Es wäre von mir gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich mich nicht wie ein kleines Mädchen gefreut habe, als ein weiterer Teil zu „Mirror’s Edge” angekündigt wurde. Die verschiedenen Ankündigungen der letzten Monate, wie die Open World und der Fokus auf die Story durch mehr Cutscenes, haben mich schon stutzig gemacht aber spätestens auf der gamescom nach meiner Anspielsession war ich davon überzeugt, dass „Catalyst” spielerisch wieder an den Vorgänger anknüpfen kann. Jetzt ist die Vollversion endlich da und ich hab mich kopfüber in die sterile Stadt von Glass gestürzt. Warum das Spiel dem Namen nicht ganz gerecht wird aber dennoch kein schlechter Titel ist, erfahrt ihr in der folgenden Review.

Bla Bla Story Bla Bla

Da es sich bei „Mirror’s Edge Catalyst” um ein Reboot handelt, wird auch die Geschichte von Faith neu erzählt. Die Eltern von Faith werden von Gabriel Kruger, einem der mächtigsten Menschen im Konglomerat aus verschiedenen Firmen-Familien, die Glass unter ihren Fittichen haben, getötet. Auch ihre Schwester Cat kommt bei dem Fluchtversuch durch einen Tränengas-Angriff ums Leben. Viele Jahre später kommt Faith nach zweijähriger Gefangenschaft wieder in die Freiheit und wird dort sofort wieder in ihren alten Runner-Job eingeführt. Denn nicht nur Krugers Pläne, die die Menschheit noch weiter unterjochen werden, scheinen sich dem Finale zu nähern, sondern auch die extreme Untergrund-Gruppe Black November geht immer radikaler vor. Als Kraft zwischen den beiden Positionen wird Faith immer weiter in den Konflikt gezogen.

Wie schon eingangs erwähnt, war die Ankündigung, dass DICE der Story einen neuen Stellenwert gibt, ein kurzer Grübelmoment, denn „Mirror’s Edge” stand nicht für eine ausschweifend inszenierte Geschichte. Leider bewahrheiten sich die Befürchtungen auch, denn die fünfzehn Hauptmissionen brillieren nicht durch die Cutscenes und die darin agierenden Charaktere. Ob nun alte Bekannte aus dem ersten Teil oder auch gänzlich neue Charaktere – zu keinem kann man eine wirkliche Beziehung aufbauen, da sie allesamt entweder nur flüchtig vorkommen oder einfach zu stereotypisch handeln. . Selbst Faith, die fast die ganze Zeit als bedrückte junge Frau dargestellt wird, die aber dennoch stark sein kann, kann nicht wirklich überzeugen. Lediglich Plastic, eine junge Hackerin, bringt ein wenig Leben in die kühle Stadt. Auch der Plot an sich ist eher zu vernachlässigen. Schon nach wenigen Missionen wird man wissen, in welche Richtung er gehen wird und auch der Twist ist so peinlich konstruiert, dass man nur noch verschämt weggucken möchte.

Oh noch ein blinkendes Ding

Mach ich doch mal direkt mit der zweiten, erwarteten Enttäuschung erwarten. Anstatt einfach nur in einem vorgegebenen Areal den schnellsten Weg zu finden, gibt es nun eine Open World. Diese versprüht wieder den gleichen futuristischen Charme mit einem sehr klaren Clean und den wenigen Akzentfarben. Letztere dienen auch dafür, die einzelnen Stadt-Teile untereinander abzugrenzen. Leider findet der Hindernislauf durch Glass mal wieder nur auf den Dächern oder ganz im Untergrund statt. Ein bisschen Offener auch mit einem belebten Straßenlevel hätte es für eine Open World schon sein dürfen. Auch die Hoffnung, dass man sich seinen ganz eigenen Weg durch die Welt finden kann, bleibt auf der Strecke, da man doch wieder nur der Runners Vision folgt und sich abseits davon schnell verlaufen wird beziehungsweise nur ganz leicht abweichen wird.

Sowieso ist die Stadt sehr karg gestaltet. Man sieht sich nach kurzer Zeit an allem satt, obwohl man erst in wenigen Gebieten unterwegs war. Das kommt daher, dass trotz der Akzentfarben die gesamte Architektur sich nur minimal bis gar nicht verändert. Ein weiteres Problem sind die unnützen Sammelgegenstände, die überall und in hundertfacher Ausgabe in der gesamten Welt verteilt sind. Dadurch bekommt man schnell das Gefühl, man würde wie eine Katze einem Laserpointer hinterher hechten, nur um irgendetwas aufzusammeln, was man sich am Ende dann nie wieder anschauen oder anhören wird. Auch das Skill-System von Faith fühlt sich einfach falsch an. Vor allem die Skills für die Bewegung, wo auch elementare Fähigkeiten, wie das Rollen oder das schnelle Umdrehen, mitinbegriffen werden, sind fehl am Platz und sollten von Anfang an möglich sein. Zwar dauert es nicht lange, bis man sich diese Kaufen kann aber allein da sie vom Spiel im späteren Verlauf vorausgesetzt werden, zeigt, dass diese Art des Fortschritt-Systems einfach keinen Platz in „Mirror’s Edge” hat und aus irgendeinem unerklärlichen Grund eingebaut wurde.

