2016 erschien zum Launch von PlayStation VR die kostenlose Minispiel-Sammlung „The Playroom VR“. Während der Großteil dieser Titel das Zusammenspiel von Spielern unter der Brille und vor dem TV förderte, war es ein kleiner Plattformer, der die meisten begeisterte. Leider gab es dazu nur ein Level, doch der Zuspruch war dermaßen groß, dass Sonys Japan Studio kurzerhand ein komplettes Spiel daraus basteln durfte. „Astro Bot Rescue Mission“ ist aber nicht nur ein Titel, der den Erwartungen gerecht wird, sondern der vielleicht beste Plattformer, der jemals auf einer Sony-Konsole gelandet ist.

Zur Rettung!

Die Geschichte ist nicht mehr als charmantes Beiwerk, denn ein riesiges, grünes Monster zerstört das Raumschiff der Astro Bot-Crew und nur ihr Anführer landet im sicheren Controller des Spielers. Fortan muss der kleine Held mit dem riesigen Wesen zusammenarbeiten, um in insgesamt fünf Welten die Mannschaft zu retten. Das Prinzip ist simpel, wird aber durch den überaus liebenswürdigen Helden umso schöner. Dank passenden Animationen verhält er sich je nach Gebiet unterschiedlich, winkt dem Spieler gerne zu und weiß vor Abgründen ins Wanken zu geraten. 

Diese Liebe zum Detail sieht man auch in den anderen Bots, die überall in den Leveln versteckt sind. Mal halten sie sich mit letzter Kraft an einer Klippe fest, mal tuen sie so, als seien sie Kakteen, um nicht aufzufallen. Es macht immer wieder Spaß, die kleinen Wesen zu sehen und zu retten, auch weil sie nach einem Tritt im Controller des Spielers landen, wo ihre Freunde sie herzlich begrüßen. Alleine diese kleinen Details fesseln jeden Spieler, der ein Herz besitzt. Solche Elemente bringen natürlich wenig, wenn das Gameplay nicht stimmt, wo „Astro Bot Rescue Mission“ eine Punktlandung hinlegt.

Linear, aber nicht monoton

Die Level laufen stets ähnlich ab, denn der Weg führt geradeaus, wo Sprungpassagen und kleine Kämpfe sich abwechseln. Dank VR steuert der Spieler die Kamera aber selbst und manchmal muss der kleine Roboter links Wände erklimmen oder sogar um einen herum springen, um weiter zu kommen. Dadurch fühlen sich die Abschnitte nie wirklich linear an, da überall etwas geschieht. Hier wird VR komplett ausgenutzt und Überraschungen warten an jeder Ecke. Manchmal muss man sich vorbücken, um Wege zu finden, manchmal muss man nach oben oder unten schauen. Diese Perspektive ist neuartig und innovativ zugleich, denn bekannte Konventionen sollen vergessen werden und man stellt sich auf etwas komplett Neues ein.

Das Konzept funktioniert nur so gut, weil sich der Held wunderbar steuert. Die Bewegungen sind präzise und erzeugen eine gut spielbare Dynamik, womit andere Genre-Vertreter regelmäßig Probleme haben. Seine Fähigkeiten sind begrenzt, denn neben einem Schlag und einer Drehattacke kann er lediglich statt einem Doppelsprung für kurze Zeit schweben. Die Laser, die dann unter ihm erscheinen, fügen Gegnern Schaden zu, viel wichtiger ist aber, dass sie die Landeposition anzeigen. Somit hat man selten Probleme, in kniffligeren Passagen präzise auf Plattformen zu landen.

Roboter in Not

Obwohl es reicht, einfach ans Ziel eines Levels zu kommen, sollte man nach den Crewmitgliedern Ausschau halten, da man sie für den weiteren Spielverlauf benötigt. In jedem Level sind acht davon versteckt, und während einige offensichtlich erreichbar sind, muss man nach anderen suchen. Mal sind es zerstörbare Wände, manchmal verstecken sie sich aber auch in scheinbaren Abgründen. Dadurch entsteht auch ein Wiederspielwert, denn in einigen Situationen ist man so abgelenkt von den atemberaubenden Kulissen, dass man die leisen Hilfeschreie gar nicht mitbekommt. Das Spiel wird dadurch sehr viel abwechslungsreicher und man vergisst irgendwann, dass man eine Brille auf dem Kopf hat, da man die Level sowohl mit dem Helden, als auch mit den eigenen Blicken komplett durchforstet.

Eine gigantische Fülle an Ideen

Selbst sehr guten Plattformern gehen irgendwann die Ideen aus, weshalb vorher implementierte Ideen wiederholt oder leicht ausgebaut werden. Genau das unterscheidet gute Genre-Vertreter von großartigen, und es ist eine immense Freude zu sagen, dass „Astro Bot Rescue Mission“ zu letzterer Kategorie gehört. Das Spiel führt bis zum aller letzten Level komplett neue Spielkonzepte ein und überrascht den Spieler auf zahlreiche neue Arten. So eine wilde Achterbahnfahrt erwartet man von einem berühmten Klempner, mit dem der Astro Bot sogar mithalten kann. In Sachen Levelvielfalt hebt das Spiel die Technologie auf eine neue Ebene und setzt noch nie zuvor gesehene Maßstäbe. Fortan wird sich jedes VR-Spiel hiermit messen müssen.

