Harmonix ist schon seit vielen Jahren wohl einer der größten Musikspiel-Veteranen in der Branche und beweist auch immer wieder mit alten und neuen Ideen, wieso das Genre noch lange nicht abgeschrieben ist. Jetzt steht uns die per Kickstarter finanzierte Rückkehr von „Amplitude” bevor und wir durften zusammen mit einigen besonders großzügigen Spendern der Kampagne schon in das Musik-Abenteuer hinab tauchen. Was wir in diesem erlebt haben, erfahrt ihr in der folgenden Review.

„Wake up, Sarah”

Auch wenn es sich bei „Amplitude” um ein Musikspiel handelt, gibt es eine kleine Geschichte, die durch kurze Sprachsamples vor sowie nach den Songs erzählt wird. Dabei handelt es sich um eine Patientin namens Sarah, die in einem Koma liegt und nun durch ein Experiment wieder aufwachen soll. Dabei verläuft nicht alles nach Plan, wodurch nicht nur die Personen immer besorgter, sondern auch die Lieder, die den Rahmen der Geschichte bilden, immer wilder werden.

Die Geschichte bleibt die meiste Zeit sehr vage. Was sich nun hinter dem Experiment, dem Amplitude OS oder auch Sarah verbirgt, wird nie so wirklich erklärt. Aber trotzdem ist die Kampagne ein sehr netter Zeitvertreib denn mit den 15 Liedern wird man perfekt in das Spiel eingeleitet und schaltet auch nach und nach die einzelnen Funktionen frei. Dadurch ist der Einstieg in den Titel sehr attraktiv gestaltet und könnte auch selbst Einsteiger in dem Genre ansprechen.

Wie auf Schienen

Das Spielprinzip an sich ist denkbar einfach: Auf verschieden farbigen Strecken fährt man automatisch entlang und muss nur die Noten, die auf dem Boden verteilt sind mit drei verschiedenen Knöpfen spielen. Die erste Besonderheit dabei ist, dass die Noten in Abfolgen unterteilt sind, die man ohne Fehler schaffen sollte. Dadurch werden alle restlichen Noten, die auf dieser Strecke nun kommen für einen kurzen Zeitraum automatisch gespielt. Dann wechselt man zum nächsten Instrument und muss dort wieder genau das gleiche machen. Hinzu kommen einige Power-Ups, die zum Beispiel eine Abfolge für einen direkt erledigt oder den gesamten Song kurz verlangsamt.

Dynamische Musik

Die nächste Besonderheit an „Amplitude” ist die Dynamik, die bei den Songs zustande kommt. Denn wenn man eine Note trifft, dann spielt das jeweilige Instrument diese. Wenn man dann also mal eine Abfolge nicht schafft, dann fehlt dieses Instrument völlig, wodurch sich der Song noch einmal ganz anders anhört. Somit bekommt man auch bei jedem Versuch eines Liedes keine Ermüdungserscheinungen, da es sich jedes Mal ein wenig anders anhört. An dieser Stelle sollte auch noch einmal das grandiose Gefühl erwähnt werden, wenn man eine schier endlose Abfolge tatsächlich schafft und dann nach und nach seinen Multiplikator aufbaut. Dadurch verursacht der Titel bei dem Spieler ein unglaubliches Maß an Freude, wenn man eine hohe Combo schafft. Denn eins ist „Amplitude” nicht: einfach.

Verworrene Streckenführung

Zu dem schon knackigen Schwierigkeitsgrad kommen einige Gemeinheiten dazu, die das ganze Unterfangen noch einmal erschweren. Denn das Wechseln der Strecken ist zumeist damit verbunden, dass man genau wissen muss, welche Tasten als nächstes gedrückt werden sollen. Das ist aber gar nicht so einfach, da man sich bei der hohen Geschwindigkeit auch noch auf die derzeitige Strecke konzentrieren muss, obwohl man schon gedanklich bei der nächsten sein sollte. Dazu kommt, dass man öfters mal genau zu den gegenüberliegenden Strecken wechseln muss, was aber durch die verworrene Streckenführung dazu führt, dass man nur Bruchteile der anderen Lanes sehen kann. Dies ist einer der wenigen Momente, wo man aufgrund des Spiels und nicht seiner eigenen Fähigkeiten die Combo verliert. Dieses kleine Manko kann mit einem geheimen Modus zwar etwas ausgemerzt werden, ist aber immer noch nicht ganz ausgereift. Dazu gesellt sich eine sehr magere Modi-Auswahl: Denn neben der Kampagne können die insgesamt 30 Songs, wovon man 15 einfach durch das Spielen einer bestimmten Anzahl von Tracks freischaltet, im Quickplay entweder alleine, kompetitiv oder kooperativ gespielt werden – Online-Modi werden keine geboten. Auch die Auswahl der einzelnen Raumschiffe hat keinerlei Auswirkung auf das Gameplay, da alle vier identisch von ihren Fähigkeiten sind.

Ganz viel Elektro

Kommen wir nun endlich zum Herzstück eines jeden Musikspiels: dem Soundtrack. Dieser ist bei „Amplitude” schon immer sehr Elektro-lastig gewesen und das ändert sich auch bei der Wiederbelebung nicht. Darunter sind aber auch bekanntere Komponisten von Indie-Spielen wie Jim Guthrie, Danny Baranowsky oder Darren Korb. Wer mit den Namen nichts anfangen kann: Sie waren verantwortlich zum Beispiel für die Soundtracks von „Superbrothers: Sword & Sorcery EP”, „The Binding of Isaac” respektive „Transistor”. Zudem haben es einige Fan-Favoriten wie „Phantoms” von Freezepop in das Spiel geschafft. Insgesamt muss selbst ich als kein großer Freund der vertretenen Genres sagen, dass jeder einzelne Track in Verbindung mit dem Gameplay wunderbar funktioniert und es eigentlich kaum Gurken bei den insgesamt 30 Songs gibt. Man muss sich aber darauf einstellen, dass man die meisten Lieder abseits von dem Spiel wahrscheinlich nie wieder hören wird.

Bunt und wild

Optisch kann man sich zunächst einmal darauf freuen, dass „Amplitude” immer noch ein bunter und wilder Ritt durch eine leicht psychedelische Welt ist. An allen Ecken und Enden blinken die Farben und es gibt merkwürdige Formen, die im Hintergrund herumfliegen. Sehr hilfreich für das Gameplay ist, dass das Spielgeschehen nie ins Stottern kommt.