Die „Black Mirror“-Trilogie stellt einen Meilenstein im Adventure-Genre dar. Die drei Spiele begeisterten Spieler aufgrund des düsteren Tons, toller Kulissen, kniffliger aber fairen Rätsels sowie einer großartigen Geschichte mit vielen Hintergrundinformationen. Nun versucht XXX die Reihe in ein neues Zeitalter zu bringen, weshalb das Universum ein Reboot erhält. Kann dieses aber auch mit den Klassikern mithalten oder sind die Anforderungen schlicht zu hoch? Wir haben uns nach Black Mirror Castle begeben und dies herausgefunden.

Rückkehr nach Black Mirror

Fans der Vorlage werden vertraut mit der Ausgangssituation sein. Nachdem John Gordon, der Inhaber des Schlosses, Selbstmord begeht, kehrt sein Sohn David nach vielen Jahren in das Zuhause seiner Kindheit zurück. Eigentlich möchte er nur die Erbschaft klären, doch seine Großmutter sowie das Personal stehen ihm ungewöhnlich feindseelig gegenüber. Wirklich düster wird es jedoch erst, als Zweifel an dem brutalen Selbstmord aufkommen und David mit dem Fluch der Familie Gordon konfrontiert wird. Dabei kämpft er stets mit dem aufkommenden Wahnsinn, während er versucht, das Geheimnis zu lüften.

Die Geschichte weiß glücklicherweise zu glänzen. Das liegt vor allem an den großartigen Charakteren, die allesamt merkwürdig erscheinen und wunderbare Dialoge bieten. Charmant ist niemand, und selbst David bleibt unsympathisch, was jedoch aufgrund der düsteren Themen sowie überraschenden Wendungen eine Stärke darstellt. Als Spieler fragt man sich häufig, ob die Charaktere ihre Bestrafung nicht verdient hätten. Auch im weiteren Verlauf wird man oft überrascht und kann nicht unbedingt vorhersehen, was passieren wird. Die Spannungskurve bleibt bis zum Finale sehr hoch, wobei das Ende dann die Qualität nicht unbedingt halten kann.

Aus Alt mach Neu

Besonders ist der Spielablauf deshalb, weil er eine Lücke füllt. Das Vorbild sind nämlich deutlich die cineastischen Spiele der letzten Jahre, allerdings entfernt man sich von bedeutenden Entscheidungen. Wie in alten Adventures wählt man seine Dialogoptionen aus, bis auf kleine Bemerkungen haben diese aber keine Auswirkungen auf das Geschehen. Einige mögen dies als verpatzte Chance sehen, jedoch kann durch diesen Fokus eine Geschichte in hoher Qualität erzählt werden, ohne sich über mögliche Abzweigungen Gedanken zu machen. Man folgt dem Abenteuer vom Anfang bis zum Ende, und das ist tatsächlich eine tolle Abwechslung. Trotzdem wirken die Dialoge cineastisch inszeniert, was die Atmosphäre dichter gestaltet.

Ebenso bringt „Black Mirror“ das ehemalige Kernelement des Genres zurück, nämlich die Rätsel. Diese sind aber nicht ganz so vielfältig wie damals, was schon daran deutlich wird, dass Objekte im Inventar automatisch kombiniert werden. Trotzdem wissen die vorhanden Rätsel zu überzeugen und bieten sogar einige Kopfnüsse. Diese reichen dabei von sehr kreativ bis hin zu Standardware, sie alle sind jedoch unterhaltsam und motivierend. Schade ist lediglich, dass es nicht allzu viele davon gibt. Der Wechsel zwischen der cineastischen Geschichte und den modernisierten Rätseln funktioniert also sehr gut und lässt wünschen, dass mehr Entwickler diese Pfade verfolgen.

Der Charakter: Das Schloss

Im Zentrum steht nicht nur die Familie, sondern vor allem das Schloss selbst. Da die Ereignisse in den 1920er Jahren spielen, ist das Schloss noch nicht zu sehr heruntergekommen und bietet eine beeindruckende Ästhetik, in die man sich regelrecht verliebt. Jeder Raum bezaubert durch schaurig altmodische Gegenstände, während eine starke Geräuschkulisse die Atmosphäre perfektioniert. Auch die äußeren Gebiete wissen zu überzeugen, und vor allem das Spiel mit Licht und Schatten sorgt für ein interaktives Kunstwerk.

