Ubisoft hatte es mit der Vermarktung von „Tom Clancy's Rainbow Six Siege“ sicherlich nicht leicht. Nach einer spannenden Ankündigung sorgten der gestrichene Singleplayer-Modus sowie zahlreiche Probleme im Beta-Test für Frust unter Fans und allen Interessierten. Nun ist das Spiel auf dem Markt und muss eine eigene Community aufbauen, die sich von Spielen wie „Call of Duty“ oder „Battlefield“ abgrenzen soll. Gelingt den Entwicklern die Neuausrichtung der Marke oder fehlt dem Spiel die Persönlichkeit? Wir haben uns in zahlreichen Einsätzen eine eigene Meinung dazu gebildet.

Irgendwas: Siege

Der größte Kritikpunkt an „Tom Clancy's Rainbow Six Siege“ ist der Name selbst. Das Spiel nutzt zwar einige Ideen der vorherigen Serienableger, hat allerdings ansonsten wenig mit der Reihe zu tun. Weder die Romane, noch die bekannten Charaktere wurden irgendwie integriert, und eine richtige Geschichte fehlt komplett. Das sorgt natürlich für Frust, denn das war immer eine der Stärken der Reihe. Nun hat sich Ubisoft allerdings dafür entschieden, mit der Marke neue Wege zu gehen, und wer sich nicht von der Neuausrichtung abschrecken lässt, erhält tatsächlich eine gelungene Abwechslung im Shooter-Genre.

Ein solider Einstieg

Komplett auf einen Einzelspieler-Modus wollten die Entwickler am Ende doch nicht verzichten, weshalb dem Spieler elf Einsätze mit computergesteuerten Kameraden und Feinden bereitstehen. Diese sind tatsächlich recht abwechslungsreich und präsentieren, was die Spieler im Online-Modus erwartet. Vom Entschärfen einer Bombe über dem Retten einer Geisel ist alles dabei und ein einfaches Durchlaufen funktioniert eigentlich nie. Die Einsätze müssen geplant und eine Strategie entworfen werden, um nicht im Chaos zu versinken. Wer nämlich auf eine direkte Konfrontation aus ist, der wird keine Chance haben.

Leider sind die Missionen bereits nach knapp fünf Stunden beendet und es gibt keinen wirklichen Grund, sie zu wiederholen. Als Vorbereitung für den Kern des Spiels sind sie aber sehr gut geeignet und bereits hier werden die Spieler wissen, ob der Online-Modus etwas für sie ist. Wer aber noch nicht sofort auf globaler Ebene kämpfen möchte, darf sich den Terrorist Hunt-Modus anschauen, in dem die bekannten Ziele entweder alleine oder mit Freunden angegangen werden können. Das macht Spaß, denn der variierbare Schwierigkeitsgrad garantiert eine konstante Herausforderung, und die Zusammenarbeit mit Freunden sorgt für intensive Gefechte. Dabei hilft auch eine gute KI, die sich passend verhält und keine merkbaren Aussetzer hat.

Ein bombastischer Fokus

Das Shooter-Genre ist in den vergangenen Jahren vor allem durch schnelle Matches beliebt geworden. Einen Gegenpol dazu will „Tom Clancy's Rainbow Six Siege“ bieten, denn hier zählt Teamwork. Zwar gibt es nur zwei Modi, in denen entweder eine Bombe entschärft oder eine Geisel gerettet werden müssen, diese sind dafür unglaublich motivierend. Das liegt am Aufbau des Spiels, denn wie bereits in den Einleitungsmissionen ist ein wilder Lauf zum Ziel der sichere Tod. Nach nur wenigen Treffern ist der Spieler bereits besiegt und kann im laufenden Match nicht mehr zurückkehren. Diese ständige Gefahr erfordert ein kooperatives Vorangehen, egal auf welcher Seite man steht.

