Wer in den letzten Jahren von Basketball-Videospielen redete, sprach vor allem von der „NBA 2K“-Serie aus dem Hause 2K Games und dem Entwicklerstudio Visual Concepts. Kaum ein anderes Sub-Genre wird dermaßen über so einen langen Zeitraum von einem einzigen Akteur dominiert. Kein Wunder, überzeugt die traditionsreiche Serie rund um den Profisport aus Nordamerika laufend mit einem Gesamtpaket, in dem fast alles stimmt. Selbst ein großer Publisher mit einem sehr hohen Budget wie Electronic Arts, musste mit der „NBA Live“-Serie schnell einsehen, dass man gegen den „king of the court“ kein Land sieht. Doch mangelnde Konkurrenz kann träge und faul machen. Dementsprechend stellt sich die Frage, ob „NBA 2K17“ sich auf seinen Lorbeeren ausgeruht und das Training hat schleifen lassen oder man doch seinen Punktevorsprung weiter ausgebaut hat? Das erfahrt ihr in unserer Review.

Hollywood gibt sich die Ehre

Zu Beginn des Basketball-Abenteuers steht zunächst die Erstellung eines eigenen Basketballspielers. Dabei kann entweder das eigene Gesicht als Vorlage fungieren (über eine kostenlos herunterladbare App für iOS- und Android-Geräte) oder man erstellt von Grund auf etwas Neues. Wie bei allen Editoren dieser Art kann es manchmal zu etwas verstörenden Ergebnissen kommen, aber wenn man dann etwas gefunden hat was einem zusagt, muss man sich nicht mehr damit beschäftigen und kann direkt weitermachen. Einer der wichtigsten Modi in „NBA 2K17“ ist natürlich „Meine KARRIERE“, in der man sich langsam von den Anfängen der College-Zeit bis ganz nach oben auf die NBA-Spitze dribbelt. Im letzten Jahr konnte man Filmregisseur Spike Lee, bekannt durch Streifen wie „Malcolm X“ oder „Inside Man“, für die Geschichte rund um den Karrieremodus gewinnen. Schlussendlich wurde das Endprodukt dann aber mit gemischten Gefühlen aufgenommen, wenn nicht sogar eher die Enttäuschung bei der eingefleischten Spielergemeinde überwog. Für „NBA 2K17“ haben sich Publisher 2K Games und Entwickler Visual Concepts nicht lumpen lassen und Aaron Covington, bekannt für „Creed – Rocky’s Legacy“, an Bord geholt, um eine Geschichte rund um einen aufstrebenden Stern am NBA-Himmel zu schreiben. Eine weitere berühmte Persönlichkeit aus dem letzten Film des „Rocky“-Universums darf ebenfalls auf sich aufmerksam machen. Michael B. Jordan, der im Film „Adonis Creed“ spielt, übernimmt in „NBA 2K17“ die Rolle von Justice Young, eine Art Weggefährten des eigenen Spielers. Dieser wird gemeinsam mit dem eigenen Avatar zu einem NBA-Team gedraftet, im Laufe der Zeit kann man dann die Chemie zwischen beiden verbessern und sogar die Kontrolle über Justice Young übernehmen. Ein kleiner, aber cooler Kniff.

