Man könnte denken, dass der einst so große Name „Need for Speed“ bei dem ein oder anderen in Vergessenheit geraten sein könnte. Die letzte Veröffentlichung liegt aber gar nicht so lange zurück, war es doch zuletzt „Need for Speed Heat“, dass 2019 versuchte die Gunst der Spielenden zu erlangen. Bisher hat die Reihe aber nicht zu alten Stärken zurückgefunden. Ob sich das mit „Need for Speed Unbound“ ändert, klärt unser Test.

Überraschender Weise geht es hier um …

… Street-Rennen, einem Charakter der sich genau in dieser Szene einen Namen machen möchte und bis zum Ziel natürlich noch jede Menge Rennen vor sich hat, ehe der Olymp erklommen werden kann. Das klingt recht plump und erinnert natürlich an frühe Fast & Furious-Fantasien und wir unterstellen mal, dass das auch so sein soll. Klar ist hier dann aber auch, dass die Geschichte rund um den - immerhin selbst erstellten - Charakter keinen Pulitzer-Preis erhalten wird. Man könnte nun also die schwache Story kritisieren sich dann aber auch im gleichen Atemzug fragen, welches Rennspiel bisher überhaupt eine richtig packende Story geboten hat. Letztendlich bewegt sich das Geschehen zwischen kleineren Dramen, aufgesetzter Coolness und dem ein oder anderen Lacher. Das alles wird aber sicher von jedem ganz subjektiv aufgenommen und kann dabei unterschiedliche Wirkungen erzielen. Zack und schon ist es passiert: viel zu lange über die Story geschrieben! Es ist ein Rennspiel!

Eine Spielwelt, die keine großen Überraschungen bereithält

Lakeshore ist eine Großstadt mit Hafen, City, Bergregionen und soll sich zum Beispiel an Chicago orientieren. Im Wesentlichen durchkreuzt man das Gebiet um diverse Rennen zu bestreiten, Sammelobjekte wie übergroße Bären einzusacken, ausgefallenere Events und Stunts zu absolvieren und um Garagen ausfindig zu machen, in denen man auf Autos und das Tuning selbiger zugreifen kann. Letztendlich ist das, was einem hier geboten wird, nur mäßig interessant. Zu eintönig, zu oft schon gesehen, zu wenig überraschend. Das Rennspiel-Genre hat hier definitiv schon abwechslungsreichere und auch schönere Open Worlds gesehen. Dennoch: als Rennkulisse ist Lakeshore durchaus geeignet und weiß mit flotten und interessanten Strecken durchaus zu überzeugen. Von unterschiedlichen Rennmodi wird man leider aber auch nicht gerade überflutet. Der Fokus liegt vor allem auf klassischen Rundkursen, Abschnittsrennen und Drift-Events. Hinzugesellen sich Taxi-Missionen und Story relevante Fahrten, die einem von einem Punkt zum nächsten führen. Richtig neu für die Reihe sind hingegen die so genannten Takeover-Events. Hier ist nicht unbedingt erfolgreich, wer am schnellsten ist, sondern der- oder diejenige mit dem größten Takeover-Anteil. Das heißt man muss zum Beispiel durch Drifts oder das Zerstören von Sammelobjekten Teile der Stadt erobern. Der Schwierigkeitsgrad ist im Übrigen nicht all zu einfach, was uns gut gefallen hat. So bleibt die Motivation anfänglich hoch, um seinen Karren ordentlich auszubauen und sich in die erlernbare Steuerung herein zu fuchsen.

Halt, stopp!

Auch in diesem „Need for Speed“ sollten wir uns nicht zu rabiat aufführen und uns an die Straßenverkehrsordnung halten. Zumindest wenn man den Polizeikontakt gänzlich vermeiden möchte. Das dies natürlich als aufgehender Stern am Racinghimmel nicht möglich ist, versteht sich von selbst. Früher oder später wird es Ärger mit den Gesetzeshütern geben. Und das ist sowohl in den Rennen, als auch innerhalb der freien Erkundung in Lakeshore möglich. Während die Einsatzkräfte in den Wettkämpfen noch recht zahm sind, sicher auch um das Renngeschehen nicht zu sehr zu beeinflussen, können sie in der Open World schon ganz schön nerven. Ist sogar das höchste Fahndungslevel erreicht, gibt es fast keinen Ausweg mehr und die Verhaftung droht. Tritt dieser Fall ein, geht einem das ganze Geld flöten, was man bisher über den Tag gesammelt hat. Das kann also schon ärgerlich werden. Eine richtige Herausforderung können wir aus der Polizeipräsenz demnach nicht ziehen. Klar ist es die ersten paar Male aufregend vor der Staatsgewalt zu fliehen, dieser Effekt nutzt sich aber eben rasant ab und schwenkt in ein „Nicht die schon wieder!“ um.

Einmal Tuning bitte!

Tuning-Freunde kommen hier sicherlich auf ihre Kosten. Insbesondere optischen Anpassungen steht fast nichts im Weg. Auch lassen sich die spieltypischen Comic-Effekte anpassen. Aber auch auf Seiten der Leistung und Fahrzeuganpassung darf man sich auslassen. Egal ob Motor, Antrieb oder Fahrwerk aus jeder Möhre kann man so eine richtige Rakete machen.

Wir fährt sich der Schlitten?

Das Fahrmodell von Unbound setzt auf „NFS: Heat“ auf und kommt dennoch mit Änderungen daher. Da wäre zum Beispiel das erweiterte Boostsystem. Dieses beschert den Fahrerinnen und Fahrern einen so genannten Tapboost. Dieser lädt sich, abhängig von den auf der Fahrbahn gezeigten Aktionen, auf. Somit wird gutes Fahrverhalten sogleich belohnt, was zur Motivation beiträgt. Insgesamt macht das Fahren im Spiel Spaß und kommt von Fahrzeug zu Fahrzeug differenziert daher.

Technisch ist „Need for Speed Unbound“ ein solider Titel. Die Effekte sind hübsch anzusehen und es kommt ein gutes Geschwindigkeitsgefühl, auch dank 60 Bilder pro Sekunde, auf. An ein Genre-Referenzen wie ein „Forza Horizon 5“ kommt das Spiel aber nicht wirklich ran.