Ein neues Jahr, ein neues „FIFA“, das die deutschen Verkaufscharts dominiert. Nach all den Jahren wird es nicht einfacher, den jährlichen Test einzuleiten, denn eigentlich ist doch klar, was geboten wird. Und trotzdem stellt „FIFA 22“ einen Bruch dar, denn ein kostenloses Upgrade zwischen den Generationen gibt es nicht, da die PlayStation 5-Version Neuerungen beinhaltet, auf die PlayStation 4-Besitzer verzichten müssen. Sind diese aber wirklich so gut, dass jeder zugreifen muss?

Ein Tag in Paris

Bereits beim Start unterscheiden sich die Versionen, denn das leicht cineastische Tutorial, in dem auch einige Stars auftreten, ist nur in der aktuellen Konsolengeneration vorhanden. Eine richtige Story, wie man sie vor allem aus den „Journey“-Jahren kennt, sucht man aber vergeblich. Vielmehr gibt es ein paar wenige Zwischensequenzen mit Star-Besetzung, die von einem angehenden Profi erzählen. Das ist alles nicht sonderlich spannend und viel zu kurz geraten, dafür aber deutlich motivierender und hilfreicher, als die Tutorials in ein untergeordnetes Menü zu verbannen. Schade nur, dass der Aufbau in nichts resultiert.

Langsamer und authentischer

Auch das klingt wie in jedem Jahr, aber „FIFA“ ist nunmal für seine feinen Verbesserungen bekannt, die das Gameplay nicht umwerfen, dafür aber genug bewegen, um Fans die Anpassungen spüren zu lassen. Der große Star ist in diesem Jahr Hypermotion: Durch diese Technologie wurden reale Spiele auf dem Rasen aufgezeichnet und somit dynamische Bewegungen und Animationen in Aktion eingefangen statt in einem Studio. Das sorgt für ein flüssigeres und realistischer aussehendes Spielerlebnis, und tatsächlich kann das auch das ungeschulte Auge diesmal erkennen. Genau diese Feinheiten sorgen für immer größere Schritte zum Fotorealismus, auch weil in diesem Jahr die Haare für weniger Horror-Momente sorgen. Am Ende kommt es dann aber doch immer wieder zu unrealistischen Animationen, und obwohl das nicht schlimm ist, steht es nun einmal im Kontrast zur großen Werbekampagne.

Deutlich interessanter ist da schon die KI, die nun dazulernt und somit allgemein cleverer ist. Das merkt man zwar nur auf den höheren Schwierigkeitsstufen, insgesamt agieren die Gegner aber deutlich effektiver, was das Spieltempo verändert. Es kommt in „FIFA 22“ deutlich stärker darauf an, das Spiel aufzubauen, anstatt mit drei gezielten Pässen ein Tor zu erlangen – auch weil die Torwarte bei Distanzschüssen besser reagieren. Das langsamere Tempo dürfte einige ärgern, insgesamt wird dadurch aber die manchmal übertriebene Hektik, die es weiterhin gibt, zumindest verringert. Dazu gesellen sich ein paar weitere Boni, wie zum Beispiel die Möglichkeit, per rechtem Stick gezielt aus vier anzusteuernden Spielern oder Spielerinnen zu wählen.

Tolle Neuerungen mit schwachsinnigen Limitierungen

In diesem Jahr hat sich bei den Modi ungewohnt viel getan, und das ist auch wichtig. Die Pro Clubs sind zurück, wodurch Spielende wieder ihre eigenen Clubs erstellen können, und das sogar mit überraschend vielfältigen Editoren. Egal ob Clubwappen, eigenes Stadion inklusive Tornetzarten oder die entsprechende Liga, hier darf sich ausgetobt werden. Das ist deutlich interessanter, als erneut einfach nur mit einem existierenden Club loszuziehen. In den kommenden Jahren darf hier gerne noch weiter ausgebaut werden.

Dann wäre da noch Volta, bei dem es um schnelle Matches mit wenigen Spielern beziehungsweise Spielerinnen auf kleinen Plätzen geht – diesmal sogar mit Spezialfähigkeiten. Der Modus ist einmal mehr kurzweilig und extrem spaßig, unterstreicht aber seinen Charakter noch stärker durch den Arcade-Modus. Hier gibt es nämlich besonders kreative Spielarten, darunter Dodgeball, Fußtennis oder auch Disco Lava. Alle davon eignen sich perfekt für kurze Runden zwischendurch, und „FIFA 22“ taugt somit auch als Party-Spiel. Auch hier darf der nächste Ableger gerne nachliefern, anstatt sich selbst auszubremsen. Denn genau das tut EA hier, da der Arcade-Modus ausschließlich online verfügbar ist, und nicht lokal an einer Konsole. Noch katastrophaler: Der Modus lässt sich ausschließlich am Wochenende starten.

Vertrauter Rasen

In der Karriere ist derweil alles vertraut, und die minimalen Anpassungen ändern nicht wirklich etwas am vertrauten Prinzip. Dafür ist die Spielerkarriere etwas interessanter, denn der Startpunkt kann frei gewählt werden, und durch kleine Entscheidungen sowie einen Skilltree lassen sich Spieler und Spielerinnen stärker anpassen. Zudem gibt es für jedes Match Missionen, die erfüllt werden müssen, um die eigene Stellung in der Fußballwelt zu stärken. Genau diese Schritte benötigt es, um Modi Jahr für Jahr frisch zu halten.

Ultimate Team ist derweil sein eigenes Thema und bleibt Jahr für Jahr kontrovers. Ein gutes Team zu erhalten, kann mehr Geld kosten, als eine ganze Spielesammlung, dafür ist der Modus durchaus vielfältig und belohnt durch einen Battle Pass und spannende Variationen, dennoch bleibt der Modus sehr eingeschränkt und würde durch eine fairere Verteilung der Spieler und Spielerinnen deutlich spaßiger sein. Gleichzeitig lässt sich schwer dagegen argumentieren, dass der Modus derart viel Gewinn generiert, dass kaum ein Studio hier seine Strategie ändern würde. Zumindest lässt sich der Inhalt einer Lootbox vor dem Kauf anzeigen, aber selbst dann ist die Enttäuschung nur deutlicher, und die Funktion darf nur einmal täglich genutzt werden.

Die neue Generation

Wir haben es bereits angeschnitten, aber optisch macht „FIFA 22“ auf PlayStation 5 einen der größten Schritte der vergangenen Jahre. Die Fußballer und Fußballerinnen sind extrem detailliert, Kleidung verhält sich nun realistisch und selbst kleinste Details werden durchgehend eingebunden, auch wenn es abseits der größten Stars noch immer fragwürdige Charaktermodelle gibt. Dafür läuft technisch alles bestens, von den tollen Kommentatoren über den typischen Soundtrack bis hin zu den kurzen Ladezeiten. Einzig die adaptiven Trigger hätten besser eingebunden werden können, denn hier bieten sie nur zwei Modi, und auch das haptische Feedback fühlt sich nicht wirklich so an, als ob man gerade über den Rasen laufen würde.