Mehr Basketball, weniger Kitsch

Eins vorweg: Wem Spike-Lees-Machwerk aus dem letzten Jahr zu kitschig und zu klischeebeladen war, darf aufatmen. Insgesamt wirkt Aaron Covingtons Ansatz deutlich bodenständiger, der Basketballsport an sich steht stärker im Mittelpunkt. Ganz ohne Pathos und übertriebener Hollywood-Ästhetik kommt auch der Karrieremodus von „NBA 2K17“ nicht aus, aber für uns Spieler auf dieser Seite des großen Teiches, ist die Kost diesmal deutlich verdaubarer als letztes Jahr. Man beginnt im College und versucht dort mit einer guten Leistung die Aufmerksamkeit der NBA-Scouts auf sich zu ziehen. Schlussendlich reichen auch durchwachsene Leistungen, um in die begehrteste Basketball-Liga der Welt gedraftet zu werden, man kann sogar etwas Nationalteam-Luft schnuppern. Sonderlich viel Sinn macht das nicht, aber irgendwie muss es ja auch weitergehen. Im Laufe der Karriere wird man immer wieder mit unterschiedlichen Szenarien und Problemen konfrontiert, das lockert das Erlebnis etwas auf. Es soll trainiert werden, der Wochenablauf geplant werden, PR-Termine wahrgenommen werden und vieles mehr. Die Entscheidungen, die man während des Aufstiegs Richtung Basketball-Olymp trifft, haben Auswirkungen auf die Entwicklung eurer Karriere. Obwohl man sich sichtbar darum bemüht, weg von dem letztjährigen Ansatz zu kommen und wieder mehr den Fokus auf den eigentlichen Sport zu legen, investiert man weiterhin eine beträchtliche Menge an Zeit bei Presseterminen, am Smartphone, im Kleiderschrank und ähnlichem. Schließlich soll trotz allem der „bling bling“-Faktor der milliardenschweren NBA nicht zu kurz kommen. Wir fanden den Mix jedoch unter dem Strich gelungen, besonders die Präsentation, auch in Hinblick auf die Zwischensequenzen, sorgen für ein rundum gelungenes und spaßiges Gesamtpaket im „Meine KARRIERE“-Modus, die primär von zu langen Ladesequenzen, nicht überspringbaren Zwischensequenzen und einem gefühlt alle Jahre wiederkehrenden Kritikpunkt getrübt wird.

Auf der Jagd nach dem Inhalt unserer Brieftasche

In „NBA 2K17“ erhält man durch gelungene Aktionen auf- und abseits des Spieles Virtual Currency, die virtuelle Währung im Spiel. Mithilfe dieser kann man zum Beispiel neue Kleidung erwerben, primär aber den eigenen Spieler verbessern. Das ist auch bitter notwendig, schließlich startet man mit einem Spieler, der so ziemlich gar nichts wirklich gut kann. Nun ist es seit vielen Jahren so, dass die „NBA 2K“-Serie ein richtiger Goldesel ist und viel Geld in die Kassen von 2K Games spült. Einer der Faktoren ist sicherlich auch jener, dass in kaum einem uns bekannten Spiel Mikrotransaktionen, sprich echtes Geld für virtuelle Inhalte, so aggressiv „beworben“ werden, wie in Spielen der „NBA 2K“-Reihe. Wohlgemerkt, wir sprechen hier von einem Vollpreisspiel, nicht von einem Free-2-Play-Modell. Während die Spieler, die keine VC erwerben wollen, ihren Avatar nur mühsam und mit viel Zeitaufwand verbessern können, können diejenigen, bei denen die Brieftasche etwas locker sitzt, eine deutliche Abkürzung nehmen. Besonders bitter, wenn man gerade zur Anfangszeit mit seiner Figur antritt, kann es, je nach Zugang, passieren, dass man z.B. im „Mein PARK“-Modus von lächerlich starken Gegenspielern, die etwas zu viel Vitamin Geld geschluckt haben, aufgemacht wird wie eine Dose Gulasch. Es offenbart sich eine fast lächerlich anmutende Diskrepanz zwischen dem oft propagierten „nur durch harte Arbeit kommt man weiter“ des Karrieremodus und der Wahrheit eines Spiels, dass viel zu stark auf Mikrotransaktionen baut. Zusätzlich verschärft wird die Situation dadurch, dass z.B. Käufer der teureren „Legend Edition“ von „NBA 2K17“ direkt mit einem VC-Vorsprung starten. Alles in allem nervt und ermüdet diese Benachteiligung derjenigen, die nicht zusätzlich in ein Spiel investieren wollen, dass ohnehin schon einen stolzen Preis verlangt. Andererseits spricht es für „NBA 2K17“, dass das vermutlich der größte Kritikpunkt ist, dem wir dem Spiel vorwerfen können.

