Der große Elefant, der in „Gotham Knights“ im Raum steht: Batman ist tot. Dennoch sollen sich alle Verbrecher Gothams vor Nightwing, Batgirl, Robin und Red Hood vorsehen. Ob das neue Quartet aus Helden in die großen Fußstapfen von „Batman: Arkham“ folgen kann, soll dieser Test zeigen.

Vergleich mit dem großen Vorbild

Ausgangspunkt für die Story von „Gotham Knights“ ist der Tod von Batman selbst. Im Kampf gegen Ra's al Ghul wird Batman tödlich verwundet und begräbt sich selbst und Ra's in der Bat-Höhle. Durch den daraus folgenden Code Black werden nun seine ehemaligen Sidekicks die eigentlichen Helden der Geschichte. Mit den von Batman hinterlassenen Fallakten, machen sich Nightwing, Batgirl, Robin und Red Hood nun daran die Informationen zum mysteriösen Hof der Eulen und Ra's al Ghul sowie seiner Familie weiter zu untersuchen. Dabei tauchen natürlich viele Charaktere des Universums auf und es warten einige mehr oder weniger vorhersehbare Ereignisse auf die Spielenden. Die große Struktur der Story wird dabei nicht immer gut erklärt und die Spielenden werden stets angehalten, sich die Ereignisse selbst in Kontext zu setzen.

Auch wenn „Gotham Knights“ nicht Teil der beliebten Arkham-Reihe ist, gibt es genug Ähnlichkeiten, dass man eigentlich das Gegenteil vermuten würde. Spielende gehen mit ihrem gewählten Helden auf nächtliche Patrouillen durch ein zwar großes, aber nicht allzu lebendiges Gotham, um Verbrechen zu verhindern, Hinweise zu recherchieren oder neuen Spuren zu folgen.  Die zunächst präsentierte Freiheit während der Erkundung der riesigen Stadtlandschaft ist sehr einladend dargestellt, dennoch fehlt es nach wenigen Spielstunden bereits an erinnerungswürdigen Schauplätzen und insgesamt wirkt die große Stadt sehr leer.

Mit dem Fehlen des bekannten Helden Batman wird auch eine große Portion des Pathos und psychologischen Dramas aus dem Spiel genommen. Ohne zuviel über die Story zu spoilern, lässt sich dennoch sagen, dass die Geschichte zwar nicht ganz an bisherige Erlebnisse herankommt. Jedoch merkt man stets, dass das Entwicklerteam wusste, wie man vom Vorbild lernen konnte um Emotionen und Spannung in guter Kombination zu präsentieren. Leider werden viele Charaktere der Geschichte kaum eingeführt, worunter vor allem Comic-ferne Fans leiden.

Viel zu tun

Auf den Patrouillen gibt es sehr viel zu erledigen, egal ob verloren gegangene Batarangs eingesammelt werden müssen oder Rennen auf dem Batcycle absolviert werden können. Mit zunehmender Spieldauer bekommt man jedoch immer mehr das Gefühl, dass das stetige Aufleveln sich nach zu viel Arbeit anfühlt und die bekannte Missionsstruktur zu wenig originelle und spannende Momente oder Enthüllungen zu bieten hat.

Es gibt mehrere etablierte Missionsschauplätze, die über das Spiel verstreut sind und in denen es häufiger zu wichtigen Geschichten und geskripteten Begegnungen kommt. Aber selbst diese fühlen sich linear an. Es fehlt

 die originelle Idee, die das Spiel an dieser Stelle gebraucht hätte. Trotzdem macht es Spaß, einige der unterhaltsamsten Schurken auftauchen zu sehen, von Einzelpersonen wie Harley Quinn und Pinguin, bis hin zu Gruppen wie dem mysteriösen Hof der Eulen.

