Die Apokalypse als tragendes Element einer Handlung ist kein Newcomer in der Wundertüte der Geschichtenerzähler. Auch Entwickler Stoic Studio hat in seiner „Banner Saga“ die Untergangsgeschichte einer nordischen Fantasy-Welt erzählt. Im dritten Teil der Reihe macht das Studio nun den Deckel zu und wirft den Spieler in die letze Phase der Apokalypse. Herausgekommen ist mit „The Banner Saga 3“ ein durchaus würdiger Abschluss der Saga. Warum wir dieser Ansicht sind, klären wir im Review.

Ewige Dunkelheit

Zu Beginn sei gesagt, dass sich „The Banner Saga 3“ keine Zeit dafür nimmt, Neulingen die Geschichte, die Figuren oder die Ereignisse der vorherigen Teile näherzubringen. Außer einem dürftigen Intro werden keine handfesten Informationen vermittelt. Ohne Kenntnisse der vorherigen Teile ist es daher nicht empfehlenswert, den dritten Teil in die Konsole einzulegen, da die Erzählung der Hauptfokus und gleichzeitig die größte Stärke des Spiels ist. Viele Elemente der Handlung erhalten erst durch die Bindung, die der Spieler über die vorherigen Teile mit den Figuren aufgebaut hat, ihre emotionale Durchschlagskraft.

Die Handlung von „The Banner Saga 3“ setzt direkt nach dem Ende seines Vorgängers ein. Die Karawane um Held Rook erreicht nach einem kräftezehrenden Marsch die Hauptstadt Abberang. Eine Verschnaufpause kann sich die Heldentruppe nicht erlauben, denn die alles verschlingende Dunkelheit, eine Armee der Wüter, ein sterbender König und ein Aufruhr der Massen innerhalb der Mauern ergeben ein lebensbedrohliches Pulverfass, dass es zu überwinden gilt. Während die Menschen in der letzen Bastion um ihr Überleben kämpfen, versucht eine Heldentruppe um Varl Iver und den Magier Juno und Eyvind, die Quelle der Apokalypse aufzuhalten. 

Aufbauend auf die vorherigen Teile präsentiert „The Banner Saga 3“ eine vielschichtige Handlung. Das nahende Ende der Welt fordert ihren Tribut. Verzweiflung, Angst und Hass wuchern und die Einheit, die nötig wäre, um die Bedrohung abzuwenden, gibt es zunächst nicht. Funken der Hoffnungen werden immer wieder in irrationalen, fast sinnlosen von Machtgier getriebenen Handlungen ausgetreten. Rationale Beweggründe müssen Traditionen und festgefahrenen Handlungsmustern weichen und machen den Kampf ums Überleben zur Mammutaufgabe. Die Handlung wird ohne Rücksicht auf Verluste vorangetrieben, Verschnaufpausen durch Nebenaufgaben gibt es nicht. Das Erzähltempo ist rasant und verstärkt das Gefühl für die Dringlichkeit der gespielten Ereignisse. Auch die Heldengruppe im Herzen allen Übels bleibt von diesen Problemen nicht verschont. Es kämpft keine eingeschworene, loyale Gruppe, sondern Konflikte brechen immer wieder aus und werden bedrohlicher als die eigentlichen Gefahren. Entscheidungen können das Leben verschiedener Charaktere beenden und in Kombination ensteht eine spannende, stellenweise frustrierende und trotzdem emotional fesselnde Handlung.

