Im vergangenen Jahr konnte „Hakuoki: Kyoto Winds“ die Fans von Visual Novels begeistern. Die historische Geschichte mit starken Charakteren und mystischen Elementen ist sicherlich etwas Besonderes, vor allem da die Reihe sehr angesehen ist. Eigentlich stellt das PlayStation Vita-Spiel ein Remake dar, adaptierte jedoch nur die erste Hälfte des Originals, wenn auch stark erweitert. Nun können Fans die Geschichte endlich zu ihrem Ende führen, dank „Hakuoki: Edo Blossoms“.

Spoiler-Warnung

Ein Visual Novel lebt sehr stark von seiner Geschichte sowie den überraschenden Elementen. Obwohl wir uns darum bemühen, möglichst wenig über das Spiel zu verraten, müssen wir auf kleinere Details eingehen. Da das Spiel zudem direkt im Anschluss an „Hakuoki: Kyoto Winds“ spielt, sollten nur diejenigen weiterlesen, die den Vorgänger bereits gespielt haben. Alle anderen dürfen direkt zum Fazit springen.

Teil zwei beginnt

Das Spiel startet mit einer kleinen Auffrischung der Geschehnisse des Vorgängers. Diese ist sehr hilfreich, ersetzt aber definitiv keinen Durchgang. Man sollte „Hakuoki: Edo Blossoms“ weniger als Fortsetzung und mehr als zweite Hälfte der Geschichte ansehen, denn es wird das Wissen der Geschehnisse vorausgesetzt. Die eigentliche Handlung beginnt dann auch dramatisch, da die Shinsengumi das Battle of Toba-Fushimi verloren haben. Diese Militärpolizei steht im Kontrast zur Entwicklung Japans, denn in den Jahren der Handlung öffnete sich das Land der Welt und viele alte Institutionen mussten sich dafür verabschieden. Da alle Helden des Vorgängers gerade eine schwere Niederlage in Kauf nehmen mussten, ist der Einstieg extrem melancholisch und ernst – ein starker Tonwandel im Vergleich zum Vorgänger. Bedenkt man aber, dass hier direkt angeschlossen wird, ergibt es Sinn. Schließlich müssen alle mit den Konsequenzen leben und sich bereits auf die nächste Schlacht vorbereiten.

Der Spieler übernimmt wieder die Rolle von Chizuru, die anfangs 13 verschiedene Pfade wählen kann. Diese bestimmen dann, mit welchem der zwölf Krieger sie eine Beziehung eingehen kann, während der letzte Pfad ihre eigene Geschichte zum Ende führt. Da die Pfade eine unterschiedliche Länge haben, wird man insgesamt rund 30 Stunden in der Welt verbringen und noch mehr von den Helden erfahren, die alle unterschiedlich mit den Geschehnissen umgehen. Zudem spielen die Geschehnisse diesmal in Edo, das heute als Tokio bekannt ist.

Die starken Krieger

Die Stars in einem Visual Novel sind wie gewohnt die Charaktere, die allesamt auf ganzer Linie überzeugen. Egal mit wem man sich einlässt, jeder hat eine tiefgründige Persönlichkeit und wird zu völlig anderen Ereignissen führen. Nicht nur jeder Pfad verändert den Lauf der Geschichte, auch die Entscheidungen, die man als Spieler trifft, sind wichtig. Neu ist nämlich die Möglichkeit, den vampirischen Shinsengumi das eigene Blut zu geben, ihnen Medizin zu besorgen oder sie ihrem Schmerz zu überlassen. All das beeinflusst im Hintergrund, zu welchem Ende man kommt, von denen es satte 30 gibt. Das ist sehr viel interessanter als schlichte Liebes-Parameter und erfordert vom Spieler viel Überlegung, mit welchem Helden man wie umgehen sollte. Auch eine Korruption ist nicht ausgeschlossen, was deren Verhalten stark ändert.

Toll ist auch, dass einige Charaktere, die bereits tot sein sollten, wieder dabei sind. Deren Geschichten haben etwas Nostalgisches und fügen sich nicht unbedingt in die logische Folge ein, fesseln aber enorm. Die Dialoge sind wahnsinnig gut geschrieben, auch wenn die Übersetzung im direkten Vergleich mit dem Vorgänger moderner klingt. Es ist nahezu unmöglich, nach einem Durchgang aufzuhören, da man durch die tiefgreifende, toll ausgearbeitete, lustige, spannende, grausame, dramatische, traurige und schöne Geschichte alle Facetten erleben möchte – insbesondere dann, wenn man nach einem romantischen Ende bei einem schockierenden landet.

Eine düstere Welt

Einige Fans könnten sich an dem ernsten Ton stören, der von der ersten Sekunde an präsent ist. Das führt nämlich zu einem angespanntem Pacing, was jedoch eher zur Stärke wird. In „Hakuoki: Kyoto Winds“ wird eine Welt aufgebaut und es werden Charaktere eingeführt, die trotz ihrer Erfahrung eine gewisse Unschuld besitzen. Durch die Geschehnisse verändern sie sich allerdings. Es fühlt sich so an, als ob „Hakuoki: Edo Blossoms“ all das nimmt und endlich auf Vollgas schaltet. Auch die mystischen Elemente wie Dämonen und Vampire kamen bisher zwar vor, sind hier allerdings deutlich präsenter. Man sollte keine historische Nacherzählung erwarten, doch man wird in eine Welt entführt, die authentischer nicht sein könnte.

Es fühlt sich aber auch deshalb mitunter merkwürdig an, wenn man mit den Männern eine romantische Beziehung aufbaut. Bei all dem Krieg und Leid bietet diese eine Abwechslung, unterbricht aber auch den vorhandenen Ton. Hier werden die Fanmeinungen auseinandergehen, da dieser Aspekt von einigen gut, aber von anderen schlecht aufgenommen wird. Wer alle 30 Enden erreichen will, darf zum Glück die Kapitel auswählen und sie wiederholen, was den Vorgang erleichtert. Lediglich wenn man ein vorzeitiges Ende gefunden hat, muss man große Teile wiederholen, die man jedoch gerne in Kauf nimmt, weil diese schnell weggedrückt sind.

Wunderschön

Optisch kann kaum ein Visual Novel „Hakuoki“ das Wasser reichen. Die Charaktere und die Schauplätze sind derart schön gestaltet, dass man glaubt, ständig auf ein Kunstwerk zu schauen. Die Detailverliebtheit sowie der ergreifende Artstil werden nie langweilig und man schaut gerne auf die Standbilder. Der Soundtrack ist durch die traditionell japanischen Klänge ebenfalls ein Traum und fügt sich perfekt in die Geschichte ein. Ohne Ton zu spielen, ist deswegen definitiv keine Option. Diese Zusammenstellung lässt „Hakuoki: Edo Blossoms“ auch außerhalb der Geschichte zur Top-Liga des Genres gehören.