Telltale Games könnte es sich einfach machen. Mit mehreren erfolgreichen Spiele-Reihen konnten sie bei den Kritikern und Spielern Punkten, die vier neuesten empfanden viele als bahnbrechend. Dennoch ruht sich das mittlerweile nicht mehr so kleine Studio nicht aus, sondern startet häufig neue Reihen, obwohl ältere noch gar nicht abgeschlossen wurden. Mit „Minecraft: Story Mode“ gehen die Entwickler nun noch einen Schritt weiter und nehmen eine der erfolgreichen Marken der letzten Jahre in Angriff. Ist ihnen das bisher geglückt, oder patzt das Studio? Wir haben es für euch herausgefunden.

Achtung: veränderte Review-Struktur!

Bevor wir mit unserem Test beginnen, wollen wir zuvor auf unsere etwas veränderte Struktur hinweisen. In der Regel decken wir in unseren Testberichten das Gesamtpaket aus Handlung, Gameplay und Technik ab. Da bei „Minecraft: Story Mode“ ein Episoden-Format zum Einsatz kommt, stellen wir an dieser Stelle lediglich den Handlungsinhalt der jeweiligen Episode vor. Ausführliche Informationen zu Gameplay und Technik, sowie eine Gesamtbewertung der Staffel nach aktuellem Stand findet sich hingegen unter folgendem Link.

» Zum gesamten Review der Staffel

Da bei „Minecraft: Story Mode“ die Geschichte und die Entscheidungen stark im Vordergrund stehen, wollen wir darauf hinweisen, dass dieses ausführliche Review Spoiler enthält und wichtige Ereignisse der Handlung vorgreift.

Episode 1: Der Orden des Steines – Handlung

Nach der Auswahl des Hauptcharakters – wir haben uns für den männlichen Jesse entschieden – startet das Abenteuer mit einer Zusammenfassung der Vorgeschichte. Einst begaben sich vier Helden auf eine Reise, um die Welt vor dem gefährlichen Ender-Drachen zu retten. Doch nachdem sie ihn besiegten, und die Leute wieder sicher leben konnten, wurde ihre Geschichte zur Legende und sie zogen sich zurück, weshalb nur wenig über die meisten von ihnen bekannt ist.

Zusammen mit seinen besten Freunden Olivia, Axel und dem Schwein Ruben bildet Jesse ein Team, um bei einem Bauwettbewerb teilzunehmen. Der Preis dafür soll ein Treffen mit Gabriel dem Ritter sein, ein Mitglied des legendären Ordens. Hier darf der Spieler direkt wählen, was sie denn kreieren sollen, und anschließend bildet die Truppe die riesige Version eines Monsters. Zwar gewinnen sie, allerdings verscheucht ein Mitglied einer anderen Gruppe das Schwein, und Jesse jagt ihm hinterher. Nach der Suche in einem dunklen Wald findet er zwar Ruben, doch diverse Monster greifen an, und die beiden werden von der Abenteurerin Petra gerettet, die schon Erfahrung mit den Kreaturen gesammelt hat. Schnell überzeugt sie Jesse davon, ihr bei einem geheimen Handel beizustehen. Um einen Wither-Schädel zu suchen, ist sie dabei in den Nether gereist, und als Belohnung winkt nun ein Diamant. Doch der Abnehmer betrügt sie und verschwindet mit dem wertvollen Gegenstand, ohne sie angemessen zu bezahlen.

Die Suche führt die beiden auf den MineCon-Platz, wo auch Olivia und Axel, sowie der ängstliche Lukas der Truppe beitreten, um den Dieb zu jagen. Nach einigen Dialogen und einem leichten Rätsel laufen sie in die große Halle, in der sie weiter in den Keller gehen, der ein mysteriöses Geheimnis beherbergt. Der Dieb, der sich als Ivor offenbart, will das Auftreten von Gabriel stören, in dem er ein gigantisches Monster beschwört. Jeder Versuch, den legendären Helden zu warnen scheitert, und die Gruppe sieht sich schon bald einem Monster entgegen, das die gesamte Welt zerstören will. Nach einer Flucht, bei der sowohl Gabriel als auch Petra vorerst verschwinden, wird klar, dass Ivor sich für etwas rächen wollte, allerdings nicht geahnt hat, dass sich das Monster seiner Kontrolle entzieht und nun den Untergang der Welt einläutet. Die verrückte Reise durch das Nether, sowie ein hitziger Streit zwischen Axel Lukas, enden im Hauptquartier des Ordens, in dem der Spieler entscheiden darf, ob er nun mit Axel oder Olivia einen der beiden alten Helden sucht, so wie Gabriel es ihnen aufgetragen hat. Vor dem Ende der Episode wird dem Spieler noch visuell gezeigt, wie schlimm die aktuelle Situation überhaupt ist.

