„Sword Coast Legends“ ist nicht nur ein weiteres Spiel aus der „Dungeons & Dragons“-Reihe, sondern auch das letzte Projekt des Entwicklerstudios n-Space, das bereits vor einigen Monaten seine Pforten geschlossen hat. Das Studio hatte vor allem Portierungen im Blick, konnte sich aber auch durch Titel, wie „Geist“, bemerkbar machen. Ist das Rollenspiel aber nun der glorreiche Abgang geworden, oder eine Enttäuschung, die das Ende beschwört hat? Das haben wir für euch herausgefunden.

Dämonen an der Schwertküste

Das Abenteuer beginnt in einer Gilde, in der auch der erstellte Hauptcharakter ist. Diese beschützt das Volk, wird jedoch von einem Ritterorden angegriffen, der der Meinung ist, dass die Gilde durch Dämonen beeinflusst wird. Doch während der Spieler das Massaker überlebt, wird er ständig von Albträumen geplagt, die eine tatsächliche Verbindung mit den Dämonen herstellt. Es geht also weiter auf eine Reise, auf der man Verbündete und Feinde trifft und dem Mysterium auf den Grund gehen muss.

Die Geschichte fängt zwar langsam und etwas typisch an, entwickelt sich jedoch nach einigen Stunden durchaus und bietet interessante Wendungen, die wirklich Lust auf mehr machen. Zudem sind die Partymitglieder durchaus interessant, auch wenn die stereotypischen Gefährten ebenfalls vorhanden sind. Trotzdem ist die Welt interessant und motiviert sogar, die zahlreichen Nebenquests anzugehen. Lediglich die Dialoge sind nicht perfekt geschrieben und fesseln nicht so sehr wie in anderen Titeln, doch wer sich auf die Reise einlässt, darf sich auf eine gute, wenn auch nicht überragende Geschichte freuen, die durch die enthaltene Erweiterung noch spannender wird.

Mein erster eigener D&D-Charakter

Was die Charakter-Erstellung angeht, wurde bei weitem nicht das volle Potential ausgeschöpft. Es gibt nur fünf Rassen sowie sechs Klassen, was angesichts der vielfältigen Welt durchaus enttäuscht. In den Talentbäumen darf man Fähigkeiten und Zaubersprüche auswählen, was einfach nicht allzu sehr zur Vorlage passt. Zudem ist die Auswahl recht begrenzt und lässt Fans nach mehr rufen, während Anfänger gerade genug erhalten, um nicht erschlagen zu werden. Zudem wirken sich viele Entscheidungen hier nicht auf das Spiel aus, was ebenso enttäuscht.

Schon besser ist da der eigentliche Verlauf der Geschichte. Hier gibt es durchaus Entscheidungen, die sich mal mehr, mal weniger auf die Gruppendynamik auswirken. Zudem ist es umso schöner, dass einem verschiedene Enden geboten werden, sodass man tatsächlich das Gefühl hat, etwas in dieser Welt zu bewegen. Allgemein trifft man auf viele Wesen, die eigene Geschichten zu erzählen haben, weshalb die Welt selber durchaus authentisch ist.

Kämpfen zwischen „Baldur’s Gate“ und „Dragon Age“

Die Kämpfe laufen etwas schneller ab, als man es von solchen Rollenspielen gewohnt ist. Während alles in Echtzeit geschieht, darf man Skills einsetzen, herumlaufen und ausweichen, während per Knopfdruck das Geschehen angehalten wird, sodass man anderen Charakteren Befehle geben kann. Diese werden entweder von einer mal mehr, mal weniger guten KI gesteuert, oder wahlweise auch von anderen Spielern per lokalem Ko-op.

Die Angriffe bieten dabei ziemlich viel, auch wenn die Möglichkeiten begrenzter sind, was am schnelleren Gameplay liegt. Doch man sollte absolut kein „Diablo“ erwarten, denn glücklicherweise orientiert sich das System eher an die Wurzeln als an den actionreichen, aber strategielosen Kloppereien. Richtig Spaß kommt trotzdem erst mit Freunden auf, wenn man sich gegenseitig Befehle geben kann und somit eine ganz andere Dynamik entsteht. Da man hier auch über Entscheidungen diskutiert, und jeder andere Fähigkeiten besitzt, kommt tatsächlich Pen & Paper-Flair auf. Online geht das zwar auch, macht aber wenig Spaß, da die direkte Konfrontation fehlt, wenn auch durch den Party-Chat alles ermöglicht wird.

Zu viel Standard, zu wenig Mut

Leider traut sich das Spiel recht wenig. Zwar beruft man sich auf die klassischen Konventionen, macht jedoch wenig damit, weshalb es sich ständig so anfühlt als hätte man den Titel bereits in einer besseren Variation gespielt. Gerade in Zeiten, in denen mit „Pillars of Eternity“ ein moderner Klassiker erschaffen wurde, und „Torment: Tides of Numenera“ einer der vielversprechendsten Titel der nahen Zukunft ist, ist das leider zu wenig. Wenigstens ist die Welt gut gelungen, weshalb man Dungeons erkunden darf und die in Zonen aufgeteilte Welt viele Überraschungen bereithält.

Editor mit Hindernissen

Auch ein Editor wurde mitgeliefert, der durchaus vielversprechend ist. Man darf Quests erstellen, die andere Spieler dann ausprobieren können. Dabei lassen sich Räume, Städte und Dialoge selbst erstellen, was durchaus unterhaltsam ist. Leider fehlt der Tiefgang, und die Steuerung über den Controller ist offensichtlich ungeeignet, weshalb man nicht so viel Zeit damit verbringt, wie man es erwarten würde. Auch die einzelnen Elemente lassen sich nicht beeinflussen und müssen aus vorgefertigten Bereichen ausgewählt werden.

Spannender ist da schon der Dungeon-Master-Modus, dem ein Spieler einen Dungeon voller Fallen erstellen kann, den ein Heldentrupp dann meistern muss. Das macht noch mehr Spaß, da der Meister selber einschreiten darf, weshalb zwar nicht besonders komplexe, dafür aber spaßige Runden entstehen.

Technik

Technisch macht das Spiel nicht allzu viel falsch. Grafisch holt es zwar kaum etwas aus der Konsole raus, dafür ist es auch nicht hässlich. Vor allem die kleineren Details, wie verzauberte Klingen, sind schön anzusehen und vermitteln das richtige Gefühl. Leider ist die Musik ein wenig generisch, und die Soundeffekte erfüllen lediglich ihren Zweck. Die Steuerung ist erwartungsgemäß extrem überladen und man muss sich erst einarbeiten, weshalb das Konzept des kurzweiligen Multiplayers fehlschlägt und man sich eher Freunde suchen sollte, die von Anfang bis Ende durchhalten.