Zu den einzelnen Leveln soll gar nicht zu viel verraten werden, schließlich besteht ein großer Reiz darin, die Überraschungen selbst herauszufinden. Mal geht es in die Höhe, mal tief nach unten. Wenn ein außergewöhnliches Konzept eingeführt wird, kann man davon ausgehen, dass es nicht erneut genutzt wird. Sogar der Spieler ist mehr als nur die Kamera und kann von Objekten getroffen werden, weshalb man mit dem kleinen Roboter zusammenarbeitet, um Hindernisse zu bewältigen. Die Anzahl der 20 normalen Level ist alles andere als zu gering und unterhält auf einem derart hohem Niveau, wie man es auf einer PlayStation-Konsole noch nie gesehen hat. Das einzige, was man kritisieren könnte, ist die nicht allzu große Gegnervielfalt, doch das stört nie.

Atemberaubende Kämpfe

Immer wieder ein Highlight sind die Boss-Kämpfe am Ende jeder Welt. Diese sind beeindruckend inszeniert und während der Spieler sich oft wie ein Riese vorkommt, wird er vor den gigantischen Tieren sehr klein. Die Kämpfe sind selten kniffelig, dafür aber sehr abwechslungsreich und spannend. Man hat puren Spaß und genießt die realistischen Animationen, verrückten Elemente und Überraschungen, die es immer wieder gibt. Besonders das große Finale hat sich einen Platz im Boss-Olymp verdient und gehört zu den besten Momenten, die man in einem Spiel haben kann.

Der Spieler macht aber noch mehr, denn sein Controller kann einige Upgrades erhalten. Somit lässt sich in einigen Leveln Wasser auf Blumen spritzen, ein Greifhaken erschafft Seile und der Ninja-Stern ist weit mehr als nur dazu da, Netze durchzuschneiden. Die Einbindung der Gegenstände ist fantastisch und gerade wenn man denkt, man hat den kompletten Nutzen entdeckt, führt ein Level wieder ganz neue Spielereien ein, die einen begeistern. Diese Passagen, zusammen mit der einzigartigen Perspektive beweisen, dass das Spiel nur dank PlayStation VR möglich ist und in traditioneller Form weitaus weniger spannend und vielfältig hätte sein können.

Noch mehr Abwechslung?!

In jedem Level ist ein Chamäleon versteckt, das man zwar nur anschauen muss, es zu finden wird aber zur spaßigen Herausforderung, da man wirklich jeden Winkel durchsuchen muss. Dafür gibt es aber auch einen großen Lohn, denn durch diese werden insgesamt 26 Herausforderungslevel freigeschaltet. Diese bestehen zwar oft aus Zeitrennen, dafür aber in neuen Mini-Leveln, die komplett eigenständig sind. Dadurch wird die Spielzeit nochmal erhöht und man wird selbst nach dem Finale noch weiter mit neuen Ideen überrascht, die schlicht begeistern. Zudem kann es auch schwierig werden, Goldmedallien zu holen, wenn man sich nicht neue Taktiken oder Abkürzungen ausdenkt. 

Nicht alle Herausforderungen sind klassisch, denn diverse Mini-Spiele, die erneut nur einmal vorkommen und dann anderen Konzepten weichen, werden dadurch ebenfalls implementiert. Feuer mit der Wasserkanone löschen? Feinde in einem Rail-Shooter mit Ninja-Sternen bewerfen? Oder doch lieber einen Baum erklingen und dabei Punkte sammeln? Was als netter Bonus anfängt, entwickelt sich schnell zu einem weiteren Highlight, das beweist, was für ein großartiges Entwicklerteam hinter dem Spiel steckt. Zudem wird dadurch auch die Spielzeit erhöht, die mit rund sieben bis acht Stunden aber nicht zu gering geraten ist. Vor allem, da jede Sekunde bestens gefüllt wurde.

Ein etwas anderes Museum

Nach der ersten Welt darf der Spieler auch das Raumschiff betreten, auf dem bereits alle geretteten Bots auf ihn warten. Das sind am Ende über 200, und wenn der Held sie berührt, laufen sie ihm hinterher, alle mit eigener Physik und Animationen. Es ist der Wahnsinn, wenn so viele Wesen gleichzeitig um einen herum laufen, auf Trampoline springen oder Musik machen. Vor allem läuft auch das mit 60 Bildern in der Sekunde auf der normalen PlayStation, wo auch die Level überraschend scharf sind und durch kräftige Farben beeindrucken. Diese Leistung ist bemerkenswert und setzt einmal mehr neue Maßstäbe in VR.

Die Münzen, die man in den Leveln sammelt, darf man an einem Greifautomaten ausgeben, um anschließend Spielzeug zu sammeln. Diese Objekte sind von Level-Elementen inspiriert und werden in diversen Truhen gespeichert. Öffnet man eine Truhe, verändert sich die Kulisse um den Spieler herum und so etwas wie ein Miniaturpark aus mehreren Leveln entsteht, den der Astro Bot frei begehen kann. Das ist die perfekte Art, ein Museum in ein Spiel zu integrieren und, obwohl es spielerisch nichts zu finden gibt, möchte man sich hier immer wieder austoben und genießen, wie detailliert dieser kleine Bonus geworden ist. Zudem dürfte das die neue erste Anlaufstelle werden, wenn man jemandem zeigen möchte, wie beeindruckend VR sein kann. Abgerundet wird das Erlebnis durch zuckersüße Soundeffekte und einem fantastischen Soundtrack, der zwar mehr Stücke hätte beinhalten dürfen, dafür einige Ohrwürmer zu bieten hat, die die Level perfekt untermalen.