Die „WWE 2K“-Spiele haben sich in den vergangenen Jahren nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Von enttäuschenden Portierungen bis hin zu so vielen Bugs, dass kaum Spielspaß entstehen konnte, haben Fans wohl alles Erdenkliche gesehen. Deshalb darf sich das Team endlich mehr Zeit nehmen, doch komplett wollte 2K nicht auf einen jährlichen Ableger verzichten. Hinter „WWE 2K Battlegrounds“ steht nun Saber Interactive, die bereits an den „NBA Playgrounds“-Spielen gearbeitet haben. Herausgekommen ist ein interessanter Mix mit überraschenden Stärken und erwartbaren Schwächen.

Alle Wege führen nach Wrestlemania

Zwar muss man sich erst durch einige Menüs klicken, die beste Anlaufstelle ist aber der Story-Modus, in den die Macher überraschend viel Arbeit gesteckt haben. Eigentlich absolviert man nur verschiedene Kämpfe gegen zahlreiche Wrestler in diversen Arenen, doch all das wird durch eine Geschichte verbunden, die auf Zwischensequenzen verzichtet. Stattdessen gibt es wunderbar gezeichnete Comic-Strips, in denen nahezu alle der beliebtesten Wrestler auftauchen – dazu gleich mehr.

Man schlüpft nicht in die Schuhe bekannter Sportler, sondern insgesamt sieben Neulinge, die von Paul Heyman persönlich für eine neue Division namens „Battlegrounds“ rekrutiert werden. Es folgen kurzweilige Momente, in denen sich die Charaktere von ihren besten Seiten zeigen, während auch der Humor überraschend gut funktioniert. Es ist wunderbar, dass sich die WWE, insbesondere die Führung, auch mal nicht allzu ernst nehmen kann, was in den letzten Spielen nicht immer bemerkbar war.

Die halbe Portion

Leider fehlen aber zahlreiche Wrestler in der Geschichte, darunter einige der beliebtesten, weil diese erst nach dem Launch hinzugefügt werden. Deshalb gibt es kein Teamup mit Sami Zayn, keine Liebesaktionen von Otis und selbst Shane McMahon, Kane, Ali und Andrade fehlen. Das ist eine merkwürdige Entscheidung, bedenkt man aber, wie viele Stars die WWE unter Vertrag hat, konnten nicht alle ihren verdienten Platz erhalten. Dennoch ist die Kämpferauswahl aktuell noch etwas zu mager, weshalb wir uns schnellen Nachschub wünschen. Die bestätigte Liste der Nachrücker ist schließlich fast genauso lang wie die der vorhandenen Charaktere.

Zudem fehlt leider die NXT Division, die im vergangenen Jahr durch die Expansion eigentlich prominenter sein sollte als jemals zuvor. All das könnte sich in Zukunft durch DLCs oder Updates ändern, doch die Vielfalt muss deutlich erhöht werden.

Der bunte Kampf um Ruhm

Das Kampfsystem ist deutlich einfacher zu erlernen, als in der eher realistisch angehauchten Reihe. Es gibt einen Knopf für Schläge, einen für Tritte sowie diverse Kombos, für die auch mal die Schultertasten gedrückt werden müssen. Das alles lässt sich überraschend schnell erlernen, es gibt aber auch im Storymodus genügend Anleitungen, falls man sich nicht durch die entsprechenden Menüs klicken will.

Schnell wird ersichtlich, wie verrückt das Spiel eigentlich ist. Es gibt Power-Ups, Spezialangriffe im Stil von Street Fighter, die Charaktere springen mehrere Meter hoch und sogar Flammenhände können aktiviert werden. Gleichzeitig wird das mit eher klassischeren Elementen verbunden, zum Beispiel auf die Seile klettern, sich gegen diese Werfen, den Ring verlassen um Stühle und andere Gegenstände zu holen – Showwrestling ist ein verrückter Sport, und das Spiel setzt die Seele dahinter wunderbar um. Zum Schluss muss sogar der Gegner gepinnt werden, zumindest in den meisten Modi.

