2005 sollte Videospielgeschichte geschrieben werden. Passend zum sechsten Kinofilm erschien nämlich „LEGO Star Wars: The Video Game“, in dem die Prequel-Trilogie mit Steinchen nachgespielt werden konnte. Der Mix aus Humor, Kämpfen und Rätseln, die sich bestens für Mehrspieler-Partien eigneten, machten Traveller’s Tales zu einer festen Größe, doch das war erst der Anfang. Bis 2019 erschienen jährlich meist mehrere LEGO-Spiele, von „Indiana Jones“ über „Rock Band“ bis hin zu Marvel und sogar vier weiteren „Star Wars“-Titeln. Die Qualität der Spiele enttäuschte zwar nie, allerdings gab es stets nur wenige Neuerungen, und die schiere Menge sorgte für ein abfallendes Interesse. Das soll sich mit „LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga“ ändern, das alle neun Episoden vereint und von Grund auf neu erschafft. 2019 angekündigt, konnten wir uns nach vielen Jahren jetzt endlich in das Abenteuer stürzen – doch beginnt hier wirklich ein neues Zeitalter für LEGO-Spiele?

Möge die Macht mit drei sein

Der Name ist Programm, und somit dürfen Spielende direkt in eine der drei Trilogien einsteigen. Allerdings sind anfangs nur die Episoden I, IV und VII verfügbar, während sich die anderen durch das Beenden ihrer Vorgänger freischalten lassen. Hier gibt es bereits interessante Unterschiede, denn wer Episode I startet, wird die meiste Zeit mit Jedi-Kräften und Lichtschwertern hantieren, während Episode IV einen deutlich größeren Fokus auf Blaster setzt. Somit fühlen sich die Episoden auch spielerisch unterschiedlich an, schließlich wurde nicht versucht, notgedrungen jede Mechanik in jeden Teil zu packen. Dadurch gibt es einige Spielmechaniken, die nur selten in einigen Episoden auftauchen, in anderen dann überhaupt aber nicht vorhanden sind.

Trotz der Unterschiede ist der grundlegende Aufbau stets gleich: Es geht durch Abschnitte in einer der zahlreichen offenen Gebiete, wo schlichtweg Questmarkern gefolgt werden muss und manchmal Kämpfe entstehen, bis die nächste Zwischensequenz abläuft. Unterbrochen wird das durch fünf Level pro Episode, wer sich aber einen anderen Aufbau im Vergleich zu LEGO-Spielen der vergangenen Jahre wünscht, dürfte ernüchtert werden. Die Mischung aus klassischen Leveln und offenen Welten bleibt bestehen, und auch wenn die Welten deutlich vielfältiger und abwechslungsreicher als jemals zuvor geraten sind, dienen sie während der Handlung lediglich als Kulisse mit kleinen Nebenaufgaben, um zum nächsten Abschnitt zu gelangen.

Episoden zum Bingen

Am überraschendsten ist aber wohl, wie kurz die Episoden geworden sind. Länger als zwei Stunden wird man für keine benötigen, wenn man der Handlung folgt, und obwohl stets die großen Szenen und Schauplätze vertreten sind, werden zahlreiche Szenen übersprungen, was man aufgrund der schieren Anzahl an Filmen aber verzeihen kann. Merkwürdiger ist die Levelanzahl, denn diese kann täuschen.

In Episode I wird man die meiste Zeit in offenen Welten verbringen, Charaktere beschützen und kleinere Kämpfe absolvieren. Die fünf klassischen Level erinnern eher an Mini-Spiele und dauern mitunter weniger als fünf Minuten: Mal muss ein Rennen gefahren werden, mal gibt es ein Duell und mal eine große Schlacht, in der man Kanonen abfeuern muss. Das bricht völlig mit den Leveln, in denen es stets viel zu erkunden gab und Rätsel mit Kämpfen kombiniert wurden. Obwohl ein Richtungswechsel wünschenswert war, bleibt der Großteil der Episode spielerisch eintönig – doch das ist nicht in jeder Episode der Fall. Episode IV glänzt mit speziellen Leveln, die abseits der offenen Welten spielen und wunderbar kreative Momente bieten, während Episode V das direkt zu Beginn auf die Spitze treibt und spielerische Freiheit in einem theoretisch linearen Abschnitt schafft. Episode VII verfügt dann sogar über die Möglichkeit, Szenen innerhalb eines Levels zu wechseln, und obwohl auch hier extrem kurze Level eingestreut werden, entsteht deutlich mehr Abwechslung und somit Spielspaß.

Die Mischung ist solide, gerade weil vorherige LEGO-Spiele häufig zu lange Level boten, in denen die ewig gleichen Rätsel wiederholt wurden, um die Spielzeit zu strecken. Die kompakteren Geschichten funktionieren insgesamt deutlich besser, man sollte aber definitiv keine 45 gleichwertigen Level erwarten.

