Die „Atelier“-Serie existiert nun bereits seit 19 Jahren und zählt inzwischen 17 Hauptreihenableger, wovon die ersten fünf nur in Japan erschienen sind. Allerdings hängen nicht alle Titel miteinander zusammen, stattdessen bilden häufig drei aufeinander folgende Spiele eine eigene Reihe. So sind seit den „Iris“-Spielen die meisten Titel auch in Europa erschienen, zuletzt mit den „Arland“- und „Dusk“-Serien auf der PlayStation 3. Auch auf der neuen Sony-Heimkonsole setzt Gust die Serie fort und hat in Japan den ersten Ableger der neuen „Mysterious“-Reihe veröffentlicht und einen zweiten Teil zudem angekündigt. Ab dem 7. Juni 2016 können aber auch die europäischen Spieler in den ersten Ableger „Atelier Sophie: The Alchemist of the Mysterious Book“ eintauchen, der für die PlayStation 4 und exklusiv über den PSN-Store für die PlayStation Vita erhältlich sein wird. In den letzten Tagen haben wir allerlei künstlich hergestellte und kuriose Monster bekämpft und möchten euch nachfolgend erklären, warum der erste „Mysterious“-Ableger sowohl für Serienfans als auch für Neueinsteiger empfehlenswert ist.

Hinweis: Wir haben die PlayStation-4-Fassung von „Atelier Sophie: The Alchemist of the Mysterious Book“ getestet. Das Spiel erscheint digital auch für die PlayStation Vita und wird in vielerlei Hinsicht identisch zur Heimkonsolen-Version sein, sodass der nachfolgende Testbericht im Wesentlichen auch für die Handheld-Fassung erhalten bleibt. Wie sich die Performance des Spiels auf der PlayStation Vita verhält, ist uns jedoch unbekannt, sodass unsere Kommentare zur Technik nur als Kritik zur PlayStation-4-Version verstanden werden sollte.

In den Fußstapfen der Großmutter

Seit dem Tod der Großmutter leitet Sophie ihr Atelier und versucht sich dort als Alchemistin. Unter den Unterlagen der verstorbenen findet sie ein magisches Notizbuch, das sie von nun an mit erlernten Rezepten füllt, wodurch dem Notizbuch urplötzlich Leben eingehaucht wird. Das fliegende Werk hört auf den Namen Plachta und besitzt keine Erinnerungen mehr an ihre 500-jährige Existenz. Fortan begleitet sie Sophie auf ihrem Abenteuer, eine professionelle Alchemistin zu werden, und erlangt mit jedem niedergeschriebenen Rezept ein Teil ihrer Erinnerungen wieder.

Nonmetal Alchemist

Die Story des Spiels mag Serienfremden eigenartig vorkommen, doch hält sie sich an „Atelier“-Standards. Ähnlich wie in „Etrian Odyssey“-Ablegern, ist die Geschichte hier nur dazu da, um den Hauptaugenmerk der Reihe zu dienen und dieses ist im Fall der „Atelier“-Spiele das Synthetisieren. Mit aufgesammelten Materialien und dem von Plachta erworbenen Wissen oder durch Sophies eigenen Einfällen mischt die Spielerin beziehungsweise der Spieler allerlei von Tränken oder stellt nützliche Items für die Bewohner der Stadt oder weither gereisten anderen Klienten her.

Das Synthetisieren ist nicht nur in der Erzählung fundamental und bildet das wesentliche Gameplay-Element dieses Spiels. Daher ist das System um das Alchemisten-Dasein auch sehr ausgeprägt und ausgebaut. Das Hergestellte ist von vielen Faktoren, wie der Qualität der Materialien, abhängig. Zusätzlich muss man beim Synthetisieren sämtliche Zutaten auf einem 4 x 4-Feld in „Tetris“-Manier aufstellen, um weitere Boni zu erzielen. Sophie besitzt auch ein Alchemisten-Level, womit die Qualität auch weiter ansteigt.

Tatsächlich unterhält das Synthetisieren sehr gut und motiviert, die eigenen Alchemistin-Fähigkeiten weiter auszubauen. Die Einführung erfolgt zudem sehr einsteigerfreundlich, sodass man sich nicht wie in einigen älteren Ablegern der Reihe überfordert fühlt.

Hast du Zeit?

