Bereits im vergangenen Jahr erschien das Suda 51-Spiel „The Silver Case“ für PlayStation 4, nachdem es zuvor 1999 ausschließlich in Japan erhältlich war. Dort war es jedoch erfolgreich genug für einen Nachfolger, der nun ebenfalls den Sprung in den Westen macht. Unter dem Namen „The 25th Ward: The Silver Case“ wird die Geschichte fortgesetzt, weshalb wir uns an das Visual Novel herangewagt haben.

Das neue Ward

Die Prämisse der Geschichte ist sowohl kreativ als auch spannend. Vier Jahre nach den Ereignissen aus „The Silver Case“ erleben die Spieler drei Geschichten im sogenannten 25th Ward. Dieser ist eine Gemeinschaft in Japan, in der nur die Elite lebt. Es gelten jedoch strenge Regeln, denn das Ziel ist es, eine perfekte Gesellschaft ohne Verbrechen zu erschaffen. Wer also den Müll am falschen Tag herausbringt oder zu laut Musik hört, wird tatsächlich mit dem Tod bestraft. Diese Dystopie wird in drei Geschichten unterteilt, in der man ein Mitglied der Heinour Crimes Unit sowie des Regional Adjustment Bureau spielt. Das dritte Abenteuer folgt der Placebo-Geschichte des Vorgängers und lässt die Spieler erneut in die Rolle von Reporterin Tokio Morishima schlüpfen, die dem Wahnsinn verfällt, während sie einen Mord im Ward untersucht. 

Spannung und Langeweile

Die Geschichten sind erstklassig und überzeugen durch überraschende Wendungen, unglaublichen Entwicklungen und Charakteren, die man in dieser Form nur in „The 25th Ward: The Silver Case“ findet. Leider leidet das Spiel an der Struktur, denn die Ereignisse der Episoden nehmen durchaus Bezug aufeinander, da sie im selben Zeitfenster spielen. Möchte man die drei Abenteuer jedoch hintereinander erleben, wird man viele Anspielungen nicht verstehen und die Verbindungen bleiben unklar, da schlichtweg kleine Details plötzlich eine größere Bedeutung erhalten. Das Erzähltempo ist jedoch die größte Enttäuschung, denn das Pacing funktioniert nicht. Mitunter werden zehn Minuten damit verbracht, belanglose Ereignisse zu beleuchten, während wichtige Entwicklungen in wenigen Sekunden abgearbeitet werden. Deshalb verliert der Leser zu schnell das Interesse und die eigentlich starken Geschichten werden zur Geduldsprobe.

Merkwürdig genial?

Anders als im Vorgänger ist das Bild, in dem sich das Abenteuer abspielt, nicht mehr auf 4:3 beschränkt. Es gibt sowohl 2D-Bilder, in denen man mit einigen Objekten interagieren kann, als auch 3D-Umgebungen, in denen man herumlaufen darf. Leider ist das Untersuchen nicht immer leicht, da die Übersetzung problematisch ist. Die Option „Look“ zum Beispiel bedeutet selten, dass sich ein Charakter einen Gegenstand anschaut, was auf Dauer frustrierend ist. Extrem seltsame Einlagen, die das Spielkonzept verändern und optisch nicht unpassender sein können, machen den Reiz aus, für den Suda 51 steht, obwohl er nur an einer der Geschichten beteiligt war. Die Optik ist sehr stilsicher und so verrückt wie in keinem anderen Visual Novel zuvor, dennoch merkt man, dass der Titel seine Ursprünge auf Handys hatte, auch wenn die Überarbeitung definitiv lobenswert ist.

Ein bisschen Interaktion

Das eigentliche Spielen findet ab und zu statt, doch leider versagen die Macher dabei komplett. Die Navigation durch die Orte ist schwerfällig und man benötigt viel zu viel Zeit, um das Ziel zu erreichen. Problematischer sind jedoch die Rätsel, die unnötig kompliziert sind oder den Spieler austricksen möchten. Das bereitet keinen Spielspaß, sondern baut noch mehr Frustration in eine Geschichte ein, die durch ihr schreckliches Pacing bereits negativ auffällt. Dabei versteckt sich hinter all den merkwürdigen und nervigen Mechaniken eine gute Geschichte, vielleicht sogar ein gutes Spiel. Jedoch kann diese nicht aus dem Mittelmaß ausbrechen. Einige Rechtschreibfehler bei der englischen Übersetzung senken das Gesamtbild ebenfalls.