Everybody get up, it's time to slam now

Aus Gameplay-Perspektive kriegt man einmal mehr ein absolutes Sahnestück. Allgemein kann man wieder nur konstatieren, dass das Gameplay fabelhaft, fast ohne wirkliche Macken ist und vermutlich näher an den Sport herankommt als jede andere Sportsimulation. Deswegen legen wir den Fokus auf die wichtigen kleinen Gameplay-Änderungen, die im Vorgleich zu den Vorjahren stattgefunden haben. Während man fast der Meinung sein könnte, dass die Luft für Verbesserungen immer dünner wird, schafft es der US-amerikanische Entwickler einmal mehr, sinnvolle Änderungen vorzunehmen, die das Spiel noch weiter verbessern. Das ist umso erstaunlicher, als dass die letzten „NBA 2K“-Ableger vermutlich die beste Sportsimulation darstellen, die man für Geld kaufen kann. In den letzten Jahren war man bemüht den Fokus stärker auf das Nutzen des komplizierten, aber ertragreicheren „Shot Sticks“, sprich dem rechten Analogstick, zu setzen. Man kann weiterhin Würfe auch ohne diesen betätigen, doch die Nutzung des rechten Sticks liefert mehr Kontrolle über den Wurf, gleichzeitig wird mehr Skill und Raffinesse vorausgesetzt. Das passende Timing alleine ist kein Garant mehr für einen qualitativ hochwertigen Schuss, auch die Richtung muss diesmal sitzen. Etwas zu weit links oder zu weit rechts und schon kann man sein Versagen live miterleben. Durch das Verziehen des Sticks oder dass zu späte Loslassen kommt es zu Qualitätseinbußen des Wurfs, diesmal nicht nur bei Sprungwürfen, sondern auch allen anderen Würfen. Der zusätzliche Tiefgang im Wurfsystem gefällt uns sehr, und wir üben brav an der Verbesserung unserer Werferqualitäten.

Eine Verbesserung, die uns ebenfalls sehr gut gefallen hat, findet in der Defense statt. Ebenfalls mit dem rechten Stick kann man die eigenen Steals genauer gestalten. Das heißt, dass man die Wahl hat, mit welcher Hand man in welchem Winkel versuchen will, dem Gegenspieler den Ball abzuluchsen. Das ist anfangs ziemlich gewöhnungsbedürftig, wenn man aber jedoch hineinfindet, ist es unfassbar befriedigend wenn man die Bewegung des Gegenspielers richtig liest oder seinen nächsten Schritt erahnen kann, entsprechend agiert und sich mit dem Ballbesitz belohnen darf. Verbessert wurde auch das Animationssystem, die Übergänge zwischen den Aktionen wirken nun noch ein Stück flüssiger und natürlicher, als es in den letzten Jahren der Fall war. Besonders auffällig ist das im Post-Spiel, dass mit zahlreichen neuen Animationen beglückt wurde. Der Kampf um den Ball wirkt wuchtiger, das überarbeitete Kollisionssystem zeigt was passiert wenn großgewachsene und schwere Center-Spieler um jeden Preis den Rebound wollen, die dann auch manchmal in waschechte Rangeleien gipfeln. Insgesamt darf sich das oft als zu steif und wenig facettenreiche Rebound-System über mehr Animationen, Tip-Ins, Put-Backs und ähnlichem erfreuen. Ferner wurde an einem System gewerkelt, dass einzelne Dribbel-Moves besser verketten lässt und mehr Raum für spielerischen Tiefgang und Kreativität hinterlässt. Es wirkt nicht mehr wie die simple Abfolge einzelner Moves, sondern wie ein flüssiges Ineinandergreifen einzelner Bewegungen. Wer sich jedoch übernimmt oder zu „cool“ sein will, wird öfter dem Gegnerteam den Ball schenken als ihm lieb ist. Daneben gibt es natürlich die obligatorischen Verbesserungen in der künstlichen Intelligenz, die eher marginal ausfallen, zumal sie ohnehin schon meist sehr ansprechend agiert. Einige Sachen, wie komische Laufwege eurer Mitspieler in manchen Situationen, wurden leider immer noch nicht vollständig ausgemerzt. Ein spielerisch bereits ausgezeichnetes Spiel wurde noch ein Stück verbessert, alles wirkt noch etwas feingeschliffener. Neulinge im Basketballzirkus werden jedoch anfangs ein gutes Stück Arbeit und Zeit investieren müssen um Anschluss zu finden, während Veteranen nochmal stärker vom Leder ziehen dürfen.