Langwierige Kämpfe

Die Kämpfe und das Schleichen funktionieren grundsätzlich gut, jedoch fehlt es auch hier an der Kreativität des Vorbilds und imposante Präsentation, die Kämpfe in diesem Setting so unterhaltsam machen. Es gibt einfach zu wenig Werkzeuge, um Feinde zu manipulieren und hinters Licht zu führen, während man im Dunkeln auf eine Chance wartet. Gleichzeitig laufen die Kämpfe zu oft in der gleichen Tastenkombination ab. Bestimmte später freigeschaltete Fähigkeiten verleihen dem Kampf mehr Tempo und Flexibilität, jedoch hat man selbst dann noch unangenehm lange Kämpfe, bis die Energieleiste der Feinde dem Ende entgegen geht. Auch wenn man hier ein anderes Spiel vor sich hat, fühlte man sich von der Präsentation sehr oft an frühere „Arkham“-Spiele erinnert und an die angenehmer inszenierten Begegnungen dieser Titel.

Batman Junior

Es ist interessant zu beobachten, wie eine Reihe von Charakteren, die ursprünglich Handlanger waren, sich zusammenschließen, um in die Hauptrolle zu schlüpfen. Das Gefühl der familiären Kameradschaft funktioniert und alle Charaktere können sich auf ihren Solo-Missionen behaupten. Aber von den Dialogen bis zu den Erzählsträngen, kann man sich des Gefühls nicht erwehren, eine Junior-Version von Batman zu erleben, mit einem Ton, der nicht zu dem düsteren Setting passt. Vieles der Präsentation hat einfach nicht die Ernsthaftigkeit, die es braucht, um zu überzeugen, auch wenn man stets interessiert ist wie es weitergeht.

Individualität groß geschrieben

Das gebotene Fortschrittssystem bietet viele Möglichkeiten, die Charaktere zu verbessern. Besonders viel Spaß macht die Fülle an fantastischen Anzugdesigns. Ich habe es genossen, neue Waffen herzustellen und sie mit meinen bevorzugten Boni auszustatten. Jeder Charakter hat auch einen einzigartigen Fähigkeitenbaum. Je weiter das Spiel voran schritt, desto mehr fühlte sich fast jeder Charakter in seinem Spielstil unterschiedlich genug und angenehm passend an. Einzig Red Hood wirkt mit seinen langsamen Bewegungen und dem Fokus auf Fernkampfwaffen etwas fehl am Platz.

Qualitative kooperative Erfahrung

Warner Bros. Montréal verdient ein großes Lob für seine Herangehensweise an das kooperative Erlebnis mit zwei Spielenden. Die Drop-In- und Drop-Out-Erfahrung ist nahtlos, unterhaltsam und passt den Schwierigkeitsgrad so an, dass beide eine gute Erfahrung haben. Die Spielenden können an einem Ort gemeinsam Kämpfe austragen oder sich problemlos weit voneinander entfernt in der Stadt aufhalten. Das Mehrspielersystem funktioniert so reibungslos, dass man außer der Möglichkeit, mit einem Partner vor der Konsole ein paar Bösewichte zu verprügeln, keine weiteren Komplikationen bemerkt. So funktioniert ein guter Koop-Modus.

Technische Hürden

Im Vorfeld war bereits bekannt, dass „Gotham Knights“ selbst auf PlayStation 5 keinen Performance-Modus bieten wird. Somit lässt sich das actionreiche Abenteuer leider nur mit 30 Bildern pro Sekunde erleben, was bei einem schnellen Gameplay zu kritisieren ist. Hier bleibt es auf einen Patch zu hoffen, der eine höhere Framerate nachliefert.

Ansonsten bieten Bild und Ton jedoch eine gute Erfahrun. Das Spiel wirkt sowohl grafisch überzeugend als auch angenehm in der Vertonung und schafft es so, das begrenzte Geschwindigkeitsgefühl mit überzeugender Qualität zu füllen. Die technischen Möglichkeiten der PlayStation 5 werden zwar nicht vollends ausgenutzt, dennoch überzeugen zumindest die sehr kurzen Ladezeiten.