Spielerisch leistet sich das Haus dann nicht gerade eine perfekte Leistung. Das Navigieren fällt nämlich nicht immer leicht, da die Räume durchaus viele Elemente beinhalten, jedoch nicht immer klar ist, mit welchen davon man interagieren kann. Schlimmer sind jedoch die Ladezeiten, wenn man die Räume wechselt. Diese sind viel zu lang und besonders dann frustrierend, wenn man aufgrund der etwas ungenauen Steuerung unfreiwillig ein Zimmer verlässt. Das ist verschmerzbar, kränkt aber die Präsentation merklich. Auch wenn man das große Haus frei erkunden kann, was ebenfalls eine tolle Entscheidung der Entwickler ist, sind manche Räume scheinbar willkürlich abgesperrt, was zum Stirnrunzeln führt. Schade ist zudem, dass nur das Schloss und das Grundstück begehbar sind, und nicht noch weitere Orte.

Geisterhafte Zeiten

Ein komplett neues Spielelement sind die Geistervisionen, die David unfreiwillig durchlebt. Hier werden schaurige und brutale Ereignisse in Dauerschleife präsentiert, während der Spieler die Kulisse in genau den richtigen Momenten beeinflussen muss. Das ist zwar alles andere als fordernd, jedoch unglaublich spannend und durch die übernatürlichen Elemente wunderbar anzusehen. Hier kann David auch sterben, wenn er die Geister verärgert, dank Rücksetzpunkte ist das aber alles andere als tragisch. Obwohl diese Rätsel schwieriger hätten sein dürfen, passen sie wunderbar in den Spielfluss. 

Bekannt dürften hingegen die Quick Time Events sein. Diese sind zwar wenig spannend, erfüllen aber ihren Zweck, und vor allem die daraus resultierenden Fehlschritte können punkten. Dennoch fragt man sich, ob gerade dieses abgedroschene Element unbedingt hätte zurückkehren müssen. Sie stören nicht unbedingt, allerdings wäre eine richtige Zwischensequenz auch nicht verkehrt gewesen.

An die Fans gedacht

Die Macher haben sich für ein Reboot entschieden, weil die ursprüngliche Geschichte nicht nur ein fantastisches Ende gefunden hat, sondern auch tiefgreifende Hintergründe geschaffen wurden, von denen man sich nun lösen darf, um etwas Neues zu erzählen. Das ist auch gut so, denn die Fans müssen sich nicht über Logikfehler oder unnötige Ergänzungen ärgern, während Neueinsteiger komplett ohne Vorwissen einsteigen können und nichts verpassen.

Dennoch werden Fans der Original-Trilogie die zahlreichen Anspielungen aufsaugen. Seien es die Namen einiger Charaktere, gewisse Gegenstände oder Kommentare, die doppeldeutiger kaum sein könnten. Die Macher verstehen offensichtlich, was die Reihe großartig gemacht hat und nutzen das Wissen, um immer wieder ein Lächeln in das Gesicht der Spieler zu zaubern. Zu viel soll davon gar nicht verraten werden, doch in einigen Räumen kann man die Begeisterung kaum verbergen.

Technische Probleme

Optisch wird ein wahres Kunstwerk geschaffen. Dank scharfer Texturen wirkt jede Szene wunderbar düster und man hat das Gefühl, jederzeit könnte etwas Schlimmes passieren. Das erhält man jedoch auch, wenn man die Bildrate betrachtet, die sich ordentliche Einbrüche erlaubt. Zwar stören diese das Spiel selbst nicht, jedoch die Inszenierung. Auch die Charakter-Modelle sind zu übertrieben gestaltet und passen nicht unbedingt in die Szenen hinein.

Der Soundtrack ist fantastisch, der Star ist jedoch die Synchronisation. Vor allem die deutschen Sprecher darf man loben, denn diese leisten einen beeindruckenden Job und erwecken die Charaktere mit genau den richtigen Stimmen zum Leben. Wer die schottische Kulisse noch klassischer erleben möchte, darf auch englischen Sprechern lauschen, die vor allem durch den hervorragenden Akzent überzeugen.