Auch wenn Ubisoft als sehr großer Publisher oft auf die sichere Bank setzt, so haben sie hin und wieder abwegigere Titel im Portfolio, die sich aber manchmal zu einem Hit mausern. Genau dieses Potenzial hat auch Jason Vanderberghes, bekannt durch die „Red Steel”-Reihe, neuester Schwert-Streich „For Honor”. Der knallharte Kampf zwischen Ritter, Wikinger und Samurai ist jetzt endlich nach zahlreichen Alpha- und Beta-Phasen erschienen. Was das Spiel sowohl im Mehrspieler aber auch im Einzelspieler bietet, das verraten wir euch in der folgenden Review.

Ausgeklügeltes Kampfsystem

Wie schon vor vielen Wochen heftig diskutiert in der Spielergemeinde, kommt „For Honor” mit einer Internet-Pflicht für das gesamte Spiel. Man muss also auch im Einzelspieler stets mit den Servern verbunden sein, da es einige Fortschritt-Systeme gibt, die sich auf beide Modi auswirken und immer synchronisiert werden. Hat man das hinter sich gebracht, darf man sich zunächst ein Wappen erstellen und wird ins Tutorial geschmissen. Dieses ist auch bitter nötig, denn „For Honor” bietet ein sehr komplexes Kampfsystem, das ruhige Spieler, die mit Taktik vorgehen und den anderen Spieler lesen, belohnt. Der Kampf gestaltet sich als eine Art Schere, Stein, Papier, da man die Block- und Angriffsrichtung über den rechten Analogstick bestimmt und eben jene auch vom Gegner sehen kann, um dementsprechend drauf zu reagieren. Gegen wahre Schwertkämpfer wird man jede noch so kleine Bewegung erkennen und antizipieren müssen, um gegen sie zu bestehen. Das Kampfsystem ist so tief, dass es wahrscheinlich noch einige Wochen dauern wird, bis man ganz genau sagen kann, was nun gut und was schlecht ist aber sehr schnell trennt sich die Spreu vom Weizen, wie es in einem Kampfspiel eben auch üblich ist.

Gute aber typische Mehrspieler-Kost

Bevor wir aber auf den Einzelspieler eingehen, zu dem man nur selten was gesehen hat, widmen wir uns zunächst dem bereits bekannten Mehrspieler. Der erste von insgesamt fünf Modi Deathmatch hat noch einmal zwei Unter-Varianten: Elimination und Skirmish. Bei ersterem kämpft man zu viert in einem Best of Five gegeneinander und bei Skirmish kämpft man solange zu viert bis man eine Punktzahl von 1000 erreicht hat. An diesem sogenannten Break Point kann man dann das gegnerische Team ein für alle Mal vernichten, da dann der Respawn ausgeschaltet ist. Der nächste Modus Dominion nimmt das gleiche Break-System aber wendet es auf ein King of the Hill-ähnliches Prinzip mit einzunehmenden Territorien an.

Insgesamt hat der Mehrspieler von „For Honor” auf den ersten Blick mit fünf Modi, die unterschiedlich in ihrer Herangehensweise sind, viel zu bieten. Doch leider bleibt es am Ende spielerisch immer sehr gleich und man muss eben für sich selbst herausfinden, ob das Kampfsystem mit seinen Nuancen Anreiz genug ist, am Ball zu bleiben. Wer aber eine feste Gruppe an Leuten hat, mit der man sich dann auch regelmäßig trifft, der wird sicherlich seinen Spaß im Mehrspieler haben.

Der Kampf der Fraktionen

Dazu kommt ein Meta-Aspekt bei dem man sich für eine Fraktion entscheidet und an dem Fraktionen-Krieg teilnimmt. Am Ende jeder Runde, die zwei Wochen dauert, und jede Saison, die fünf Runden lang dauert, bekommt der Spieler bei einer Teilnahme basierend auf dem Ergebnis der Fraktion eine Belohnung. Laut Ubisoft soll zwar der Fraktionen-Krieg danach wieder zurückgesetzt werden aber die Ergebnisse lassen Spuren in der Welt zurück. Das konnten wir natürlich noch nicht testen, da gerade einmal die zweite Runde der ersten Saison am Start ist, aber wahrscheinlich wird es nur minimale Änderungen geben, die keinen signifikanten Unterschied machen.