Kampf, der den Flow unterbricht

Um das Trio der Enttäuschung komplett zu machen, muss ich leider auch auf den Kampf eingehen. Es ist zunächst zu begrüßen, dass man nicht mehr mit Waffen schießen kann, da es sowieso nie nötig war und man meist schneller war, einfach an den Gegnern vorbei zu laufen. Dieses Mal hatte DICE die Idee gehabt, den Kampf in die Bewegungen einzubauen, damit der Flow nicht unterbrochen wird. Dafür verwendet man dann leichte und starke Attacken, die verbunden werden mit Wandläufen, hohen Sprüngen und mehr. Dabei merkt man genau, warum ein Gegner nur an einem bestimmten Punkt steht. Denn entweder sind sie extra nah an den Elementen, um sie direkt zu erledigen oder man muss sie mit dem langsamen Nahkampf erledigen.

Allein, dass ich schon langsam bei einem Spiel wie „Mirror’s Edge” niederschreibe, zeigt, dass der Kampf nicht gerade das Gelbe vom Ei ist. Im direkten Nahkampf muss man die Gegner gegen Wände oder Geländer treten, um sie aus der Balance zu bringen, wodurch sie dann mehrfach mit den Fäusten bearbeitet werden können. Das Ganze fühlt sich aber einfach nur langsam an und unterbricht den Flow, der ja eigentlich so wichtig ist. Das wird noch einmal dadurch verschlimmert, dass DICE dem Kampf einen höheren Stellenwert zugesprochen hat. Mittlerweile gibt es innerhalb der Missionen mehrere Szenen, in denen man alle Gegner erledigen muss, um weiter zu kommen. In diesen Arenen läuft man dann die ganze Zeit im Kreis und versucht irgendwie, die Gegner in die Falle zu locken, um sie mit den stärkeren Attacken zu erledigen. Das macht einfach keinen Spaß und nimmt dem Spiel einfach die so wichtige Geschwindigkeit.

Warum „Mirror’s Edge Catalyst” trotzdem Spaß macht

Warum aber stelle ich dann in der Einleitung die These auf, dass „Mirror’s Edge Catalyst” doch nicht schlecht ist, obwohl ich mehrere Abschnitte lang die Enttäuschungen aufzähle? Das liegt ganz klar an dem Gefühl, das durch das Gameplay vermittelt wird. Während man durch die Missionen läuft, hat man immer noch den gleichen Spaß wie damals und fühlt sich in das Jahre 2008 versetzt, als man in den schlauchigen Levels seinen ganz eigenen Weg gesucht hat, um so schnell wie möglich von A nach B zu kommen. Genau dieser Aspekt ist auch immer noch vorhanden, weshalb die 15 Hauptmissionen und 15 Nebenmissionen ganz klar das Highlight des Spiels sind und einen für knapp acht bis zehn Stunden an den Fernseher fesseln werden.

Dazu kommt ein super Spielgefühl – abseits vom miesen Kampf. Jede einzelne Bewegung geht wieder in Mark und Blut über und man wird sich schnell in der Welt zurechtfinden sowie eigene Wege und Möglichkeiten finden, noch schneller durch die Umgebungen zu traversieren. Vor allem Serien-Veteranen können sich darüber freuen, dass die Steuerung immer noch genauso funktioniert, wie im ersten Teil, und eine Umgewöhnung fast gar nicht nötig ist – zumindest solange man die wichtigsten Bewegungs-Skills freischaltet. Wenn man also nur der Geschichte folgt und von den ganzen Neuerungen absieht bekommt man einen konsequenten Nachfolger geboten, der sowohl Fans als auch Neulinge ansprechen kann.

Gleicher Stil mit besserer Technik

Wenn man sich nur Bilder zu „Catalyst” anschaut, dann denkt man zunächst, das wären Bullshots des ersten Teils. Zwar sieht alles viel hübscher aus aber der Stil ist immer noch genau der Gleiche und man bekommt auch beim Spielen das Gefühl nicht los, dass so manche Textur vor allem bei den Charakter-Modellen aus dem Vorgänger genommen und nur ein wenig überarbeitet wurde. Immerhin hat DICE auch auf der PlayStation 4 versucht, weitestgehend eine solide Technik zu bieten. Zwar gibt es hier und da Ruckler, die stören aber meist nicht das Spielgeschehen und auch das nervige Tearing, das den ersten Teil auf der Konsole plagte, wurde komplett dezimiert. Der Soundtrack ist wieder eine ganz atmosphärische Mischung aus futuristischen Klängen und erzeugt ein sehr modernes Ambiente, was perfekt zu der sterilen Umgebung passt.