Als die PlayStation 4 vor knapp vier Jahren erschien, baute Sony sehr stark auf eine Partnerschaft mit Indie-Entwicklern. Das Ziel war klar, man wollte der Ebbe an Videospielen, die normalerweise am Anfang eines Konsolenzyklus ansetzt, möglichst entgegenwirken und schon früh genug Material zum zocken anbieten. Mittlerweile hat Sony wieder etwas den Fokus von unabhängigen Entwickler genommen, ist doch der Spielekatalog der schwarzen Konsole gut gefüllt. Nichtsdestotrotz, finden sich immer wieder neue, frische Ansätze auf der PlayStation 4 von Indie-Entwicklern. Das Spiel „Perception“ versucht ebenfalls etwas Neues und versetzt euch in die Haut einer blinden Frau, die ihr Mangel an Augenlicht durch ihre anderen Sinne kompensieren muss. Das Ganze in ein Horrorsetting verpackt, klingt sehr vielversprechend. Ob „Perception“ tatsächlich eine kleine Perle am Indie-Himmel ist, oder doch lieber im Verborgenen geblieben wäre, zeigt unser Review.

Das Spukhaus

In „Perception“ übernimmt ihr die Kontrolle über Cassie, einer blinden Frau. Die Dame wird seit einiger Zeit von Alpträumen geplagt, in denen ein verfluchtes Haus eine zentrale Rolle spielt. Eure Aufgabe ist es, die Geheimnisse des verlassenen Herrenhauses aufzudecken und dem Spuk ein Ende zu bereiten. Dies geschieht aus der Egoperspektive, ähnlich wie in Spielen des Kalibers „The Vanishing of Ethan Carter“, treffen einige Attribute aus dem Bereich „Walking Simulator“ auf „Perception“ zu. Nachdem jedoch das Spiel von ehemaligen Entwicklern der „Dead Space“- und „BioShock“-Reihe entwickelt wurde, soll auch der Horrorfaktor nicht zu kurz ausfallen. Während man den geisterhaften Geheimnissen des Hauses auf den Grund geht, wird die Geschichte in mehrere, kleinere Kapitel unterteilt. Diese erzählen Geschichten aus längst vergangener Zeit, die sich in diesem Haus zugetragen haben, dazwischen streut Cassie immer wieder eigene Kommentare ein, die Einblick in ihr Leben als sehbehinderte Frau geben. Natürlich wollen wir nicht zu viel von den einzelnen Geschichten vorwegnehmen, nur so viel sei gesagt, dass sie tatsächlich vergleichsweise spannend und interessant erzählte Grusel- oder Horrorgeschichten sind, die eigentlich einem Spiel, dass den Anspruch erhebt, ein etwas anderes Spiel sein zu wollen, gut in die Karten spielt. Insgesamt handelt es sich um vier Erzählungen, die allerdings nur über das Haus lose miteinander verbunden sind. Während bis hierhin eigentlich alles ziemlich vielversprechend klingt – interessante Thematik, eine Gruselatmosphäre soll geliefert werden und ein Team von Leuten, die an beliebten Fanlieblingen mitgearbeitet haben – geht es ab hierhin fast nur noch bergab.

Make some noise

Naturgemäß stellt sich in erster Linie die Frage, wie man das Steuern einer blinden Person als Videospiel umsetzt. Es stellt sich heraus, dass Cassie unter Umständen ziemlich viel „sieht“ und in mancher Hinsicht mehr als ein Mensch mit voller Sehkraft. Über euren Stock erzeugt ihr ein Geräusch und die Resonanz davon färbt das Bild in ein monochromes Blau. Dabei kann die Protagonistin auf den Fußboden oder gegen Gegenstände klopfen, um mehr über die Umgebung zu erfahren. Dadurch tastet sich der Spieler nach und nach durch das Gebäude, die Mechanik erinnert ganz entfernt an „The Unfinished Swan“. Im Grunde ist das auch das das ganze Spiel, man folgt einem Punkt nach dem anderen und versucht sich, in seiner Umgebung zurecht zu finden. Das klingt nicht nur unfassbar stumpf und monoton, das ist es nämlich auch. Neben Rätseln, gibt leider kaum andere Gameplay-Mechaniken, die das Ganze ein wenig facettenreicher gestalten – wer also hier nicht seinen Spaß noch aus der Narrative ziehen kann, hat am Ende des Tages wirklich nur einen etwas anstrengenden Spaziergänger-Simulator. Man verpasst es auch, das Thema „Sehbehinderung“ etwas sensibler zu gestalten oder schlicht mehr aus der Thematik zu machen. Umso absurder ist es, dass Cassie im Grunde ihr Ziel durch mehrere Wände hinwegsehen kann, so dass der Ablauf tatsächlich einfach nur „Gehe von Punkt A zu Punkt B“ wird. Das lädt natürlich dazu ein, im Grunde die ganze Zeit den Stock zu bemühen, wofür eigentlich Konsequenzen vorgesehen sind, die leider nicht so konsequent sind.

Die harmlose Gefahr

Wer also zu viel Lärm im Gebäude macht, sorgt dafür, dass sich der Bildschirm rot färbt. Was passiert denn nun? Man wird von einem Geist heimgesucht, der quasi der Haupt-Antagonist im Spiel ist. Vor dem ersten Zusammentreffen hat man vielleicht ein mulmiges Gefühl, doch selbst das verliert sich schnell wieder. Der Spieler kann eines von zahlreichen Verstecken nutzen, die, als wäre es nicht schon einfach genug, auffällig grün markiert sind, um die Gefahr an sich vorbeiziehen zu lassen. Außerdem ist das Spiel sehr großzügig mit seinen Checkpoints und der Menge an Lärm, die man veranstalten kann, ehe der Geist, der wie aus einer schlechten Geisterbahn entflohen wirkt, seinen Einsatz hat. Im weiteren Verlauf des Spiels kommen weitere Gegnertypen dazu, die aber alle ähnlich handzahm sind. Jedes Potential, wirklich Sorge zu haben, ob man wirklich noch einmal Geräusche erzeugen sollte, um mehr vom Raum zu erleben, oder lieber mit den bisherigen Informationen arbeiten kann, werden durch mangelnde Gefahr im Keim erstickt. Abseits davon kann das Spiel immerhin mit einigen nette Audiotagebüchern, ähnlich wie in „BioShock“ punkten, doch ist das zu wenig, um wirklich eine tiefergehendere Besorgnis um das Schicksal der Charaktere zu spinnen. Immerhin gelingt es den Entwicklern, dass Cassie als Charakter durch ihre Kommentare und Einblicke in ihre Vergangenheit, dem Spieler doch etwas näher gebracht wird und das Ende, für diejenigen, die sich nicht im Verlauf der Geschichte bereits die Auflösung zusammenreimen konnten, wirkt immerhin rund.

Technik

Die Technik in einem Spiel wie „Perception“ zu bewerten, ist natürlich schwierig. Zur grafischen Gestaltung kann man nicht viel sagen, die meist Zeit bewegt man sich in einem Meer aus schwarz und blau. Das Voice-Acting lässt leider einiges zu wünschen übrig, viel zu oft wirkt es viel zu uninspiriert und trägt kaum dazu bei, die Atmosphäre der eigentlich interessanten Thematik wirklich zu verdichten. Das Spielerlebnis läuft durchgehend flüssig, was, gemessen daran, dass auf dem Bildschirm eigentlich nie wirklich viel passiert, auch nicht sonderlich überraschend ist. Alles andere wäre eine noch herbere Enttäuschung gewesen.