Eine Besonderheit der „Atelier“-Spiele ist auch die fortschreitende Zeit. In vielen Serienablegern ist es verpflichtend gewesen, gewisse Ereignisse bis zu einem bestimmten Tag erlebt zu haben, um den Titel zu einem guten Ende zu führen. Dieser Aspekt in „Atelier Sophie“ entfällt, das Spiel übt also keinen Zeitdruck und ermöglicht, sämtliche Geheimnisse der Welt im ersten Durchgang zu erleben, ohne ein unglückliches Ende fürchten zu müssen.

Nichtsdestotrotz spielt die Zeit weiterhin eine Rolle. In der spieleigenen Welt ist eine Woche in fünf Tage unterteilt, von denen zwei als Wochenende gelten. Die fünf Tage vergehen nach dem Saat-und-Ernte-Prinzip und beeinflussen nicht nur das Auffinden von Materialien sondern sind auch wesentlich im Tagesablauf der Neben-Charaktere, mit denen Sophie im Laufe der Story interagieren muss. Als Spielerin beziehungsweise Spieler muss man seinen Schritt also weiterhin gut durchplanen, da die meisten Aktionen wie das Synthetisieren, Erkunden der Landschaften oder Aufsammeln von Items Zeit beansprucht. Glücklicherweise harmonieren die eigene Wahl-Freiheit und der Fortschritt in der Story sehr gut miteinander, sodass man in der Erzählung auch vorankommt, obwohl man sich eventuell nur den Nebenmissionen gewidmet hat.

Auch ein Rollenspiel

Es kommt einem beim Fokus auf die Alchemie sehr nebensächlich vor, doch tatsächlich ist „Atelier Sophie“ auch ein Rollenspiel, in dem man mit weiteren Freunden in den Kampf zieht, um Gefahren für die Stadtbewohner zu eliminieren oder neue Materialien ausfindig zu machen. Im örtlichen Café werden außerdem weitere Anfragen geteilt, denen Sophie nachgehen kann, um einen Nebenverdienst zu ihren Alchemie-Künsten aufzubauen.

Das Kampfsystem gestaltet sich aber sehr simpel und möchte nicht mehr erreichen, als seinen Zweck zu erfüllen. Die Charaktere besitzen die gewöhnlichen Aktionen wie Angriff, Verteidigung, magische Fähigkeiten und Items, wobei vor jeder Aktion gewählt werden kann, ob sich die Kämpferin beziehungsweise der Kämpfer für diese Runde defensiv oder offensiv verhalten soll. Außerdem vollführen zwei Charaktere ab und an eine gemeinsame Attacke oder schützen sich gegenseitig. Viel Strategie versteckt sich leider nicht hinter diesem Aspekt. Das Interessanteste am Kämpfen ist eher, die eigenhändig synthetisierten Items mitzunehmen und zu verwenden, da sich diese durchaus als effektiv erweisen können.

Sämtliche Charaktere sind sehr Gust-typisch gestaltet und entpuppen sich sehr früh als sehr eindimensional in ihren Ambitionen. Sämtliche Mitstreiter von Sophie schließen sich Sophie aus teilweise belanglosen Gründen an, ohne eine enge Beziehung zu ihr zu führen. Alles in allem ist der Titel ein bescheidenes Rollenspiel, dessen Fokus vollkommen in der Alchemie liegt. Aus dem Grund ist es eigentlich auch nicht unbedingt negativ, dass sich das Kampfsystem simpel gestaltet, da ein kompliziertes Gameplay eher abschrecken würde. Den Charakteren fehlen aber jegliche Charakterzüge, das Interesse an ihrem Werdegang ist schlussendlich verschwinden gering.

Technik

Auch im Design sind die Bewohner der Welt von „Atelier Sophie“ sehr nach dem alten Gust-Muster und würden für die gewöhnliche Videospielerin beziehungsweise dem gewöhnlichen Videospieler als animehaft durchgehen. Der Grafikstil bleibt trotzdem recht charmant, auch wenn er heutzutage nicht mehr einzigartig ist. Die Details, die man auf der PlayStation-4-Hardware erreichen kann, fallen, vermutlich durch die gleichzeitige PlayStation-Vita-Umsetzung, leider aus. Die Performance ist allerdings sehr zufriedenstellend und flüssig.

Sämtliche negative Kritik prallt aber ein weiteres Mal am Soundtrack des Spiels einfach ab, der, wie von Gust gewohnt, sehr spektakulär ist. Einige Musikstücke werden Fans des Entwicklers wahrscheinlich an bereits erschienene Titel erinnern, wie zum Beispiel das Café-Lied an das erst vor Kurzem veröffentlichte „Nights of Azure“.