Nicht zuletzt dank „Assassin's Creed“ sind Historien-Spiele heute überaus beliebt. Doch das mittelalterliche Tschechien ist bislang noch nicht als Handlungsort großer Spiele bekannt. Die jungen aber erfahrenen Warhorse Studios aus Prag ändern dies nun mit „Kingdom Come: Deliverance“. Das Rollenspiel, das im Sommer 2016 für PC, PS4 und Xbox One erscheinen soll, ist vor allem auf eines getrimmt: Realismus. Historisch, authentisch, realistisch – beduetet das in diesem Falle auch langweilig?

Historiendrama

„Kingdom Come: Deliverance“ spielt im Böhmen des Jahres 1403. Karl IV. hat seine Krone als Kaiser des heiligen Römischen Reiches an seinen Sohn Wenzel übergeben. Der ambitionslose Wenzel wird jedoch von seinem Halbbruder Sigismund, dem König von Ungarn, entführt.

Sigismund beutet das nun herrscherlose Böhmen aus, verbreitet Angst und Schrecken und brennt Dörfer nieder – auch das des einfachen Mannes Heinrich, der das Massaker überlebt. Heinrich, Sohn eines Schmieds, schließt sich nun dem Lord Radzig Kobyla an, der gegen Sigismund vorgehen will. Der Spieler übernimmt die Rolle Heinrichs, der sich für den Verlust seiner Familie rächen, gegen den Invasor vorgehen und wieder Frieden nach Böhmen bringen möchte.

Buchstäblich fotorealistisch

Die Warhorse Studios wurden 2011 von Veteranen der tschechischen Videospielindustrie gegründet, die bereits seit 2009 ein Konzept zu einem Mittelalter-RPG ausarbeiteten. Eine erfolgreiche Kickstarter-Kampagne Anfang 2014 hat das Projekt weiter gestärkt. Es setzt sehr großen Wert auf Realismus: Die Entwickler haben böhmische Dörfer und deren Umgebung abfotografiert, um sie so originalgetreu wie nur möglich darzustellen. Änderungen nahm das Entwicklerteam nur vor, um historische Authentizität zu gewährleisten; außerdem wurden die Dörfer etwas näher aneinander platziert als in der Realität.

„Kingdom Come“ wird aus der Ego-Perspektive gespielt, und auch die Kämpfe erfolgen aus der Ich-Ansicht. Es gibt verschiedene Angriff- und Block-Techniken, sechs verschiedene Angriffszonen bei gegnerischen Kämpfern sowie starke Kombos. Eine große Rolle im Kampfsystem spielt außerdem die Ausdauer. Angeschlagene Kämpfer sind gegnerischen Angriffen hilflos ausgeliefert, und je geringer die Ausdauer, desto kleiner wird die Lebensanzeige. Das soll für ein möglichst realistisches Kampfsystem sorgen, Button-Mashing vorbeugen und wohlüberlegtes Vorgehen fördern.

Authentisch – öde und karg?

Eine große Open World von etwa 16 Quadratkilometern, viele Quests, Einfluss auf die ansonsten vorgegebene Spielfigur, NPCs mit dynamisch beeinflussbaren sozialen Interaktionen und Tagesabläufen, riesige Schlachten zwischen feindlichen Armeen: Was uns die Entwickler von Warhorse Studios versprachen, klingt wahrhaft ambitioniert. Jedoch fanden wir in unserer Demo, dass die Spielwelt vor allem recht karg wirkte und dass der Einstieg insbesondere ins Kampfsystem ziemlich schwierig ist. Beides ist natürlich dem Realitätsfokus geschuldet, und ob es sich wirklich um große Probleme handelt, können wir angesichts einer geschätzten Spielzeit von 30 Stunden nach einer kurzen Anspielgelegenheit natürlich nicht beurteilen.

Was wir hingegen schon eher beurteilen können, ist die Grafik, die zumindest im jetzigen Projektstatus nicht so aussieht wie auf offiziellem Material. Die Welt ist überwiegend grau und monoton, die Bildrate instabil, mitunter ist auch ein deutliches Aufploppen erkennbar. Es bleibt abzuwarten, wie viel sich davon bis zur Veröffentlichung noch verbessert – die Animationen für die Pferde sind zum Beispiel noch Platzhalter. Ein gutes Jahr haben die Entwickler ja noch Zeit.