Die letzte Konsolengeneration ist für Enthusiasten japanischer Rollenspiel zunächst recht enttäuschend gewesen, unter anderem durch den durchwachsenen Empfang von „Final Fantasy XIII“. Dabei hat SEGA bereits 2008 ein Rollenspiel veröffentlicht, das sowohl von der Presse als auch von Besitzern des Titels hochgelobt wurde, aber laut den Verkaufszahlen von vielen Videospielern regelrecht ignoriert wurde. Die Rede ist von „Valkyria Chronicles“, einem strategischen Rollenspiel mit actionreichen Gameplay. Dabei verspricht selbst diese kurze Beschreibung und ein kleiner Einblick in den malerischen Zeichenstil sehr viel, sodass der bescheidene Hype seinerzeit bis heute völlig rätselhaft bleibt. Auf der PlayStation 4 lädt SEGA sämtliche Videospieler wieder zu „Valkyria Chronicles“ ein und bietet vor dem Release des vierten Serienablegers „Valkyria: Azure Revolution“ den ersten Teil in einer Remastered Version seit dem 16. Mai 2016 für etwa 25 Euro an. Obwohl es um JRPGs inzwischen besser steht als noch damals, möchten auch wir an diesen tollen Titel erinnern und stellen im folgenden Testbericht dar, weswegen sich ein Blick definitiv lohnt.

Ein alternatives Europa im Jahre 1935

Der Titel führt den Spieler für seine Erzählung nach Europa, das aber 1935 nicht dem Aufstieg des deutschen Nationalsozialismus konfrontiert wird, sondern bereits im zweiten europäischen Krieg zwischen der Ostallianz und den westlichen Demokraten steckt. Genauer begleitet man den begeisterten Naturwissenschaftler Welkin Gunther und die Kommandantin der Verteidigung der Stadt Bruhl Alicia Melchiott im neutralen Gallien, das durch die Ostallianz angegriffen und damit in den Krieg der beiden Großmächte hineingezogen wird. Nach und nach erleben die beiden die grausame Wahrheit des Krieges, in dessen Mitte aber auch neues Leben und Liebe erblüht.

Eine emotionale Geschichte

Das komplette Abenteuer ist in Kapitel unterteilt, die noch einmal in zahlreichen Episoden aufgehen. Vom Handbuchmenü aus wählt man also eine Episode aus und erlebt in animierten Sequenzen oder in Dialogform die Erzählung des Spiels. Diese werden durch den einzigartigen Stil und einer gelungenen japanischen sowie englischen Synchronisation sehr gut präsentiert, allerdings nur mit englischem Bildschirmtext. Neben der Hauptgeschichte lassen sich einige Informationen auch über optionale Szenen verfolgen oder im Glossar nachlesen, die allesamt auch fein dargestellt werden.

Strategische Action Simulation vom Feinsten!

Eines oder gelegentlich zwei Episoden eines Kapitels bestehen schließlich aus einer Schlacht, in der die eigenen Truppen auf die gegnerischen Soldaten der Allianz treffen. Die Kämpfe gliedern sich, beginnend mit dem Zug des Spielers, im Wesentlichen in zwei Phasen.

Im Kommandomodus überblickt man aus der Vogelperspektive die aktuelle Karte, auf der sich die eigenen Soldaten sowie die in der 3D-Perspektive für den Spieler sichtbaren Gegner befinden. In jeder Runde stehen einem eine bestimmte Anzahl an Kommandopunkten CP zur Verfügung, von denen man mindestens einen ausgeben muss, um einen Kämpfer bewegen zu dürfen; für Panzer sogar zwei. Folglich kann man in einer Runde nicht beliebig alle Einheiten über die Karte bewegen und muss auf die Kommandopunkte Acht geben. Beendet der Spieler seine Runde vorzeitig, also ohne alle CP ausgegeben zu haben, werden diese in die nächste Runde übertragen, bis zu einer maximalen Anzahl an 20 CP.

Hat man nun im Kommandomodus einen Soldaten ausgewählt, wechselt das Spiel automatisch in den in drei Dimensionen dargestellten Aktionsmodus. Nun kann man die Einheit auf dem Schlachtfeld bewegen und wird dabei bei Sichtkontakt von gegnerischen Soldaten durchgehend beschossen. Die Reichweite der eigenen Einheit ist dabei abhängig von den sogenannten Aktionspunkten AP, die mit jedem Schritt weniger werden und nach der Klasse des Soldaten variieren. Sobald man den eigenen Kämpfer, idealerweise hinter einer Bedeckung, platziert hat, kann man mit der R1-Taste in den Schussmodus wechseln. Darin bleibt die Zeit stehen, sodass der Spieler in aller Ruhe zielen und abschießen kann. Beim Zielen berechnet sich der Schaden über die Entfernung sowie über die getroffenen Stellen, wozu es derweil auch keine Garantie gibt. Man bekommt lediglich angezeigt, ob die aktuelle Waffe stark, schwach oder nicht effektiv gegen den Kontrahenten ist und mit wie vielen Schüssen dieser untergeht, falls man ihn an der jeweiligen Stelle trifft.

Kenne deine Einheiten

Dank fünf Klassen, wie Scouts oder Engineers, verschiedenen Panzern und zahlreichen Stages wird jede Schlacht einzigartig und verlangt neue Strategien. Merkwürdigerweise gibt das Spiel aber im Kampf selbst nicht genau an, mit welcher Wahrscheinlichkeit wie viel Schaden verteilt wird, was sich für den Spieler ziemlich nervig gestaltet. Zieht man sich allerdings in das Hauptquartier zurück und erforscht die Fähigkeiten der Klassen sowie der einzelnen Kämpfer, bekommt man auch mit, wie viele Faktoren bei jeder Konfrontation eigentlich eingehen.

Die Einheiten besitzen allesamt Fähigkeiten, die ihnen Vorteile verschaffen, wenn sie beispielsweise in der Gruppe oder auf festem Boden angreifen. Genauso kann man im Hauptquartier weitere Informationen zu den zahlreichen Waffen einsehen und sich somit eine Strategie gegen spezielle Gegnertypen überlegen. Hier lassen sich zudem alle fünf Klassen trainieren sowie Panzer und Waffen ausbauen. Die Charaktere und Fahrzeuge steigen nämlich nur mit der Klasse im Level auf, individuelles Training findet also nicht statt.

Ein animiertes Kunstwerk

Einige Spiele wie „The Legend of Zelda: The Wind Waker“ besitzen einzigartige Grafikstile, die schlicht zeitlos sind. Zu diesen gehört auch „Valkyria Chronicles“, das auf dem großen Fernsehbildschirm von einer Szene zur anderen Gemälde lebendig werden und den Spieler stets in ein mit Blei- und Buntstiften gezeichnetes Kunstwerk einblicken lässt. Auf der PlayStation 4 läuft das Spiel grundsätzlich sehr flüssig, allerdings tauchen in Zwischensequenzen Objekte plötzlich auf und verschwinden genauso plötzlich wieder. Der Soundtrack ist durchaus gelungen und besitzt einige dynamische Stücke, die die Emotionen des Abenteuers gut wiedergeben.