Die Möglichkeiten, seine Gegner auszulöschen, sind dabei herrlich umfangreich. Die atmosphärischen Umgebungen lassen sich nahezu komplett zerstören, weshalb eine Wand nicht zum Hindernis, sondern zur Möglichkeit für einen Überraschungsangriff wird. Gerade die Vorbereitungen sind wichtig, um nicht im Kampf alleine auf die Feuerkraft angewiesen zu sein. Vielfältige Waffen, Granaten und das wohl hilfreichste Element, C4, versprechen genug Variation, um auch nach Stunden noch Unterhaltung zu bieten. Auch die Spähphase zu Beginn jeder Runde, in der die Angreifer erst ihr Ziel finden müssen, ist clever eingebaut und fügt sich organisch in das Spiel ein. Vor allem, da die Kontrahenten zur selben Zeit Fallen legen können, die bei unachtsamen Spielern meist sofort zum Tode führen. Es geht nicht nur darum, möglichst viele Gegner zu töten und sein Ziel zu erreichen, sondern tatsächlich taktisch vorzugehen und die Möglichkeiten zu nutzen, gleichzeitig sich aber auch den Situationen anzupassen.

Kein Spiel für Einzelgänger

Die tollen Möglichkeiten nutzen allerdings nichts, wenn die Spieler nicht zusammenarbeiten. Das Absprechen gehört zu den wichtigsten Aspekten des Titels und Einzelgänger werden absolut keinen Spaß haben. Ein geschicktes Ablenkungsmanöver, koordinierte Einsätze und verschiedene Strategien, die die Teams individuell gestalten können machen „Tom Clancy's Rainbow Six Siege“ zu einem außergewöhnlichen Spiel. Vor allem in erfahreneren Teams, die sich eingespielt haben, kann mehr erreicht werden und es ist einfach zu schön, wenn ein Plan aufgeht. Das bedeutet allerdings auch eine anstrengende Lernkurve, denn Anfänger sind erst einmal völlig verloren. Zusätzliche Modi, die auch Neulinge eher ansprechen, hätten geholfen, so werden aber viele schon zu früh abgeschreckt und werden dem Titel keine Chance geben.

Um auch nach diversen Stunden noch die Vielfalt zu gewähren, lassen sich 20 Spezialisten auswählen, die jeweils andere Stärken und Schwächen besitzen. Für jede der Antiterror-Einheiten, darunter auch die GSG9, gibt es verschiedene Fähigkeiten, die sowohl offensive als auch defensive Vorteile bieten. Diese sind tatsächlich so unterschiedlich, dass jeweils eine neue Eingewöhnungszeit benötigt und gleichzeitig jede Vorliebe unterstützt wird. Die verschiedenen Charaktere müssen jedoch zuerst freigeschaltet werden, was glücklicherweise dynamisch funktioniert und anfangs nie zu lange dauert. Im weiteren Verlauf wird dieses Freispielen jedoch langwieriger und machen es schwer, alles zu nutzen. Deshalb könnte man in Versuchung geraten, die teuren Mikrotransaktionen zu nutzen, was überaus schade ist. Ein besseres System hätte hier geholfen, um schneller an neue Charaktere zu kommen. Auch der geringe Inhalt kann Gelegenheitsspieler enorm stören, denn zwei kompetitive Modi sind definitiv zu wenig und wer nicht gerade jede Klasse durchprobieren möchte, wird zu schnell gelangweilt. Da bleibt nur zu hoffen, dass die Entwickler in den kommenden Monaten ordentlich Nachschub liefern.

Technik

Optisch ist das Spiel tatsächlich sehr gelungen und die spektakulären Einsätze werden wunderbar in Szene gesetzt, sodass einige blasse Texturen nicht allzu störend auffallen. Leider verhindert die Bildrate manchmal den vollen Genuss, denn gerade bei den hektischen Zugriffen kommt es zu Einbrüchen, die besonders im Online-Modus durch gelegentliche Verbindungsprobleme deutlich spürbar sind.

Dafür ist die Geräuschkulisse fantastisch und überzeugt durch realistisch klingende Schüsse und Explosionen. Das wird auch nie langweilig und bietet einen gewissen Realismus, der nicht zu überzogen wirkt. Da das Reden während der Kämpfe so wichtig ist, bleibt der Soundtrack währenddessen dezent im Hintergrund und wirkt nicht störend.