Klassisch LEGO

Die Zwischensequenzen bleiben ein Highlight und begeistern mit erstklassigem Slapstick. Die Lego-Figuren bleiben extrem ausdrucksstark und wenn Anakin seine Abneigung gegenüber Sand zur Schau stellt, Chewbacca versucht eine Medaille zu ergattern oder Sturmtruppler gemeinsam baden, kann keine Miene steif bleiben. Nicht alle Witze funktionieren, durch die Menge fällt das aber wenig auf. Zudem darf man sich auf die meisten ikonischen Szenen freuen, wer die Filme aber nicht kennt, wird vor allem bei der Prequel-Trilogie sowie den Episoden VIII und IX Probleme haben, der Handlung zu folgen. Die visuellen Witze sind derweil deutlich besser gelungen als die Dialoge, die manchmal neu eingesprochen wurden, aber auch Tonaufnahmen aus den Filmen beinhalten. Schlimm ist das nicht, denn zwischen den kleinen Gags gibt es immer wieder Momente, die man sich am liebsten direkt nochmal anschauen möchte.

Alles neu, alles bekannt

Bereits im ersten Level, egal mit welcher Trilogie man beginnt, ist die größte Neuerung dann sichtbar: Statt einer angewinkelten Vogelperspektive gibt es nun eine richtige 3rd Person-Kamera, die sogar heranzoomt, wenn man sich im Zielmodus befindet. Obwohl die Kamera nicht immer Übersicht garantiert, fühlt man sich viel näher am Geschehen, und kann die Level deutlich intensiver erkunden. Das restliche Spielerlebnis ähnelt dann den Klassikern, denn überall können Objekte zerstört werden, um Studs zu sammeln, die als Währung dienen, um neue Charaktere oder Fähigkeiten zu erwerben. Somit haut man auf alles Mögliche und verlässt auch mal den linearen Pfad, um Mini-Kits und andere Sammelgegenstände zu finden.

Das Kampfsystem wurde ebenso überarbeitet. Ist einmal ein Schlag gefallen, können andere Knöpfe gedrückt werden, um Kombos zu erschaffen, was manchmal auch notwendig ist, wenn Feinde anfangen zu blocken. Das sieht überraschend vielfältig aus, auch weil die verschiedenen Fähigkeiten der Charaktere, mal Jedi, mal Druide, mit eingebaut werden. Allzu wichtig ist das aber nicht, denn jede Schlacht verkommt in ein typisches Buttonmashing, das trotz fehlender Komplexität nichts von seinem klassischem Charme verloren hat. Dennoch wäre ein vollständig neues Kampfsystem interessant gewesen, und zumindest das genaue Zielen mit Blastern hat den Vorteil, dass Helme von Sturmtrupplern abgeschossen werden können, um anschließend mit einem Schuss in den LEGO-Kopf einen Feind zu besiegen.

Der gemütliche Gaming-Snack

Aufgrund dieser Grundlagen muss man sich bewusst werden, dass „LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga“ die Formel nicht verändert und keine Revolution der Reihe darstellt. Die Neuerungen fügen sich zwar gut in das Abenteuer ein, und jedes Level sowie jede Welt wurden von Grund auf neu erschaffen. Im Endeffekt geht es aber noch immer durch kreative Level, in denen auf alles gehauen wird, was aus Steinen besteht. Wer bisher damit nichts anfangen konnte, wird auch hier nicht glücklich werden.

Gleichzeitig ist all das aber auch nicht notwendig, denn die Grundlage ist sehr unterhaltsam. Durch die kompakteren Episoden wird die Spielstreckung stark reduziert, und somit fühlt es sich so an, als würde man nur die besten Momente eines LEGO-Spieles erleben, anstatt genau auf diese zu warten. Auch die Abwechslung stimmt, denn Pod Racing ist ein völlig anderes Erlebnis, als eine alte Höhle zu erforschen oder ein Spiegel-Rätsel zu lösen. Hier wird also eher feinpoliert, als revolutioniert, was bestens funktioniert.

Mehr Macht

Etwas weniger ausgeklügelt ist das Upgrade-System. Gab es zuvor hunderte Charaktere, die mehrere Fähigkeiten besaßen, gibt es nun neun Klassen, die sich diese teilen. Ein Jedi kann Lichtschwerter nutzen und Charaktere manipulieren, ein Schrottsammler kann derweil Werkzeuge bauen. Zwar macht das die Charaktere weniger vielfältig, dank eigener Animationen behalten sie aber ihren Charme, und insgesamt benötigt man nur eine Figur aus jeder Kategorie, um alle Rätsel lösen zu können – mit überraschend wenigen Ausnahmen.

Während es einen überaus nützlichen Fertigkeitenbaum gibt, der für alle Klassen gilt und die Lebensleiste verlängert, Studs magnetisch zu den Helden zieht oder das Lauftempo erhöht, verfügt jede Klasse auch über einen eigenen. Hier werden Angriffe verstärkt oder kleine Boni hinzugefügt, die am Ende des Tages leider nicht wirklich notwendig sind. Der Schwierigkeitsgrad ist erneut sehr niedrig, ein Tod nahezu unbedeutend, da man nur eine geringe Anzahl an Studs verliert, und die Kämpfe zu schnell vorbei, sollte man die entsprechenden Fähigkeiten upgraden. Es macht zwar Spaß, die Charaktere immer stärker zu machen, und besonders die Verbesserungen, die sich nicht auf den Kampf beziehen, sorgen für einen schnelleren Spielfluss. Wer aber Angst davor hat, deswegen grinden zu müssen, kann beruhigt sein.

