Die „Tales of“-Reihe hat sowohl in Japan als auch in Europa viele Fans. Trotzdem gibt es immer wieder Ableger, die es nicht in den Westen schaffen. „Tales of Hearts“ aus dem Jahr 2008 ist so ein Beispiel. Der originale Titel auf dem Nintendo DS wurde nie außerhalb von Japan veröffentlicht. Wer dennoch die Geschichte erleben will, hat nun Glück. Das vor zwei Jahren in Japan erschienene Remake des Titels wurde endlich auch hier auf der PlayStation Vita veröffentlicht. Ob sich das Warten auf „Tales of Hearts R“ gelohnt hat, erfahrt ihr im Test.

Das Märchen von einem verlorenen Herzen

Protagonist der Geschichte ist Kor Meteor, der zu Beginn von seinem Großvater im Kampf trainiert wird. Dafür soll er das Soma benutzen, eine Waffe mit der Sachen zerstört und Menschen geheilt werden können. Um allerdings die Kontrolle darüber zu erlangen, muss er seine Spira beherrschen. Sie ist eine Kraft in jedem Menschen, die am besten mit der Seele zu vergleichen ist. Sollte allerdings eine Emotion nicht richtig beherrscht werden, kann diese zerstört werden, weshalb vor allem das innere Gleichgewicht wichtig für Soma-Nutzer ist.

Eines Tages begegnet Kor den Geschwistern Hearts, die von einer bösen Hexe verfolgt werden. Nach einem tragischen Ereignis wird der Spira-Kern des Mädchens Kohaku Hearts zerstört und über die komplette Welt verteilt. Zwar lebt sie noch, kann allerdings keine Emotionen mehr zeigen. Zudem wird Kor noch für die Situation verantwortlich gemacht, weshalb die Gruppe ständig im Streit steht. Die Qualität der Geschichte kann sich halten, denn mit jedem gefundenen Splitter kehren gewisse Emotionen zurück. Allerdings kann Kohaku auch nur diese Emotionen zeigen, weshalb sie innerlich nicht ausgeglichen ist. Neben den gut geschriebenen Dialogen können vor allem die Anime-Sequenzen überzeugen, die alle Charaktere noch lebendiger werden lassen. Zudem wird die Geschichte nicht zu ernst, sondern eher humorvoll erzählt. Einzig die verschiedenen Klischees, die hier bedient werden, könnten einige Spieler zum Kopfschütteln verleiten.

„Tales of“ bleibt „Tales of“

Wer bereits einen Ableger der Reihe gespielt hat, wird sich sehr schnell in das Spielprinzip von „Tales of Hearts R“ einfinden. Während des Abenteuers wird nämlich meistens gekämpft, und das ist sehr viel lebendiger als man erwarten könnte. In Echtzeit wird einer von bis zu vier Charakteren auf dem Kampffeld gesteuert, wobei frei zwischen den Helden gewechselt werden kann. Per Knopf-Druck werden die einzelnen Aktionen vollzogen, die Kombination aus Angriffsketten sowie der richtigen Verteidigung ist dabei überlebenswichtig. Die anderen Team-Mitglieder werden automatisch gesteuert, wobei diverse Verhaltensmuster sowie komplette Strategien vorgemerkt werden können, so dass der Spieler indirekt das komplette Team koordiniert. Zudem lassen sich einige Aktionen auch über den Touchscreen auslösen, was vor allem in hektischen Situationen sehr leicht von der Hand geht. Obwohl die einzelnen Kämpfe nicht allzu schwer zu meistern sind, können vor allem die großen Schlachten wie zum Beispiel Boss-Gegner zu einigen hitzigen Aufeinandertreffen führen.

Abseits der Kämpfe kann der Spieler die Charaktere stärken, indem er ihre Somas verbessert. Deren Blütenblätter symbolisieren verschiedene Eigenschaften, wodurch die Charakterwerte steigen. Sollten sie zum Blühen gebracht werden, können weitere nützliche Fähigkeiten und Waffen freigeschaltet werden, die sich komplett frei kombinieren lassen. Nebenbei ist auch die Interaktion mit anderen Charakteren wichtig, da so die erworbenen Talente mitunter sogar übertragen werden können. Das geschieht durch Kämpfe oder Dialoge, die einige Charaktere miteinander haben können. Wer sich hier nicht allzu ungeschickt anstellt, kann schnell Erfolge erzielen und die Charakterentwicklung noch mehr ausnutzen. Insgesamt bietet das Spiel sehr viel Tiefgang an und überzeugt durch seine guten Anleitungen, so dass Anfänger keine Angst davor haben müssen, den Überblick zu verlieren. Da hilft auch eine Funktion, die die gewonnen Punkte automatisch verteilt. Auf der anderen Seite können aber auch Serien-Veteranen Freude daran finden, möglichst viel Zeit in die Individualisierung zu investieren.

Auf in die große Welt!

Wer nicht nur die Geschichte verfolgen sondern auch die Welt erkunden will, ist bei „Tales of Hearts R“ genau richtig. Ein ganzer Haufen an Nebenaufgaben, die sogar zu einigen neuen Orten führen, kann bei Laune halten. Zudem winken Belohnungen, die das Abenteuer auf Dauer ein wenig leichter werden lassen. Auch die Hauptstädte bieten viele Attraktionen. Turniere könne bestritten werden um weitere Schätze zu erhalten, die direkt in den Orten ausgegeben werden können. Sogar ein kleiner Vergnügungspark kann besucht werden.

Wer sich dann aber doch wieder in die große Welt aufmacht, darf sich auf Zufallskämpfe freuen, die in den verschiedenen Gebieten auftreten können. Natürlich werden aber auch wieder zahlreiche Dungeons besucht, die nicht nur durchlaufen werden müssen. Es kommt nämlich oft zu kleinen Rätseln, die zwar nie zu schwer werden, aber das Spiel auflockern können. Manchmal müssen Kisten verschoben oder Schalter betätigt werden, um voranzuschreiten. Ein wenig mehr Kreativität wäre zwar schön gewesen, alles in allem gibt es hier aber wenig zu meckern.

Wie ein Anime?

Auf der technischen Seite kann „Tales of Hearts R“ nicht komplett überzeugen. Zwar kann man den Titel überhaupt nicht mehr mit der Nintendo DS-Version vergleichen, dennoch sind die 3D-Umgebungen oft ein wenig zu verschwommen geraten und reizen die PlayStation Vita nicht wirklich aus. Das Spiel wirkt deshalb oft wie ein PlayStation Portable-Titel, was sehr schade ist, denn die Umgebungen an sich sind teilweise sehr gut gestaltet. Dennoch sind die häufig vorkommenden Anime-Sequenzen großartig und machen einen sehr großen Teil der Atmosphäre aus. Weiterhin hält sich die Bildrate stabil und weißt keine Ruckler auf. Der Ton auf der anderen Seite kann nicht komplett überzeugen. Während die deutschen Texte mit den japanischen Stimmen gelungen sind, verkommt die Musik leider nur zum Beiwerk und weißt kaum Stücke auf, die man sich im Nachhinein noch einmal anhören möchte.