Kratos und Atreus sind zurück. „God of War Ragnarök“ knüpft da an, wo das Reboot von 2018 aufgehört hat und macht somit unmissverständlich klar, dass die beiden Spiele unzertrennlich zusammen gehören. Wer „God of War“ noch nicht gespielt hat, sollte dies schnellstens nachholen, um sich das große Finale in „Ragnarök“ nicht entgehen zu lassen.

Donnernder Wumms!

„Ragnarök“ könnte nicht imposanter beginnen. Gleich zu Beginn knallt es schnell besonders kräftig. So kräftig, das man sich schnell erinnert, wieso „God of War“ so beeindruckend ist. Die erste, große Konfrontation ist so brachial inszeniert, dass sie den Ton und die Erwartungshaltung für den weiteren Spielverlauf setzt. Fliegende Äxte, berstende Felsen, Faustschläge so stark wie Rammböcke. Angestachelt von den spöttischen Kommentaren meines Gegners, war ich innerhalb kürzester Zeit im Action-Rausch gefangen. Ausweichen, blocken, kontern, angreifen. Die Axt dem Gegner mit aller Kraft entgegenschleudern. Dann wieder zurückrufen und den Griff in der Hand dank Controller-Vibration beinahe selbst spüren. Ja, das ist zweifelsohne „God of War“. Und dann gibt es da noch diesen einen Moment, ich sage nur: „Ladebildschirm“.

Ragnarök naht

Zugegebenermaßen verliert „God of War Ragnarök“ daraufhin etwas an Fahrt. Das heißt aber nicht, dass die folgenden Ereignisse nicht weniger fesselnd wären. Nach den großen Enthüllungen am Ende des Vorgängers ist der Fimbulwinter angebrochen und bedeckt Midgard seit mehreren Jahren mit Schnee. Kratos und Atreus haben diese Zeit genutzt, um sich auf Ragnarök und die drohende Auseinandersetzung mit Odin vorzubereiten. Besonders Atreus plagen die vielen offenen Fragen, auf die es gilt Antworten zu finden. Die Suche führt das Dreigespann aus Kratos, Atreus und Mimir sowohl an neue als auch bekannte Orte der neun Welten. Allerdings stoßen sie dabei auf viele neue Fragen, was dazu führt, dass ihr in Windeseile wieder in die Mythen von „God of War“ hineingesogen werdet. Die Erfolgsmischung des Vorgängers, bestehend aus brachialer Inszenierung und packender Geschichte, geht also auch in „Rangarök“ in Windeseile auf.

Kämpfe und Rätsel wechseln sich ab

Eure Reise durch die neun Welten variiert in einem guten Maß zwischen Kampf- und Erkundungspassagen. Es ist nicht so, als seien die Kämpfe sonderlich ausgefallen. Ihr könnt schnelle, aber dafür schwächere, und langsame, dafür aber stärkere Angriffe ausführen. Gegnerischen Angriffen könnt ihr mit einem Sprung ausweichen oder diese mit Kratos' Schild blocken. Dass das alles aber in derart gutem Einklang funktioniert wie in „God of War Ragnarök“, ist nicht selbstverständlich. Die Kämpfe sind dynamisch und rasant. Das Ausweichen und Blocken gegnerischer Angriffe trägt zur Kampfdynamik bei und bremst diese nicht aus.

Zwischen den Kämpfen gilt es immer wieder Rätsel zu lösen, in denen ihr Kratos' Axt zur Abwechslung als nützliches Werkzeug anstatt als todringende Waffe nutzt. Meistens müssen Maschinen vereist oder Schalter in der Ferne aktiviert werden. Im Vergleich zu den Vorgängern haben sich die Rätsel nicht wirklich verändert. Das heißt aber nicht, dass die Lösungen sofort auf der Hand liegen. Umso ärgerlicher sind da die Kommentare von Kratos Begleitern. Diese werfen nämlich schon nach kurzem Leerlauf ungefragt Hinweise in den Raum, die derart offensichtlich sind, dass die Rätsel hinfällig werden. Zwar könnt ihr in den Einstellungen den Zeitraum erhöhen, bis ihr einen Hinweis erhaltet, ganz abstellen lässt sich diese Funktion nach aktuellem Stand aber noch nicht.

Die Spielwelt ist euer Verbündeter

Den Großteil der Zeit kämpft ihr aber ohnehin gegen allerhand Monster-Vieh. In „Ragnarök“ wurde das Kampfsystem um einige Feinheiten sinnvoll erweitert, wie etwa den austauschbaren Schild. Jeder Schild hat eigene Effekte, die ihr einsetzen könnt. Zum Beispiel könnt ihr feindliche Treffer absorbieren und dann bei Bedarf die gesammelte Kraft auf eure Feinde entfesseln, die dann auseinander gesprengt werden.

Vorteile erlangt ihr auch dann, wenn ihr die Spielumgebung in eure Kämpfe einbindet. Verteilte Sprengsätze können mit einem gezielten Wurf von Kratos' Axt entzündet werden und seinen Feinden Schaden hinzufügen. Beim erneuten Besuch von Alfheim lernt ihr, Kratos' Axt gegen reflektierende Erze zu werfen. Der Rückprall wird nicht nur zum Lösen von Rätseln benötigt, sondern kann auch im Kampf genutzt werden. Die zurückfliegende Axt trifft Gegner außerhalb ihrer Deckung und betäubt sie, sodass Kratos zum mächtigen Finisher ausholen kann. Derartige Möglichkeiten fügen sich in die Kampfdynamik ein und bieten euch im Kampf mehr Optionen gegen eure Feinde.

