Das Entwicklerstudio Survios hat vor einigen Monaten mit „Raw Data” ihr erstes PlayStation VR-Spiel veröffentlicht, das ein actionreicher Wellen-Shooter war. Jetzt versuchen sie ein großes Problem in VR zu lösen: Full Locomotion mit Bewegungssteuerung. Ob das Rennspiel „Sprint Vector“ das schafft, zeigt die folgende Review.

Futuristische Game Show

Was einen im ersten Moment überraschen wird, ist die Aufmachung und damit auch die vorhandene Geschichte. Man findet sich in einer verrückten Game Show wieder, die in 90er Jahre Ästhetik einen Rahmen für die Rennen bietet. Dabei sind es vor allem die guten Synchronsprecher, die sofort eine fröhlich-morbide Stimmung erzeugen. Am Ende wird nicht viel mehr mit der Geschichte gemacht, gibt aber durch Kommentare während der Rennen zur Welt und der Show an sich einen guten Einblick von dem, was außerhalb passiert, ohne es direkt zu zeigen. Nach einer Eröffnungszeremonie kann man sich einen von acht Charakteren auswählen, die aber zum Glück keinerlei Unterschiede haben. Warum das positiv ist, zeigt sich, wenn man das Gameplay betrachtet. 

Eine Gameplay-Idee nach der anderen

Denn dieses ist überaus komplex und basiert pur auf dem Skill des Spielers. Bewaffnet mit zwei Move-Controllern sollte man sich zunächst die drei Tutorials zu Gemüte führen. Denn allein schon die normale Bewegung benötigt eine gewisse Zeit an Eingewöhnung. Durch abwechselndes Schwingen der Controller in Kombination mit einem rhythmischen Halten der T-Taste und wieder loslassen auf der Höhe der Hüfte, kann man los laufen. Mit der Stärke und nicht unbedingt der Schnelligkeit der Bewegung kann man bestimmen, wie schnell der Charakter läuft. In Kombination mit Kopf-Bewegungen, Driften und Sprüngen kann man sich schon sehr gut durch die Welt bewegen. Es fühlt sich tatsächlich genial an, über die einfache aber auch auf Dauer anstrengende Bewegung mit einer hohen Geschwindigkeit durch die Strecken zu laufen. 

Hier wäre bei anderen VR-Spielen bei der Steuerung dann auch schon das Ende der Fahnenstange gewesen. Aber das ist bei „Sprint Vector” nicht der Fall. Denn es gibt auch noch ein Gleiten, in dem man auch durch Drehen der Controller die Flugrichtung ändern kann. Das ist aber immer noch nicht alles, da man auch Klettern kann. Alle Systeme ergeben insgesamt ein unglaublich gutes Spielgefühl, das in Kombination mit der Geschwindigkeit und dem guten Tracking dem Spieler Schweißperlen ins Gesicht fließen lassen. Das Beste daran: Wenn man schon ein paar VR-Spiele gespielt hat, dann wird einem trotz der ganzen Bewegung nicht schlecht. Wie Survios das geschafft hat, bleibt ein Rätsel, aber es ist einfach gut zu sehen, dass die Entwickler auch anderthalb Jahre später komplett neue Möglichkeiten mit PSVR entdecken.

Auf dem Papier nicht viel

Die Umsetzung des Gameplays ist zwar die Hauptzutat, die „Sprint Vector” zu einem genialen VR-Spiel macht, aber der gebotene Inhalt ist da noch die Krönung. Zu Beginn erscheint es aber zunächst als recht wenig. Denn der Hauptmodus besteht aus zwölf Strecken in vier unterschiedlichen Umgebungen. In diesen muss man lediglich versuchen, gegen die CPU auf den ersten Platz zu kommen. Zur Auswahl hat man einen Casual sowie einen Competitive-Schwierigkeitsgrad, wobei man nur bei letzterem sich in die Ranglisten eintragen darf. Neben abgeschwächten Computer-Gegnern muss man in Casual auch schwächere und langsamere Armschläge machen. Wenn man sich an das Spiel gewöhnen möchte, ist das aber definitiv die bessere Wahl und lässt einen die weitläufigen Strecken besser erkunden.