Unsere Meinung

„Minecraft“ ist für jeden Spieler ein Begriff. Der Erfolg des Titels kam nicht nur überraschend, sondern hält auch bis heute noch an, dank regelmäßigen Updates, die das Abenteuer ständig erweitern. Gerade deshalb haben bereits im Vorfeld viele die Befürchtung gehabt, dass Telltale Games Probleme damit haben könnte, den Fans eine passende Geschichte zu präsentieren. Leider ist wirklich nicht alles so gut, wie man es von den Entwicklern gewohnt ist.

Bevor man sich für die erste Episode entscheidet, sollte jedem Spieler bewusst sein, dass die Zielgruppe eine andere ist, als bei den vorherigen Episoden-Titeln des Studios. Vor allem die jüngeren Spieler sollen angesprochen werden, und leider hatte das zur Folge, dass die Geschichte bisher zu oberflächlich bleibt. Das fällt schon am Anfang auf, denn die Charaktere haben nichts Besonderes an sich und wirken wie eine Ansammlung von Stereotypen. Gerade deshalb fällt es auch schwer, zu dem engeren Kreis eine Bindung aufzubauen, und die Entscheidungen fallen dementsprechend einfach aus. Soll der Spieler nun einem Ritter helfen, über den er kaum etwas weiß, oder der waghalsigen Petra, die sich als einzige von dem Einheitsbrei abhebt? Soll der Spieler gemein sein und seine Gruppe mutwillig dezimieren, oder doch lieber zum Zusammenarbeiten anregen? Das wirkt nicht nur viel zu belanglos, sondern enttäuscht auch auf ganzer Linie. Nie war jeder Charakter perfekt, aber so platt haben die Hauptcharaktere bei einer ersten Episode noch nie gewirkt. Man kann nun nur noch hoffen, dass sich das in den kommenden Episoden drastisch ändern.

Doch auch die großen Mysterien schaffen es nicht zu überzeugen. Dass Ivor ein Monster beschwören will, ist dem Spieler bereits früh klar, und kaum einer wird wohl denken, dass das ohne Komplikationen abläuft. Doch auch die Offenbarung, dass er selbst ein Mitglied des Ordens ist, kommt nicht allzu überraschend. Irgendeine Verbindung zu Gabriel muss er ja haben, und diese ist nun mal die Offensichtlichste. Es bleibt abzuwarten, ob sich das alles in der nächsten Episode in eine bessere Richtung entwickelt. Zumal die wenigen Entscheidungen bisher entweder nur sehr geringe Auswirkungen herbeiführten, oder sich erst auf spätere Ereignisse beziehen. Die letzte Auswahl dürfte zum Beispiel ziemlich sicher den kompletten Anfang von Episode zwei verändern.

Ansonsten sind die Spiel-Elemente nett mit anzusehen. Die Kämpfe lockerten den typischen Ablauf eines Telltale-Spiels sehr angenehm auf und vor allem die Situation im Nether zeigt, das hier durchaus interessante Mechaniken möglich sind. Auch das Crafting-System ist gelungen, und lässt Profis ihr Wissen beweisen, ohne aber Neulinge komplett auszuschließen. Aber auch hier müssen die Spieler abwarten, ob die Herausforderung steigt, denn die richtigen Items herzustellen könnte einfacher wirklich nicht sein, da meist nur wenig Material zur Verfügung steht.

Doch nicht alles ist so schlecht, wie es jetzt klingen mag. Ruben zum Beispiel bietet eine ganze Menge Komik und ist einfach ein wahnsinnig sympathisches Schwein, das durch die detaillierte Mimik immer für einen Lacher zu haben ist. Auch die Welt ist wunderbar umgesetzt und lässt keine Wünsche offen. Die unzähligen Anspielungen und Referenzen fügen sich perfekt ein und werten die scheinbar uninteressante Geschichte deutlich auf. Man darf somit zumindest optimistisch bleiben, dass die Fans hier wirklich eine gelungene Umsetzung erhalten werden.