Ein Krieg ohne Sinn

Aber neben all dem hat Ubisoft dem Spiel auch noch eine Story spendiert, die man ebenfalls im Co-op zu zweit oder auch ganz alleine angehen kann. Diese ist in drei Kapitel mit je sechs Missionen eingeteilt und dreht sich um einen fiktiven 1000 Jahre anhaltenden Krieg bei dem Ritter, Samurai und Wikinger um die Vorherrschaft kämpfen. Mittlerweile ist der eigentliche Grund – ein Erdbeben – in Vergessenheit geraten und es geht einfach nur noch darum möglichst die stärkste Macht zu sein. Inmitten dieser Machtspiele steigen neue Kräfte empor, die die Balance zum Fallen bringen wollen. Als Anhänger dieser neuen Macht ist man als Spieler nun unterwegs und lernt die verschiedenen Klassen der einzelnen Fraktionen kennen.

Unsympathen und Schreihälse

Die Story selbst ist in grafisch hochwertigen In-Game-Cutscenes erzählt, jedoch wird man sehr schnell von dem leider sehr ernst genommenen Setting überdrüssig. Die einzelnen Geschichten sind einfach nur langweilig und es ist einem nach kurzer Zeit völlig egal, welchem Krieger man nun den Kopf abschlägt. Keine Figur hat auch nur minimal Charakter, was sich auch darin widerspiegelt, dass die spielbaren Kämpfer nur mit ihrem Klassen-Namen angesprochen werden. Es ist einem also völlig egal, was man da alles macht, weil es keinen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Im Grunde ist jeder nur ein herumschreiender Polygonen-Sandsack, den man sofort wieder vergisst. Etwas mehr Persönlichkeit hätte der Geschichte gut getan.

Lineare Lieblosigkeit

Diese Lieblosigkeit wird auch beim Aufbau der Missionen fortgesetzt. Immerzu befindet man sich vor irgendeinem Standort der Gegner, muss diesen einnehmen, einen größeren Obermotz töten und das war es. Innerhalb der Level folgt man einfach nur einem Schlauch von einem Missions-Punkt zum anderen und kann noch ein paar Collectibles einsammeln. Wirklich spannend ist das Gekloppe gegen die AI nie und auch erst auf Schwer oder Realistisch wird man so richtig gefordert. Vor allem aber letzteres hilft einem noch besser ins Kampfsystem zu kommen. Nach jeder Mission bekommt man dann noch ein paar neue Skills und Banner spendiert. Der Story-Modus ist also ein sehr durchschnittlicher Zeitvertreib, der mit ein paar Highlights zwar aufwartet aber am Ende des Tages wird man ihn schnell wieder vergessen. Er taugt allerhöchstens mal als Vorbereitung auf den Mehrspieler oder für Co-op-Action.

Technik & Mikrotransaktionen

Ubisoft-Spiele sehen in der Regel nie schlecht aus und auch „For Honor” kann sich mit einer guten Optik brüsten. Aber auch hier wird nichts über Standardkost hinaus angeboten. Dafür läuft die Action mit 30FPS flüssig genug. Der Soundtrack hält sich eher oft im Hintergrund und die Synchronisation im Story-Modus lässt einiges zu wünschen übrig. Nicht nur die Figuren an sich sind schon unsympathisch sondern auch die Synchronisation lässt die Charaktere noch weiter flach und unausgeklügelt wirken. Auch die Mikrotransaktionen sollten nicht unerwähnt bleiben. Natürlich sind diese vorhanden und es erscheint einem schon als sehr dreist aber in den gespielten Runden konnten wir keinerlei extreme Vorteile erkennen. Wer das Kampfsystem verinnerlicht hat, der wird auch als Sieger am Ende aus dem Kampf hervorstehen.