Für echte Sammler

Kein LEGO-Spiel ohne Sammelgegenstände, so auch hier. Wer ein Level abschließt, kann dieses später im Freien Spiel wiederholen, um Mini Kits oder blaue Steine zu sammeln, die vorher unerreichbar waren, weil die passende Charakterklasse nicht anwesend war. Da die Level nur selten lang sind, geht das deutlich schneller voran, und dank Hilfsmarkern bleibt auch eine lange Suche aus. Zudem lassen sich dann auch alle blauen Steine finden, die für Charakter-Upgrades notwendig sind.

Diese Steine gibt es auch auf den Planeten, insgesamt sogar 1000 davon, sodass diejenigen, die alles sammeln wollen, sehr lange beschäftigt werden. Wichtiger sind aber die Datenkarten, von denen es nur 19 gibt, die aber die roten Steine der Vorgänger ersetzen. Sie können frei für bestimmte Boni verwendet werden, allerdings stets in Kombination für Studs, sodass man tatsächlich erst den zweifachen Multiplikator erwerben sollte, statt für einen höheren zu sparen. Besonders lustig sind aber auch der Retro-Filter, Baguettes als Lichtschwerter und Regenbogeneffekte.

Das weite Universum

Auch der Weltraum wird nicht ignoriert. Am spannendsten sind die Level, in denen man Raumschiffe steuern kann, denn hier werden große Schlachten nachgestellt, während man Feinde abschießt und auch ausweichen muss, was aufgrund der guten Steuerung bestens funktioniert. Diese teils bombastischen Szenen wurden erstklassig designt, etwas weniger spektakulär sind hingegen die Weltraum-Areale außerhalb der Planeten, in denen man sich frei bewegen kann. Hier darf man kleine Aufgaben absolvieren, Kopfgeldjäger abschießen und Asteroiden zerschießen, die wenigen Elemente wiederholen sich aber zu schnell und da auch optisch keine Abwechslung geboten wird, ist man dankbar, dass diese Passagen stets kurz geraten sind.

Alles, was das Fanherz sich wünscht?

Der Löwenanteil des Titels sind die offenen Welten, die überraschend groß geraten sind. Häufig gibt es mehrere Abschnitte pro Planet, sodass wirklich alle Orte, die man in den neun Filmen sehen konnte, frei begehbar sind. Obwohl sie in die Episoden eingebaut werden, machen sie erst Spaß, wenn man sie im freien Galaxie-Modus besucht, denn dann kann man die über 300 Charaktere frei nutzen, sodass kein blauer Stein, keine Herausforderung und keine Datenkarten sicher ist. Die Verstecke sind manchmal sehr offensichtlich, manchmal kreativ geraten und wer wirklich alle davon sammeln möchte, kann das dank Markern auf der Karte auch ohne Probleme tun. Das bleibt vor allem deshalb unterhaltsam, weil sich die Gebiete stark voneinander unterscheiden und immer wieder Überraschungen und wunderbare Anspielungen bieten. Die wunderbaren Anspielungen und zahlreichen Geheimnisse beweisen, mit wie viel Liebe zum Detail hier gearbeitet wurde.

Zudem gibt es in jeder Welt auch Nebenaufgaben, für die meist eine bestimmte Klasse notwendig ist. Diese erzählen dann auch kleine Geschichten, die überraschend nett ausfallen und lustige Momente bieten, während man neue Ecken entdeckt. Hat man alle Episoden absolviert, und einige Stunden in den Welten verbracht, wird das alles zwar sehr eintönig, alleine die Präsentation sorgt aber dafür, dass man immer wieder in das „Star Wars“-Universum eintauchen möchte. Schade ist lediglich, dass erstklassige Werke wie „Rogue One“ oder „The Mandalorian“ nur durch DLC-Charakterpakete vertreten sein werden.

Ein großer Schritt

LEGO-Spiele enttäuschen häufig durch zahlreiche Bugs, Framerate-Probleme und Abstürze, und obwohl das Spiel nicht perfekt ist, hat sich die zusätzliche Entwicklungszeit gelohnt. Nach zahlreichen Stunden ist das Spiel nicht einmal abgestürzt, und lediglich zwei kleine Bugs, die sich schnell beheben ließen, sind aufgetaucht. Die Bildrate lässt sich auf 30 oder 60 limitieren, und wer Letzteres auswählt, erlebt nur gelegentlich in einigen Leveln Ruckler, darf sich aber meist über ein wunderbar flüssiges Erlebnis freuen, selbst im Splitscreen-Mehrspielermodus.

Auch die musikalische Untermalung könnte nicht besser sein, denn hier trällern zahlreiche ikonische Werke im Hintergrund, während die Soundeffekte einen in die jeweilige Zeit versetzen. Auch die Ladezeiten sind sehr kurz geraten – schade nur, dass der Dualsense nicht eingebunden wird. Am Ende steht aber das technisch beste LEGO-Spiel.