Schon wieder eine Neuveröffentlichung von „Borderlands 2“? Normalerweise ärgern sich viele Fans darüber, dass gewisse Spiele immer wieder erscheinen, Gearbox Software hat allerdings einen mutigen Schritt gewagt und das gesamte Paket von „Borderlands 2“ in die Virtuelle Realität übertragen. Das klingt sehr ambitioniert, weshalb wir euch verraten wollen, ob sich der Spaziergang durch Pandora lohnt.

Vertraute Welt

An dieser Stelle soll lediglich ein kleiner Überblick über das Hauptspiel geboten werden, schließlich steht eher die Umsetzung für PlayStation VR im Fokus. Als einer von vier Vaulthunters durchstreift der Spieler die Welt Pandora auf der Suche nach den Geheimnissen der berüchtigten Vault. Dabei trifft er auf zahlreiche verrückte Charaktere, die immer lustige Sprüche parat haben und beweisen, dass der extrem gelungene Humor im Vordergrund steht. Bösewicht Handsome Jack hingegen ist der Widersacher, dem es ausschließlich um Profit geht, weshalb er die Helden jagt. Die Reise durch die verrückte Welt ist enorm unterhaltsam und man freut sich immer wieder, mit den Bewohnern zu reden und zu schauen, was für aberwitzige, überdrehte Momente als nächstes auf die Spieler warten.

Was die Mechaniken angeht, handelt es sich bei dem zweiten Teil der Reihe ebenfalls um einen Shooter. Aus der Ego-Perspektive heraus schießt man mit einer schier unendlichen Anzahl an verschiedenen Waffen herum, und das ist gar nicht übertrieben. Da die Pistolen, Raketenwerfer und noch viel mehr zufällig generiert werden, sind Eigenschaften und Elementarangriffe stets unterschiedlich. Ansonsten spielt sich der Titel wie ein Rollenspiel, denn Feinde sind in Level aufgeteilt, verfügen über Lebensbalken und der Spieler selbst steigt im Leben auf, um verschiedene Fähigkeiten zu erlernen. Looten und Leveln ist demnach der Fokus des Spieles und überhaupt nicht gealtert. Wer ein Spiel sucht, in das er hunderte Stunden investieren möchte und dabei auch die gelegentlich eintönigen Quests akzeptiert, wird bestens unterhalten.

Wahnsinn wird zur Realität

Die ersten Minuten in „Borderlands 2 VR“ sind beeindruckend und ernüchternd zugleich. Das negative sind die Zwischensequenzen, die lediglich auf einer Leindwand abgespielt werden. Das ist verständlich, schließlich sind diese actiongeladen und erfordern verschiedene Kameraperspektiven, brechen allerdings regelmäßig mit der Immersion. Dafür ist es umso beeindruckender, die Welt schließlich selbst um einen herum wahrzunehmen. Das Cell-Shading überträgt sich fantastisch in die Virtuelle Realität und sorgt somit für eine farblich intensive und sehr detailreiche Comic-Welt. Natürlich müssen Abstriche in Sachen Texturenqualität gemacht werden, trotzdem ist es unfassbar, eine offene Welt in VR zu bereisen, die dermaßen gut aussieht.

Auch die Charaktere sind ansehnlich und man steht gerne vor ihnen, um sich die verschiedenen Details anzuschauen. Das Problem darin ist lediglich, dass bereits in der Normalfassung Clipping zum Alltag gehörte, was in VR nochmal schlimmer aussieht. Das nimmt man allerdings gerne in Kauf, um die Landschaften sowie Städte, Höhlen und Feindeslager wortwörtlich zu betreten. 