Manager der Apokalypse

Im Kern stützt sich „The Banner Saga 3“ auf die bewährten Mechaniken der Vorgänger. Über die Weltkarte bricht der Klan zu Zielen innerhalb der Stadtmauern aus und in der Reise-Perspektive kann der Spieler seine Truppe aus Menschen, Varl und Pferdegeborenen beobachten, die gemütlich zum Zielort stapfen. Auf dem Weg können Dialoge oder Ereignisse ausgelöst werden, die Entscheidungen vom Spieler erfordern. Eingewoben in die Handlung und das Setting haben diese Sequenzen unterschiedliche Konsequenzen. Nimmt der Spieler eine Sammlung heimatloser Menschen in den Klan auf, erhält er Ressourcen und zusätzliche Soldaten. Verteilt er Teile seiner Vorräte mit den Flüchtlingen, hat das womöglich keinen bleibenden Erfolg, erleichtert aber das Gemüt des Spielers und ist als Lichtblick in der Dunkelheit zu verstehen. Im schlimmsten Fall verlassen Helden die Gruppe oder hauchen ihr Leben aus. Nicht immer sind die Konsequenzen einzuschätzen und ein gewisses Frustpotential ist erkennbar, wenn ohne Warnung ein lieb gewonnener Held stirbt. Zwar unterstreicht diese Unwissenheit die Grundstimmung des Spieles, dass jederzeit das Ende eintreten könnte. Allerdings wäre eine glaubhaftere Erzeugung dieser Emotion wünschenswert gewesen.

Ergänzt wird dieser Aspekt durch das serientypische rundenbasierende Kampfsystem. Figuren haben einen Stärkewert, der gleichzeitig Schaden und Lebenspunkte darstellt, und einen Rüstungswert. Im Kampf gilt es nun abzuwägen, entweder die Rüstung anzugreifen, um darauffolgende Angriffe zu verstärken, oder die Stärkepunkte zu dezimieren, um den Schaden der Gegner zu verringern. Zusätzlich verfügt jede Figur über einige Fähigkeiten und durch Willenskraft können Handlungen wie Bewegungen, Angriffe oder Fähigkeiten verstärkt werden. Der Schwierigkeitsgrad ist ordentlich; die Gegner schlagen derartig kräftig zu, dass schwächere Charaktere gerne wenige Züge nach Kampfbeginn das Handtuch werfen. Oberflächlich ist genug taktische Tiefe vorhanden, allerdings wird die Kombination verschiedener Klassen Opfer einer simplen Entscheidung. Gegner machen derart viel Schaden, dass die einzige sinnvolle Aktion ein Angriff auf die Stärkepunkte darstellt. Denn nur so lässt sich deren absurder Schaden reduzieren, Spiegelt man diese Situation, kommt schnell Frust auf, wenn eure Figur durch einen machtvollen Schlag einen Großteil ihrer Stärkepunkte einbüßt und so zu einer zahnlosen Witzfigur wird. Sollte einer der Helden zu Boden gehen, erhält er einen temporären Malus auf seinen Stärkewert. Vorausschauendes Taktieren wird dadurch unerlässlich und jeder Fehltritt innerhalb der Kämpfe kann unangenehme Konsequenzen mitbringen.Trotz dieser Macken ist es dennoch ein zweckmäßiges Kampfsystem und die Planung der Kämpfe aufgrund dieses Handicaps ist durchaus eine spaßige Angelegenheit. Für diejenigen Spieler, die mehr Herausforderungen suchen, gibt es nun Kämpfe mit mehreren Gegnerwellen. Bezwingt der Spieler alle diese Gegnerwellen, erhält er ein mächtiges Artefakt. In Pausen zwischen den Wellen können gefallene Figuren ausgetauscht werden. Aufgrund eben genannter Gründe ist das „Ableben“ der angeschlagenen Helden dringend zu vermeiden, also ist für diese Kämpfe unerlässlich alle Mitglieder der Heldengruppe in die Schlacht zu führen. Zwangsläufig wurden Teile der Gruppe seltener eingesetzt, es ist also abzuschätzen wie viele Kämpfer ausgetauscht werden sollen, um die Kampfkraft auf einem geeigneten Niveau zu halten. Dadurch stellt dieser Aspekt eine gelungene Neuerung dar. Negativ an den Kämpfen ist jedoch, dass durch einen verlorenen Kampf keine Figur sterben kann, sondern der Bildschirmtod tritt lediglich nach Entscheidungen in Dialogen ein.

