Das Battle Royale-Genre scheint seine Hochzeit hinter sich gelassen zu haben. Auch, wenn Spiele wie „Fortnite“, „Apex Legends“ und „Call of Duty: Warzones“ weiterhin überaus erfolgreich bleiben, scheint es nichts mehr zu geben, was sich deutlich davon unterscheidet. Doch wer in den vergangenen Monaten zu Devolver Digital geschaut hat, dürfte auf „Fall Guys: Ultimate Knockout“ gestoßen sein. Die vergangenen zwei Wochen lang war das Spiel dann kaum noch zu übersehen, denn es sicherte sich den ersten Platz in den Steam-Vorbestellungen, erreichte regelmäßig die Top 3 der meistgeschauten Spiele bei Twitch und eroberte die sozialen Medien – und das alles während der Beta-Phase. Nun ist das völlig andere Battle Royale-Spiel erhältlich, für PlayStation Plus-Abonnenten sogar ohne zusätzliche Kosten. Doch ist der Hype auch gerechtfertigt? Die Antwort ist ein deutliches „Ja!“

Der ultimative Knockout

Wer Shows wie „Takeshi’s Castle“ oder „Wipeout!“ kennt, wird das Prinzip schnell verstehen. In der ersten Runde treten bis zu 60 Spieler online gleichzeitig gegeneinander an, allerdings können nur 45 davon die zweite Runde erreichen. Das geht dann so lange, bis höchstens die fünfte Runde erreicht ist, in der nur einer den Sieg erreichen kann.

Im Gegensatz zu anderen Genre-Vertretern wird in jeder Runde aber ein anderes Mini-Spiel zufällig ausgewählt, die jeder bereits nach wenigen Sekunden versteht. Mal muss an einer Wand die richtige Tür gefunden werden, mal über Stäbe gesprungen werden und wer sich beim Memory nicht die richtigen Felder merkt, landet im bodenlosen Abgrund. Damit wäre auch schon das Spielprinzip geklärt, denn gerade die Simplizität macht „Fall Guys“ zu so einem guten Spiel.

Mehr als nur fallen

Der Erfolg liegt natürlich an der Qualität der Mini-Spiele, und hier gibt es zum Glück gute Nachrichten. Insgesamt gibt es 25 davon, wobei nicht alle an jeder Position vorkommen können. Zum Beispiel gibt es solche, die auf eine große Menge an Spieler ausgelegt sind und somit nur zum Start vorkommen können, während die Final-Disziplinen mit über 15 Spielern kaum spielbar wären. Selbstverständlich wird man seine Favoriten finden und sich über andere ärgern, doch die meisten Spiele bleiben spaßig und kurzweilig – leben aber auch davon, dass jeder eine Portion Glück benötigt.

Obwohl jeder Spieler die Chance hat, in die nächste Runde zu ziehen, gibt es durchaus Tricks, die man erst nach einigen Runden erkennt. Zum Beispiel findet man eine klarere Route durch den Parcours voller sich drehender Räder, und wer im Team einen Ball ins Tor rollen muss, weiß nicht unbedingt direkt, dass sich die gegnerischen Bälle aufhalten lassen. Das sorgt für eine wunderbare Balance zwischen Spieltiefe und Kurzweiligkeit, denn durch die ständige Abwechslung kann man sich gar nicht erst in ein Spiel verbeißen, erinnert sich dann aber stets an vergangene Runden.

Von Eiern und Schwänzen

Dann wären da noch die Teamspiele, die wohl etwas kontroverser daherkommen dürfen. Hier hilft es nämlich nicht, wenn man zum Beispiel viele Eier für das eigene Team in einen bestimmten Bereich bringt, wenn die anderen lieber in die feindlichen Bereiche springen, als den eigenen zu schützen. Doch auch das ist klassisch für Mehrspieler-Titel und wird durch eben die Runden ausgeglichen, in denen das eigene Team das Geschehen dominiert. Dieser Ausgleich zwischen Frust und Übermacht sorgt dafür, dass man den Controller niemals genervt zur Seite legt.

Und dann wäre da das Mini-Spiel, in dem man einen Schwanz klauen oder ihn behalten muss. Das Grundprinzip ist nicht schlecht, allerdings ist nur entscheidend, wer einen Schwanz am Ende des Spieles besitzt. Somit verliert die lange Vorlaufzeit an Bedeutung – besonders ärgerlich ist es nicht nur, wenn man in den letzten Sekunden seinen Schwanz verliert, sondern aufgrund eines sichtbaren Lags nichts dagegen tun kann. Das Spiel muss unbedingt überarbeitet werden, denn in der aktuellen Form bringt es den puren Frust mit, den die anderen so wunderbar ausgleichen können.

Motivierend!

All das vergisst man aber gerne für den Nervenkitzel, wenn man plötzlich im Finale steht und dann möglicherweise sogar gewinnt. Das Erfolgsgefühl bleibt gigantisch, doch selbst bei einer Niederlage schafft es das Spiel deutlich besser als seine indirekten Konkurrenten, den Spieler zu motivieren. Es dauert nämlich nur wenige Sekunden, bis man im Menü landet und die nächste Partie angeht, die dann auch nicht unbedingt mehr als 15 Minuten in Anspruch nimmt.

