Schaut man sich an, wer hinter „A Fisherman’s Tale“ steht, staunt man nicht schlecht. Von Innerspace VR entwickelt, von Vertigo Games gepublished und mithilfe von ARTE France sowie weiteren lokalen Partnern ins Leben gerufen, verspricht das Spiel mehr als nur eine nette Geschichte für VR zu sein. Ob sich VR-Fans auf den Titel stürzen sollten, haben wir für euch herausgefunden.

Einsame Marionette

Die Geschichte hat etwas märchenhaftes an sich. Die Spieler übernehmen die Rolle eines Fischermanns in Marionettenform, dessen Tagesablauf immer derselbe ist. Sein Hobby besteht darin, eine Miniaturversion seines Arbeitsplatzes zu erschaffen, was ihm eines Tages auch gelingt. Als dann allerdings ein Sturm aufzieht, realisiert der einsame Mann, dass sich die Figur von alleine bewegt und alle seine Bewegungen exakt kopiert – und nicht nur das, er selbst scheint für eine riesige Version seiner selbst ebenfalls eine Marionette zu sein. Diese Endlosschleife muss gebrochen werden, doch die Geschichte sollte nicht ohne Augenzwinkern hingenommen werden.

Natürlich steckt hinter den traumhaften Sequenzen, die sich den Gesetzen der Realität wiedersetzen, eine tiefsinnigere Geschichte. Die Macher haben mit vielen Symbolen und Metaphern gearbeitet, um den Charakter des Leuchtturmwärters zu einer interessanten Person zu gestalten, bis auf wenige Details über seine Kindheit erfährt man allerdings nicht allzu viel über ihn. Das mag an gewissen Interpretationsmöglichkeiten liegen, allerdings kommt es einem so vor, als ob hier mehr möglich gewesen wäre. Dafür sind die Charaktere, die man trifft, sowohl charmant als auch humorvoll und der Erzähler, der die Ereignisse beschreibt, lässt das Abenteuer zu einem wahren Märchen werden. Glücklicherweise ist selbst die deutsche Vertonung sehr gelungen.

Spiel im Spiel im Spiel

Das eigentliche Spielprinzip ist extrem interessant und der Hauptanreiz, dem Wärter im Leuchtturm zu helfen. Bei dem Titel handelt es sich um ein klassisches Adventure, bei dem man stets Rätsel lösen muss, um zum nächsten Handlungsort zu kommen. Die Interaktion zwischen den verschiedenen Schichten der Realität sorgt allerdings erst dafür, dass dies durchweg spannend bleibt. Zum Beispiel versperrt ein riesiger Anker die Tür. Die Lösung ist simpel: Der Spieler entwendet den Anker aus der Miniaturversion und beobachtet, wie die riesige Version dasselbe mit dem Hindernis vor der eigenen Tür tut. Auf dieselbe Weise lassen sich Objekte schrumpfen oder vergrößern. Obwohl das Abenteuer recht kurz geraten ist und nur etwas länger als eine Stunde beschäftigt, bleiben die Rätsel stets sehr kreativ und keine Lösung läuft exakt so ab wie die andere. 

Zudem wurde der Schwierigkeitsgrad genau passend gewählt. Man kommt nicht immer direkt auf die richtige Lösung oder muss erst die Umgebung absuchen, um die cleveren Konzepte zu verstehen. Zu schwierig wird das nie, wer dennoch stecken bleibt, darf sich über die optionale Hilfsfunktion freuen, die einem gleichzeitig aber auch Zeit gibt, selbst auf die Lösungen zu kommen, bevor sie entscheidende Tipps gibt. Hier wurde eindeutig auf Qualität statt Quantität gesetzt, was eine perfekte Entscheidung war. Der Spieler wird bestens unterhalten und freut sich auf die ständig wechselnden Ideen – lediglich das letzte Rätsel wurde umständlich umgesetzt.

Fantastische Räume

Die Macher haben sich für einen simplen Grafikstil entschieden, die Puppenhaus-Optik sieht allerdings in VR phänomenal aus. Insbesondere die größte Schwäche von PlayStation VR, die Kantenglättung, funktioniert dank des Stils wunderbar und somit kommt man sich wahrlich wie in einem Wunderland vor. Alleine in die Umgebung zu schauen ist ein Genuss, der durch die verschiedenen Ereignisse umso beeindruckender wird. Die wahre VR-Bombe kommt jedoch durch die perfekte Inszenierung zustande. Zu sehen, wie die Mini-Version des Spielers agiert, während gleichzeitig die riesige Version ebenfalls alle Bewegungen imitiert, gehört zu den beeindruckendsten Erlebnissen, die die Technik bislang geboten hat. Die schiere Kreativität, das Zusammenspiel zwischen optischer Brillanz und den Rätseln sowie die schöne Geschichte ergeben ein beeindruckendes Paket, das kein PlayStation VR-Besitzer verpassen sollte.

Gut spielbar

In Sachen Steuerung haben die Macher den sichersten Weg gewählt, weshalb sich die Spieler per Move-Controller und dank Teleportation fortbewegen. Das funktioniert gut und stört dank der kleinen Räumlichkeiten nicht. Das Greifen läuft ebenfalls intuitiv ab, allerdings nur, wenn sich die Objekte in der Nähe befinden. Sind sie weiter entfernt, lassen sich die Hände in eine weiter entfernte Position bewegen. In diesen Momenten greift man nicht selbst, sondern steuert die Hände lediglich aus der Entfernung, was sich oftmals merkwürdig anfühlt. Zudem ist diese Entfernung voreingestellt, befindet sich also etwas weiter weg oder im Zwischenraum von Körper und Händen, muss sowieso die Teleportation genutzt werden. Ansonsten gibt es nichts zu bemängeln, denn trotz einiger Tracking-Probleme bei nicht perfektem Setup funktioniert die Navigation durch die Welt gut und Bugs oder ähnliches sind nie vorgekommen.