Denn die Strecken sind wirklich fantastisch geworden. Es gibt so viele verwinkelte Abschnitte, bei denen man gute Streckenkenntnis benötigt, um die verschiedenen Tricks anzuwenden, um durch diese zu laufen. Die Wege rufen auch die unterschiedlichen Systeme ab, die das Spiel bietet und belohnen die Spieler, die auch mal etwas ruhiger durch das Level gehen. Im Endeffekt kann jeder Spieler seinen ganz eigenen Weg durch die Strecken finden. Das macht dann auch den Widerspielwert enorm aus, wenn man schaut, ob man lieber an der Seite vorbeispringt oder sich doch mit Schwung an der Wand empor hangelt. Jede Strecke ist dabei völlig individuell und man kann immer irgendwie abkürzen. Durch Items, die man ein und ausschalten kann, wird zwar das Spielerfeld manchmal etwas zusammen gehalten, aber wer wirklich die Strecke kennt, wird nicht davon beeinflusst.

Präzision und Geschwindigkeit

Skill und gute Verwendung der Systeme steht auch bei den Challenges auf dem Programm. Auf neun verschiedenen Maps muss man in drei Modi sein Können unter Beweis stellen. Bei der normalen Zeitaufgabe muss man einfach so schnell wie möglich ans Ziel kommen, bei der Collection sind auf der Map zwölf Münzen, die man möglichst schnell einsammeln muss, und in Hardcore läuft man mit steter Höchstgeschwindigkeit für Bestzeiten. Zwar sind die Challenges immer sehr gleich gestrickt, aber die Maps verlangen von einem, dass man wirklich jedes System des Spiels auf Präzision und Geschwindigkeit meistert. Vor allem in Hardcore lernt man wirklich alles noch besser kennen und kann letztlich das Gelernte auch auf den normalen Strecken anwenden und ungeahnte Orte erkunden, die einen bessere Zeiten bescheren.

Skaten mit Freunden

Um weiter bei Laune zu halten, hat „Sprint Vector” auch einen Online-Multiplayer in dem man mit bis zu acht Leuten gleichzeitig auf den zwölf Strecken sowie der Lobby um die Wette rasen kann. Vor allem letzteres macht unglaublich Spaß, wenn man sich mit anderen Leuten ganz eigene Challenges und Strecken ausdenkt oder man gemütlich einfach ein bisschen durch den Skatepark streunert. Einziger Nachteil ist die geringe Verbreitung von PSVR und dem fehlenden Cross-Play, wodurch leider die Spielerbasis relativ gering ist. Aber auch ohne Mehrspieler kann man an dem Spiel gut und gerne fünf bis zehn Stunden sitzen, da es so unglaublich viel Spaß macht und sich einfach gut anfühlt.

Bunt, schnell und technisch gut umgesetzt

Getestet wurde das Spiel auf der Standard PS4. Die Optik an sich ist wirklich gelungen und zaubert eine bunte Welt ins Headset, der man die Kanten verzeihen kann. Etwas merkwürdig wird es für manche sicherlich sein, dass viele Effekte in 30 FPS nur angezeigt werden. Die Entwickler haben sich für diesen Schritt auf der Standard PS4 entschieden, damit das Spiel überhaupt läuft. Alle Elemente, die laut dem Entwickler in 60 FPS sein müssen, sind es auch, aber fliegende Projektile, Partikel und andere Charaktere auf der Strecke sind zum Beispiel nur 30 FPS. Daran kann man sich aber schnell gewöhnen und wer eine PS4 Pro besitzt, der wird auch jeden Effekt in 60 FPS angezeigt bekommen. Der Soundtrack hingegen hat nicht die größte Aufmerksamkeit genossen, ist aber dabei und wird niemanden stören. Etwas nerviger sind da die Kommentare, die zwar sehr gut synchronisiert sind und man anfangs auch drin lassen sollte, aber nachdem man jede Strecke gesehen hat, kann man sie auch getrost abschalten. Zum Glück kann das alles auch einfach abgeschaltet und Spotify eingeschaltet werden.

https://www.youtube.com/watch?v=X22qJmqVE6w