Marginale Neuerungen

Getötete Gegner belohnen den Spieler mit Ansehen, das er in den Levelaufstieg von Figuren, Gegenstände oder Vorräte eintauschen kann. Wenige Attribute lassen sich steigern, jede Figur darf nur ein Gegenstand anlegen. Neu im dritten Teil sind Heldentitel, die verschiedene passive Boni freischalten. Auf dem Papier handelt es sich dabei um eine nette Idee, jedoch wird spielerisch dabei dieselbe Handlung wie beim normalen Levelaufstieg durchgeführt. Die Auswahl der Titel ist gering und obwohl es anfangs viel Stimmung erzeugt, sein Held als Todesbote zu bezeichnen, verfliegt dieses Gefühl rasend, wenn nach einiger Spieldauer alle Figuren diesen Titel tragen. Das Management der Charakterentwicklung erreicht nicht die Ausmaße eines „Divinity“, kann jedoch eine fokussierte Reihe wie „The Banner Saga“ durchaus tragen.  

Zum Schluss präsentiert das Spiel in der Hälfte der Spielzeit eine weitere Mechanik. Die Ressourcen der Hauptstadt werden knapp und aus der Menge eurer Vorräte und der Anzahl der Soldaten wird ein Timer errechnet. Nach dem Ablauf dieses Countdowns so das Spiel, würde Abberang fallen. Jedoch ist das Spiel nach diesem Zeitpunkt noch nicht verloren, die Kämpfe werden jedoch merklich schwieriger, und es werden Entscheidungen sowie Ereignisse ausgelöst, die im schlimmsten Fall den Tod eines Charakters nach sich ziehen und damit die einzig relevante Einheit bedrohen.

Abzüge in der B-Note

Optisch präsentiert sich „The Banner Saga 3“ gewohnt der bewährten Zeichentrick-Optik. Die Hintergründe während der Kämpfe oder der Reise sind gelungen und geben dem Spiel seine eigene Identität. Die Figuren und ihre Animationen sehen jedoch ein wenig angestaubt aus. Der fehlende Fortschritt in diesem Bereich könnte durch die gleichzeitige Veröffentlichung auf nahezu allen möglichen Medien erklärt werden oder ist als künstlerische Entscheidung zu begreifen, die ein einheitliches Bild aller Teile garantieren sollte. Die Zwischensequenzen können jedoch vollends überzeugen und entfalten eine ganz eigene Magie. 

Der Sound ist eine zwiespältige Angelegenheit. Für die meiste Zeit wird auf die Vertonung der Dialoge oder ähnliches verzichtet, doch einige Tonspuren haben es ins Spiel geschafft. Die Auswahl solcher Textstellen lässt sich nicht immer nachvollziehen und wirkt einige Male sehr unpassend. Die Hintergrundmusik besteht aus ruhigen, zurückhaltenden Stücken, die im ersten Moment malerisch wirken, im Kontext der Handlung aufgelöst werden und die Verzweiflung der Figuren spürbar machen.

Die Steuerung auf der Konsole ist allerdings ein echtes Ärgernis. In Kämpfen können wir nicht mit einem frei bewegbaren Cursor die Eingaben tätigen, sondern müssen die Koordination von Fähigkeiten und Angriffen mühsam mit den Pfeiltasten durchschalten. Wieso eine komfortable Steuerung nur bei der Bewegung der Figuren möglich ist, bleibt schleierhaft. Die Imitation einer Computermaus wäre an dieser Stelle sicherlich kein schwerwiegendes Problem gewesen. Durch diese Ärgernisse kommt es durchaus vor, dass einige ungewollte Aktionen ausgeführt werden. Auch die Kamera lässt sich nicht drehen und trotz eines stufenlosen Zooms ist dadurch nicht immer die optimale Übersicht über das Kampfgetümmel gegeben.