Bereits 2004 erschien das erste „Far Cry“-Spiel, das damals insbesondere durch eine sehr gute Grafikqualität und eine freie Spielwelt für Aufsehen sorgte. Seitdem erschienen zahlreiche weitere Ableger, darunter auch einige Spinoffs, die Spieler und Spielerinnen an die unterschiedlichsten Schauplätze entführten und das actionreiche Gameplay stets erweiterten. Ob „Far Cry 6“ das ebenfalls gelungen ist, erfahrt ihr in unserem Test zur PlayStation 4-Version.

Revolution in der Karibik

Nachdem der Vorgänger noch im Nordwesten der USA angesiedelt war, geht es diesmal in die Karibik, genauer gesagt auf die fiktive tropische Insel Yara, die nicht nur auf den ersten Blick an Kuba erinnert. Nachdem im Jahr 1967 der Präsident von Yara gestürzt und ermordet wurde, folgten lange Jahre wirtschaftlicher und politischer Instabilität. Als dann schließlich Antón Castillo, der Sohn des damals ermordeten Präsidenten, an die Macht gewählt wird, stabilisiert sich zwar die Lage, dafür werden aber nach und nach die demokratischen Prinzipien des Landes unterdrückt. Selbst der wirtschaftliche Aufschwung durch das aus Yaras Tabak gewonnene Krebsmedikament Viviro baut auf Ausbeutung und Sklavenarbeit auf.

Dani, wahlweise als Frau oder Mann in der Protagonistenrolle, will daher einfach nur raus aus dem Land und ab in die USA. Nach einer rasanten Eröffnungssequenz und einer gescheiterten Flucht, findet sich Dani auf einer kleinen Insel wieder, auf der sich auch die zunächst noch kleine Rebellengruppe Libertad befindet, der sich Dani nach anfänglichen Bedenken dann schließlich anschließt. Um jedoch eine Chance gegen Castillos Truppen zu haben, sind starke Verbündete gefragt und so besucht man nach und nach verschiedene Gebiete in Yara, um die dort ansässigen Rebellen für Libertad zu gewinnen. Grundsätzlich ist es dabei egal, welche der drei großen Gebiete man zuerst bereist, nur die besonders hochrangigen Untergebiete sollten man sich lieber für später aufheben, sonst segnet man dort schnell das Zeitliche gegen Castillos Spezialtruppen.

Vielfalt bei Charakteren und Missionsdesign

Die Geschichte und die Figuren von „Far Cry 6“ weisen sowohl Licht- als auch Schatten-Seiten auf. Die Charaktere sind wie von früheren Ablegern gewohnt herrlich abgedreht und sprühen vor Vielfalt. Während die junge Gruppe Máximas Matanzas neben Sabotage-Aktionen insbesondere auf eine Social Media-Kampagne setzt, um die Untaten Castillos aufzudecken, verkörpern die Legends of 67, die aus Mitgliedern der 1967er-Revolution bestehen, eine ganz andere Seite des Widerstands. Leider fehlt den vielen kleinen Geschichten jedoch ein Stück weit der Zusammenhang, sicher auch bedingt durch die offene Struktur. Somit fühlen sich die Abschnitte des Spiels eher wie Mini-Episoden an als wie ein großes Ganzes. Zu den Stärken gehören dagegen die regelmäßigen Auftritte des von Giancarlo Esposito hervorragend dargestellten Antagonisten sowie dessen Sohnes, den er von seiner Agenda überzeugen will.

Erfreulicherweise gilt die große Vielfalt in „Far Cry 6“ nicht nur für die Charaktere und deren Persönlichkeiten, sondern auch für die Missionen. Denn auch wenn das Spiel letzten Endes ein Shooter ist, heißt das nicht, dass alle Quests nur daraus bestehen, dass man zahlreiche Gegner niedermäht. In einer der Quests für Máximas Matanzas beispielsweise musste man mitten in der Stadt Plakate von Castillos Propagandaministerin mit dem Logo der Rebellengruppe übersprayen und in einer anderen in betrunkenem Zustand das Büro ebendieser Ministerin verwüsten. Und auch außerhalb dieser Missionen hat „Far Cry 6“ einiges zu bieten.

Im Koop ein besonderer Spaß

An versteckten Orten beispielsweise kann man Rätsel und Platformer-Passagen lösen, um Sammelobjekte oder neue Waffen zu erhalten, während es Sidequests ermöglichen, die Nebencharaktere näher kennenzulernen. Oftmals sind diese Nebenmissionen noch einmal kreativer als die der Hauptstory. In einer davon überbringt man Entschuldigungsbriefe eines alten Revolutionärs an dessen Kinder, die man dabei nach und nach kennenlernt. Darüber hinaus gibt es Minispiele, wie den kontroversen aber rein spielerisch eben auch überaus spaßigen Hahnenkampf in „Street Fighter“-Manier.

Durch all diese Elemente hat man stets den Drang, auch abseits der Hauptstory Yara zu erkunden. Wer dann noch einen Freund oder eine Freundin mitbringt, wird noch einmal besonders viel Spaß haben. Denn das komplette Spiel kann auch im Koop-Modus gespielt werden, was bei uns im Test bis auf gelegentliche Ruckler in besonders intensiven Gefechten ohne Probleme funktioniert hat und für zusätzliches Chaos und Spielfreude sorgt. Wer gerade niemanden zum gemeinsamen Spielen parat hat, kann auch online nach Unterstützung suchen. Dabei wird leider kein Crossplay unterstützt, lediglich mit anderen PlayStation 4- oder PlayStation 5-Spielern kann man durch Yara ziehen. Immerhin lässt sich die PlayStation 4-Version des Spiels aber auch kostenlos zur PlayStation 5-Version upgraden.