Ein echtes Wrestling-Spiel

Manchmal wirkt das Kampfsystem hölzern, etwas zu langsam und es bedarf einer lange Eingewöhnungszeit, damit die technischsten Angriffe auch treffen – doch dieses andere Tempo hebt das Spiel von ähnlichen Titeln ab, während es sich gleichzeitig wie ein Wrestling-Spiel anfühlt. Leider hätten einige Probleme dennoch behoben werden können, zum Beispiel ist es in Steel Cage-Matches nahezu unmöglich, die Wände hochzuklettern, ohne sich erst von diesen abprallen zu lassen. Zudem sind die Animationen häufig so überladen, dass es willkürlich wirkt, wenn ein Schlag pariert wird.

Das größte Problem bleibt aber die KI, die extrem schlecht ausfällt. Selbst im letzten Kapitel der überraschend langen Story reichen die simpelsten Angriffe aus, um die Lebensleisten der Gegner zu senken – somit nutzt sich das Kampfsystem viel zu schnell ab, sollte man durchweg alleine spielen. Da neue Charaktere, Arenen und besondere Kräfte hier erst freigeschaltet werden müssen, hat man online zudem stets einen Nachteil, sollte man nicht alle Kämpfe absolviert haben.

Vielfalt dank eigener Ideen

Die Modi sind derweil überraschend vielfältig ausgefallen. Natürlich gibt es die Klassiker, darunter 1v1, Tag Teams – bei denen die nicht aktiven Mitstreiter sogar aktiv in das Geschehen eingreifen – sowie Royal Rumble. Die Steel Matches sind besonders spannend, denn hier müssen Geldbündel gesammelt werden, und nur wer seine entsprechende Leiste zuerst füllt darf versuchen, zu entkommen, wobei die Wände ständig unter Storm gesetzt werden. 

Das alles ist kurzweilig und extrem spaßig, am spannendsten ist aber die Kampagne. Hier steigt man einfach in Royal Rumble-artige Matches ein, die Leute gerade online spielen, und versucht so viele Gegner wie möglich zu besiegen, ohne selbst aus dem Ring geworfen zu werden. Leider haben die anderen Modi enorme Probleme online, denn zuerst muss das Geschlecht gewählt werden, anschließend der Modus – und dann erst darf man Freunde einladen. Wer also mehrere Modi hintereinander spielen möchte, oder die volle Kämpferriege austesten möchte, muss sich ständig neu verbinden, was im Jahr 2020 unfassbar ist.

Die Geschichte der zwei Währungen

Das restliche Paket gestaltet sich erwartbar, aber ebenfalls charmant. Man darf eigene Wrestler erstellen, und sogar eigene Ringe, um diese später mit Freunden auszukosten. Kommen wir nun aber zum größten Fragezeichen: Ja, man muss viele Charaktere und Outfits freischalten, indem man eine der beiden Währungen benutzt. Die eine davon lässt sich gegen echtes Geld erwerben, die andere lässt sich erspielen.

Während viele WWE Spiele ewiges Grinding verlangen, geht das in „WWE 2K Battlegrounds“ deutlich schneller. Man erhält in den ersten Stunden genügend Geldeinheiten, um sich auch die seltensten Wrestler zu kaufen, und im Shop gibt es sogar wechselnde Angebote für vergünstigte Pakete. Sobald man die Story beendet hat, dauert das deutlich länger – man hat aber nie das Gefühl, dass man dazu genötigt wird, Wrestler mit echtem Geld zu kaufen. Das könnte sich in zukünftigen Updates ändern, in seiner aktuellen Form bleibt das System aber solide, wobei es natürlich schöner wäre, die Charaktere über spielerische Ziele freizuschalten.

Hässlich schön

Der Stil von „WWE 2K Battlegrounds“ ist skurril, sieht aber überraschend charmant aus. Die übertriebenen Animationen, die halbwegs nett umgesetzten Einzüge, die überdimensionierten Köpfe – bis auf einige Ausnahmen bei den Männern ist das optische Bild wirklich gelungen – bis man zu den Frauen wechselt. Die Macher haben es geschafft, jedes einzelnes Gesicht derart monströs zu gestalten, dass man sich fast vor ihnen fürchtet. Ich habe noch nie derart hässlich gestaltete Frauen in einem Videospiel gesehen, was absolut unverständlich ist. Hier ist dringend eine Nacharbeitung erforderlich!

Ansonsten können die bunten Farben und Effekte überzeugen, die Musik ist sehr typisch gehalten und die Kommentatoren leisten einen Job, den man kaum bemerkt. Leider sind die Ladezeiten häufig etwas zu lang, doch Crashes oder Bugs sind im Test nicht aufgetaucht.