Atreus wird erwachsen

Unterstützt werdet ihr in den Kämpfen von Atreus, der selbstständig oder auf Kommando angreift und in „Ragnarök“ zum Hauptcharakter avanciert. Das liegt auch daran, dass ihr in einigen Abschnitten Atreus steuert, während Kratos zurückbleibt. Auch wenn Atreus sich aufgrund seines Bogens etwas anders spielt als Kratos, ist die nötige Umgewöhnung nur geringfügig. Immerhin kann Atreus den Bogen auch zum Zuschlagen nutzen und das Abfeuern der Pfeile steuert sich wie der Axtwurf von Kratos. Die Passagen mit Atreus fühlen sich wie kleine, selbstständige Abenteuer an und verstärken die Abwechslung. Keine Sorge, den Großteil von „Ragnarök“ spielt ihr weiterhin als Kratos.

Mehr Gegnervielfalt

Ein persönlicher Kritikpunkt am Reboot von 2018 waren die sich wiederholenden Gegnertypen. „God of War Ragnarök“ gelingt es von Beginn an eine größere Vielfalt zu bieten. Zudem werden neue, fordernde Widersacher eingeführt. Die Einherjar, entsandte Krieger von Odin, stechen besonders hervor. Durch die Macht des Bifrosts, können sie den Lebensbalken von Kratos vergiften. Dieser vergiftete Bereich des Lebensbalkens explodiert bei einem weiteren Treffer und fügt Kratos besonders viel Schaden hinzu. Alle Gegner-Typen verhalten sich unterschiedlich und erfordern andere Kampfstrategien. Neben den Kampfmechaniken lernt ihr daher auch immer wieder neue Vorgehensweisen, um euch eurer Gegner zu entledigen.

Orientierungslos auf dem Schlachtfeld

Dennoch gibt es Momente, in denen man während der Kämpfe das Gefühl hat, die Kontrolle zu verlieren. Bei größeren Gegnermengen kommt es immer wieder vor, dass Kratos auch von hinten umstellt wird. Die langsamen Kamera-Bewegungen und die Anvisieren-Funktion machen es in diesen Situationen schwierig rechtzeitig zu reagieren, bevor Kratos attackiert wird. Das Anvisieren der Gegner reagiert dafür zu häufig zu unvorhersehbar. In vielen Fällen ist man besser beraten, auf das Anvisieren zu verzichten, kommt dann aber wiederum mit der Justierung der Kamera nicht hinterher. Die vielfältigen Einstellungsmöglichkeiten zum Ziel- und Kameraverhalten können hier teilweise helfen. Abseits dieser Unschönheiten gelingt es „God of War Ragnarök“, euch zu fordern aber gleichzeitig nie zu überfordern. Die verschiedenen Schwierigkeitsgrade ermöglichen es euch im Zweifelsfall noch nachzujustieren, falls euch die Kämpfe doch zu leicht oder schwer vorkommen.

Spannende Beiläufigkeiten

Auch am Rand von krachenden Kämpfen und großen Enthüllungen werdet ihr Zeuge kleinerer, aber nicht weniger spannender Momente. In scheinbarer Beiläufigkeit zum eigentlichen Geschehen werden die Gespräche zwischen Kratos und Atreus überraschend tiefgründig, wenn es um Ethik und Moral im Krieg geht. Auch werden Bezüge zu den Ereignissen aus dem Vorgänger geknüpft oder mehr Informationen über die Historie der Arsen verraten. Wer mehr von diesen Momenten erleben möchte, sollte sich Zeit für die Nebenmissionen nehmen, in denen noch mehr solcher Momente warten. Möchtet ihr hingegen nur dem roten Faden der Geschichte folgen, hält euch „Ragnarök“ auch davon nicht ab.

Technisch einwandfrei

Solltet ihr darauf hoffen, dass „God of War Ragnarök“ endlich das Spiel ist, das eure PlayStation 5 zum Schwitzen bringt, muss ich euch weiter vertrösten. Keine Frage, die Spielwelt, Charaktere und Effekte von „Ragnarök“ sehen brilliant aus. Das hat aber auch viel damit zu tun, dass fabelhafte Welten gestaltet wurden und nicht damit, dass die PlayStation 5 die Tore zur nächsten Grafik-Stufe erlaubt. Das ist aber auch Stöhnen auf höchstem Niveau. Je nachdem welchen Grafik-Modus ihr wählt, stehen euch 4k-Auflösung oder 60 fps zur Auswahl. Es fehlt aber der „Wow-Effekt“, den ich mir nun schon seit zwei Jahren von meiner PlayStation 5 erhoffe.

Betrachtet man „God of War Ragnarök“ aber aus der Perspektive der PlayStation 4, ist dies wohl der fulimante Abschluss einer Ära. Untermalt wird “Ragnarök“ von einem fantastischen Soundtrack, der sich auch bei Klängen aus dem ersten Teil bedient und mit neuen Stücken mischt, wodurch das Gefühl untermauert wird, dass die beiden Spiele unzertrennlich zusammengehören.