Waffen hui, Fahrzeuge pfui

Eine kleine Enttäuschung ist dagegen die Fahrzeugsteuerung. In den allermeisten Fällen fühlt es sich schlichtweg nicht so an, als hätte man wirklich die Kontrolle darüber, wie sich die Gefährte bewegen, weshalb es immer wieder zu ungewollten Kollisionen kommt. Am schwersten betroffen sind davon Quads, Motorräder und Flugzeuge, wohingegen sich die meisten Autos und vor allem auch die Pferde in der Regel sehr zuverlässig steuern lassen.

Neue Waffen erhält man, indem man Augen und Ohren offenhält, während man durch Yara streift und fleißig Kisten öffnet, Missionen abschließt oder einfach den Waffenhändler aufsucht. Wie für die Reihe gewohnt, ist das Arsenal dabei äußerst vielfältig. Wer in Rambo-Manier mit einem Maschinengewehr auf Gegner lospreschen möchte, wird dabei ebenso bedient wie jemand, der im Nahkampf mit einer Schrotflinte oder auf die Distanz mit einem schallgedämpftem Scharfschützengewehr agieren möchte. Mit dem Smartphone lassen sich aus der Entfernung Schwachstellen und Gegnertypen analysieren. Während Sanitäter ihre Gefährten wiederbeleben können, fordern Offiziere bei Bedarf Unterstützung an. Sich im Voraus zu überlegen, welche Gegner man priorisiert und welche Waffen man einsetzen möchte, zahlt sich in den meisten Fällen aus, ohne einen zu essentiellen Bestandteil des Spielablaufs darzustellen.

Für jeden etwas dabei…

Anders als im Vorgänger gibt es in „Far Cry 6“ zudem keinen Skilltree mit Fähigkeiten. Stattdessen rüstet man je nach gewünschtem Spielstil unterschiedliche Ausrüstung aus. Mit dem Volta-Rucksack lassen sich per elektrischem Impuls beispielsweise Sicherheitssysteme ausschalten, während der Fantasma-Rucksack es euch erlaubt, Giftgas einzusetzen. Unabhängig davon, welchen Rucksack ihr wählt, lassen sich darüber hinaus noch weitere Gadgets wie Annäherungsgranaten oder bestimmte Mods installieren, die unter anderem die Verteidigung erhöhen. Für Waffen wiederum gibt es verschiedene Visiere, Schalldämpfer und mehr. Für besonders viel Spaß sorgen die sogenannten Resolver-Waffen. Dabei handelt es sich um behelfsmäßig hergestellte Gegenstände wie Nagelpistolen, Flammenwerfer oder Einsatzschilde, die dem Gunplay das gewisse „Far Cry“-Feeling verpassen und zeitgleich noch einmal ganz neue Kampftaktiken erlauben. Und selbst die Amigos genannten tierischen Begleiter, zu denen neben einem Hund und einem Hahn unter anderem auch ein Krokodil gehören, können durch regelmäßigen Einsatz und das Erreichen von Meilensteinen neue Fähigkeiten freischalten.

… sofern man die nötige Geduld mitbringt

Die für Ausrüstung und Waffenanpassungen benötigten Materialien lassen sich praktisch überall in der Spielwelt finden. Trotzdem wird man zum Glück nicht so sehr damit zugeschüttet, dass man sich direkt alles kaufen kann. Dafür ist leider das Ausrüsten der Mods und Waffen unnötig kompliziert geworden. Eine kleine Menge an Waffen lässt sich zwar über eine kreisförmige Auswahl schnell auswählen, um einzelne Aufsätze oder sonstige Modifikationen zu wechseln, muss man sich dann allerdings wieder durch die Untermenüs kämpfen. Gerade deswegen, weil das Spiel gefühlt alle zwei Minuten betont, wie wichtig es ist, dass man seine Ausrüstung an die Situation anpasst, ist diese Lösung alles andere als optimal und führt dazu, dass man gegen Ende des Spiels die eigene Ausrüstung kaum mehr anpasst. Wer aber die nötige Geduld mitbringt, wird mit einem vielschichtigen System belohnt, das viele verschiedene Kampfstrategien unterstützt.

Auch auf PS4 hübsch anzusehen

Auch die PlayStation 4-Version von „Far Cry 6“ kann grafisch durchaus überzeugen und bietet einen authentischen Eindruck von Yara, obwohl man nicht denselben Detailgrad wie bei den Current Generation- und PC-Versionen erwarten sollte. Hier und da gibt es zwar ein paar matschige Texturen und die Ladezeit beim Starten des Spiels könnte auch gern etwas kürzer sein, das wirkt sich allerdings nicht auf den Spielspaß aus. Etwas nerviger ist da schon ein Bug, der beim Spielen auftrat, durch den sich manche Waffen nicht mit der R2-Taste abfeuern ließen. Ein Blick in diverse Foren zeigte dann auch, dass dieser Bug auch bei anderen Spielerinnen und Spielern auftritt. Durch einen Wechsel bei der Tastenbelegung ließ sich dieses Problem zum Glück beheben, von einem Shooter sollte man aber trotzdem eigentlich erwarten können, dass zumindest das Schießen einwandfrei funktioniert.