Zudem gibt es einen kostenloses Season Pass, dessen Leiste sich für jedes gewonnene Mini-Spiel füllt. Lustige Kostüme, witzige Posen und Geldeinheiten lassen sich somit ergattern, um anschließend im Shop noch mehr davon zu kaufen. Hier kommen die Mikrotransaktionen ins Spiel, die glücklicherweise nur die optische Komponente bedienen. Und auch wer kein Geld ausgibt kann alles freischalten, wenn auch mit viel Geduld.

Saubere Leistung

Der simple Grafikstil funktioniert wunderbar, um ein klares Bild zu erzeugen. Egal, wie voll der Bildschirm wird, man kann immer die Übersicht behalten, sogar wenn man über einen Parcours geschleudert wird. Die Bildrate liegt auf PlayStation 4 Pro bei 60, doch natürlich sinkt sie immer mal wieder, während die normale Konsole 30 anpeilt. Die niedlichen Geräusche sowie der fröhliche Soundtrack unterstreichen dann auch erneut, dass es vor allem um den Spielspaß geht. Die Steuerung ist solide, auch wenn man sich an die etwas trägen Helden erst gewöhnen muss. Die Fall Guys können nämlich nicht nur laufen und springen, sondern sich auch nach Vorne werfen oder festhalten. Wer möchte, darf sogar die Gegner festhalten, was zu besonders chaotischen Momenten führt. Zudem kann man bis zu drei Freunde in eine Lobby einladen, um garantiert mit ihnen in einer Runde zu landen, was den Spielspaß nochmal erhöht.

Ob die Server stabil bleiben, muss sich derweil noch zeigen. Der Ansturm ist dank PlayStation Plus riesig, allerdings dauert die Spielersuche noch ein klein wenig länger, als man es sich wünscht. Zwar ist die Wartezeit nicht so lang wie noch in der Beta, das Team wird aber über die nächsten Wochen definitiv Optimierungsarbeit leisten. Zudem soll sich „Fall Guys“ auch regelmäßig verändern, denn jede Saison bringt nicht nur neue Kostüme mit, sondern auch neue Mini-Spiele und Arenen für die vorhandenen. Wir können es kaum erwarten zu sehen, wie sich der Titel über die kommenden Monate entwickelt!

Martins Eindruck

Auch wenn die Spielersuche noch etwas zu lange gedauert hat, hat das bisher gezeigte Gameplay durchweg überzeugt. Freunde des damaligen Formats „Takeshi's Castle" kommen in dieser bunten Version des Klassikers sehr auf ihre Kosten. Kurzweilige Laufspiele nach dem Motto „Wer ist zuerst im Ziel", gepaart mit erheiternden Team-Spielen werden durch die vielen verrückten Möglichkeiten, den eigenen Charakter zu individualisieren, perfekt ergänzt. „Fall Guys" ist definitiv nichts für komplexe Strategen oder Freunde langwieriger Knobeleien. Dennoch holte es mich immer wieder für ein paar Runden zurück an den Bildschirm und ließ mich stets mit einem Lächeln über die bezaubernde Optik zurück sowie dem motivierenden Anspruch, es beim nächsten Mal bis an die Spitze zu schaffen.

Freddys Eindruck

„Fall Guys“ ist ein knallbunter, abgedrehter Spaß, der selbst dann schon begeistert, wenn man allein spielt. Zusammen mit Freunden entfaltet das Spiel dank der guten Mischung aus kooperativen und kompetitiven Maps dann ihr volles Potential. Die Steuerung ist eingängig, die Minispiele abwechslungsreich und der fantastische Soundtrack erinnert an den aus „Splatoon“. Wer mit Freunden und Fremden um die Wette rennen, springen und hüpfen will oder schon immer selbst einmal an der „Takeshi’s Castle" Show teilnehmen wollte, der ist bei „Fall Guys“ also mehr als gut aufgehoben. Und mit bereits angekündigten, neuen Inhalten für die Zukunft bleibt der verrückte Spielspaß hoffentlich auch langfristig erhalten.

Daniels Eindruck

Ich möchte vorweg den Satz anbringen, mit dem ich „Fall Guys” bereits bei Freunden und Familie angepriesen habe: ich habe lange nicht mehr so gelacht bei einem Spiel! Man könnte auch einfach nur den 60 knubbeligen Wesen dabei zuschauen, wie sie vermeintlich etwas unbeholfen dem Ziel entgegen wackeln, Eier in ein Tor schmeißen oder sich gegenseitig den Schweif klauen wollen. Aber wenn man einmal selbst den Controller in die Hand genommen hat, will man ihn gar nicht mehr weglegen. Der Wettstreit mit so vielen anderen Spielern in den unterschiedlichen Spielarten macht einfach so unglaublich viel mehr Spaß, als man es von anderen Battle Royale-Titeln gewohnt ist. Dazu bei tragen vor allem die sehr abwechslungsreichen Spielvarianten. Auch wenn man natürlich seine Favoriten hat und eben auch solche, die einem nicht gefallen: da eine Runde im Schnitt nur zwei Minuten dauert, übersteht man das auch locker. Auch technisch ist das Spiel eine Wucht: die Ladezeit zum nächsten der fünf Spiele pro Match ist angenehm kurz, und der Netzcode ist einfach so gut geworden, dass man trotz 60 Spielern und unzähligen beweglichen Objekten nur bei bestimmten Spielen einen leichten Lag feststellen kann. Ich wage mal eine Prognose: „Fall Guys” wird in den nächsten Jahren einen festen Stand im Online-Mehrspielerbereich haben, so wie „Rocket League” oder „Fortnite” - sofern die Entwickler konstant neuen Content liefern.