Randvoll mit Inhalten gefüllt

Einmal mehr kann die „NBA 2K“-Reihe mit einer Vielzahl an Spielmodi aufwarten. Besonders spannend ist beispielsweise „Mein GM“. Hier kann die eigene Liga nun auf insgesamt 36 Teams erweitert werden und der Spieler darf sein eigenes Team managen. Ob real existierende, historische oder von Fans erstellte Franchises, den Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt. Es gilt, jeden einzelnen Aspekt zu verwalten, um die ganz großen Erfolge zu erzielen. Im „Mein Park“-Modus dürft ihr eure virtuellen Avatare auf das Spielfeld schicken und gemeinsam mit Freunden ein paar Körbe werfen. Bei ähnlich starken Mannschaften macht das unfassbar viel Spaß, bei „geldgedopten“ Spieler, die binnen kürzester Zeit ihre Werte maximiert haben, eher weniger. Daneben gibt es noch kleinere Modi, besonders erfreulich ist aber die Rückkehr des All-Star-Modus, der im letzten Jahr zwangspausiert hat. Hierbei schickt ihr Legenden des Basketballs auf das Spielfeld und könnt Fanträume wahr werden lassen. Bei den im Spiel vertretenen Teams ist natürlich alles vertreten, was Rang und Namen im nordamerikanischen Basketballgeschäft hat. Darunter auch zahlreiche historische Teams, wie die 1985-1986 Boston Celtics, angeführt von Larry Bird, oder den 2000-2001 L.A. Lakers, rund um Kobe Bryant und Shaquille O’Neal. Natürlich darf auch das legendäre 1995-1996 Chicago Bulls-Team nicht fehlen, waschecht mit Michael Jordan, Scottie Pippen und Compagnie. Daneben gibt es auch eine Rekordzahl an Euroleague-Teams, 21 an der Zahl, darunter der FC Bayern München, ALBA Berlin, Brose Bamberg, Real Madrid oder ZSKA Moskau. Der Umfang im Spiel ist einmal mehr beeindruckend und wird für viele spaßige Spielstunden sorgen.

Technik

Grafisch gibt sich „NBA 2K17“ keine Blöße und kann alles in allem auf der PlayStation 4 mehr als überzeugen. Insgesamt ist die Präsentation eine der ganz großen Stärken, die digitale Basketballer sehen über weite Strecken ihren realen Vorbildern zum Verwechseln ähnlich. Das geht sogar so weit, dass manch ein Spieler mit den Symptomen des „Uncanny Valleys“ zu kämpfen hat. Stellenweise hat aber das Entwicklerstudio auch danebengegriffen: manche Spieler, wie Kevin Durant, sehen absurd und unrealistisch mager aus, wenn man als Vergleich den echten KD heranzieht. Überzeugen können ferner die Kommentatoren. Vom ehemaligen NBA-Stars wie Chris Webber, Brent Barry und Clark Kellogg über Doris Burke und Steve Smith hat man eine breite Variation an die Mikrofone gebracht und einmal mehr ein facettenreiches und spannendes „Kommentatorenerlebnis“ in das Spiel gebracht. Natürlich dürfen während des Spiels auch nicht die obligatorischen Werbeeinblendungen fehlen, um ein möglichst authentisches NBA-Erlebnis zu reproduzieren. Daneben gibt es mehrere dutzend Stunden an Pre- und Post-Game-Material.

Daneben wurde auch das Hauptmenü, im Vergleich zum Vorgänger, einer Frischzellenkur unterzogen. Im letzten Jahr mussten sich die Entwickler dahingehend viel Kritik gefallen lassen, dass manövrieren sei zu unübersichtlich und wenig intuitiv. Dieses Mal macht man es besser, dass Menü ist deutlich aufgeräumter und nüchterner. Soundtechnisch kann man ebenfalls nicht meckern, die Geräusche während des Spiels, wie zum Beispiel das Quietschen der Turnschuhe während eines schnellen Bewegungswechsels oder das Abprallen des Balls vom Ring, tragen zur authentischen Atmosphäre bei. Außerdem unterscheidet sich die Soundkulisse von Arena zu Arena, um ein unterschiedliches Gefühl zu erschaffen, je nachdem, gegen wen man wo antritt. Daneben ist die „NBA 2K“-Serie für ihren sehr aufwendigen Soundtrack bekannt, in „NBA 2K13“ wurde der Soundtrack beispielsweise von Rapper und Produzenten Jay-Z zusammengestellt. Im neuesten Ableger der Serie, wurde der Soundtrack von Imagine Dragons, Grimes und Noah „40“ Shebib ausgewählt. Über 50 Songs wurden lizenziert, über Jay-Z, Imagine Dragons, Drake, OutKast und Future, um nur einige Interpreten zu nennen. Es bleibt dann natürlich Geschmackssache, ob man etwas damit anfangen kann, oder nicht. Nur so viel: Wir mochten den Soundtrack von „NBA 2K13“ lieber.