebenmissionen gemeistert, ein besonders mächtiger Gegner besiegt und die Gegend erforscht werden, und genau hier kommt das zweite Problem zum Tragen: die fehlende Abwechslung.

Die Nebenmissionen wirken anfangs spannend, denn man muss Fische fressen, die von starken Gegnern bewacht werden, Menschen fressen, woraufhin man von der Küstenwache gejagt wird oder Ziele eliminieren. Das wiederholt sich aber bereits im zweiten Gebiet, und dann im dritten, im vierten – bis zum Finale ändert sich überhaupt nichts. Nach einer Stunde gibt es fast keine Neuerungen im Missionsdesign, was zum Ärgernis wird. Die Macher hätten die Umgebungen besser nutzen müssen, um interessante Aufgaben zu stellen, doch man schwimmt immer wieder durch die schönen Kulissen und erledigt die gleichen Aufgaben. Dass man dabei den Hai immer wieder durch Körpermodifikationen, von denen es leider nur drei Arten gibt, verbessern kann, ändert daran nichts.

Need for Meat: Most Wanted

Nun möchte man das Prinzip nicht verteufeln, denn im Test hat sich „Maneater“ als durchaus unterhaltsame Nebenbeschäftigung erwiesen. Zwar hielt sich der Spielspaß in Grenzen, doch wer sein Hirn in den Ruhemodus schaltet und die Marker abarbeitet, wird zumindest gut beschäftigt. Somit richtet sich der Titel an Spieler, die an Spielen wie „Assassin’s Creed“ nicht etwa die Hauptmissionen, sondern die ganzen Nebenbeschäftigungen mögen. Da das Hai-Abenteuer aber deutlich kurzweiliger gestaltet wurde, eignet es sich bestens für kurze Runden zwischendurch. Zudem ist auch die Platin-Trophäe keine große Herausforderung für diejenigen, die gerne eine weitere in ihre Sammlung bringen wollen.

Und dann wäre da noch das Infamy-Level, das gesteigert werden kann, indem man die Küstenwache besiegt. Das System erinnert an „Grand Theft Auto“, allerdings muss man deutlich länger daran arbeiten, seinen Rang zu erhöhen, der dann auch nicht wieder sinkt. Ist eine entsprechende Anzeige voll, taucht ein Boot mit einem Jäger auf, und wer diesen besiegt, erhält wertvolle Boni wie auch Mutationen, die passive Fähigkeiten aktivieren. Doch auch hier zieht sich der große Kritikpunkt hindurch: Bis auf die letzten beiden Stufen ändert sich an der Art der Kämpfe nichts.

Hai-Alarm im Tiefschlaf

Nun lässt sich „Maneater“ als langweilige Beschäftigung abtreten, dennoch kamen wir im Test kaum von Controller los. Der Titel lässt sich bestens mit Schnellgerichten vergleichen, denn mit der richtigen Erwartung weiß man, was man bekommt. Man muss sich nicht auf große Herausforderungen einstellen, sondern weiß von Anfang bis Ende, was es zu tun gibt. Uns seien wir mal ehrlich: Es bleibt verrückt, dass man einen Hai spielt, der alles frisst, was ihm in die Quere kommt. Wer sich die Reise gut einteilt, wird auch nicht so schnell gelangweilt, doch wer schon von der Prämisse kalt gelassen wird, darf keinen Sinneswandel erwarten.

Zum Fressen gern

Die bunten Umgebungen, egal ob im Sumpf, mitten in der Stadt oder an begehrten Stränden, sehen wirklich erstklassig aus. Die Macher haben die Welt mit zahlreichen Details bestückt, selbst dann, wenn man die Gebäude nur aus der Ferne sehen kann. Auch unter Wasser kann man sich nicht satt sehen, vor allem an den tiefen Gewässern im letzten Kapitel. Leider leidet das Spiel selbst auf PlayStation 4 Pro unter massiven Einbrüchen in der Bildrate, sodass Kämpfe in diversen Gebiete zu einem starken Ruckelfest werden, der den Spielspaß direkt mindert. Dafür funktioniert aber die Steuerung überraschend gut, zumindest wenn man nicht nah an der Wasseroberfläche kämpft. Hinzu kommt ein toller Sprecher, der Hinweise gibt oder das Spielgeschehen so kommentiert, als würde man eine Dokumentation schauen.

Im Test sind keine Bugs oder andere Fehler aufgetreten, an dieser Stelle sei aber eine Warnung ausgesprochen: Im Netz berichten mehrere Spieler davon, dass Sammelobjekte nicht angerechnet werden, Gegner für Nebenmissionen verschwinden, das Spiel regelmäßig abstürzt und sogar der Spielstand willkürlich gelöscht wird. Nichts davon ist uns widerfahren, und die Macher arbeiten bereits mit Eifer an mehreren Patches, die die Probleme aus der Welt schaffen sollen. Dennoch wird eine regelmäßige Sicherung der Daten dringend empfohlen.