Alles, was die Hand begehrt

Die Steuerung ist überraschend gut gelungen. Während der Controller eine konventionelle Fortbewegungsart garantiert, macht das Spiel erst mit den Move-Controllern besonders viel Spaß. Egal ob per Teleportation oder normale Schritte, man gewöhnt sich schnell an die Steuerungsschemata und kann selbst waghalsige Manöver ohne Probleme vollziehen. Das zu beschreiben wird dem Spielgefühl nicht gerecht, aber es soll versichert werden, dass kaum ein Spiel zuvor Full Locomotion mit den Move-Controllern derart intuitiv umgesetzt hat, wie „Borderlands 2 VR“.

Auch das Schießen fühlt sich fantastisch an. Alleine die unterschiedlichen Waffen selbst in den Händen zu halten ist beeindruckend, und ein Fadenkreuz in der Ferne hilft dabei, die Mengen an Monster und Menschen stets zu treffen. Natürlich wirkt das unrealistisch, ist allerdings eine sinnvolle spielerische Entscheidung. Da die Munition durchaus knapp werden kann, ist man dankbar, selbst fliegende Gegner mit Leichtigkeit zu treffen. Lediglich der Nahkampf fühlt sich komisch an, denn man fuchtelt eher mit den Controllern rum als gezielte Schläge zu vollziehen. Die Ausnahme stellt Zer0 dar, dessen Katana den Spielspaß garantiert, selbst wenn die Kollisionsabfrage weit von der Perfektion entfernt ist.

Je schneller desto langsamer

Komplizierter ist leider die Fahrsteuerung. Man sitzt nämlich nicht direkt in den Fahrzeugen, sondern übernimmt dieselbe Perspektive, die es auch im Hauptspiel gab. Das Schießen funktioniert über Blicke fantastisch und noch präziser als in der ursprünglichen Fassung, beim Fahren selbst ist leider das Gegenteil der Fall. Präzise Kurven, Wege einhalten, Rampen ausnutzen, all das scheitert regelmäßig, da die Steuerung über die Move-Controller plötzlich zu schwammig wird und sich im Gegensatz zu den Charakteren schlecht auf die Maschinen überträgt. Auch das wird nach einer Eingewöhnungszeit besser, hier hat allerdings der normale Controller die Nase so weit Vorne, dass man über einen Wechsel nachdenkt, wenn längere Fahrten anstehen – das sind die Momente, in denen die Immersion leider abgeschaltet wird und man aus der dichten Atmosphäre herausgezogen wird.

Auch die Menüführung ist etwas umständlich geraten. Waffen auf verschiedene Felder zu ziehen fühlt sich ebenso merkwürdig an, wie die Karte handzuhaben, Wegpunkte zu setzen und sich zu orientieren. Einzig das Verteilen der Fähigkeitspunkte fühlt sich natürlich an. Leider muss der Spieler viel Zeit im Inventar verbringen, Waffen austauschen und Questmarker suchen. Hier darf man lediglich auf eine Überarbeitung hoffen.

Perfekt für Solisten

Ansonsten lässt sich nur sagen, dass jeder Fan der Welt einmal auf die Reise mit PlayStation VR begeben sollte. Die unglaublich dichte Atmosphäre ist dermaßen überzeugend, dass man schon nach Gründen sucht, wieso man überhaupt auf die normale Version zurückgreifen sollte. In diesem Moment wird einem allerdings auch plötzlich der größte Nachteil an „Borderlands 2 VR“ deutlich, nämlich der Mehrspieler-Modus. Der ist nicht schlecht umgesetzt, sondern gar nicht. Ein großer Reiz des Abenteuers war es, die Welt mit Freunden zu bereisen, die verschiedenen Charakterklassen miteinander arbeiten zu lassen und auch immer wieder von vorne zu beginnen, denn die Absprachen und das gemeinsamen Kämpfen, um den Loot aufzuteilen, ist einer der größten Reize an der Welt von Pandora. Das fehlt, höchstwahrscheinlich aufgrund der technischen Limitierungen, komplett in der PlayStation VR-Version. Zwar bleibt die Reise auch alleine beeindruckend, das volle Potential wird dadurch allerdings verschüttet.